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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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da sie eine andere Frisur trug, und ein Bild von zwei Bauersleuten, einem Mann und einer Frau, die auf der Schwelle ihres Hauses saßen, das – nach dem Stil zu urteilen – irgendwo in Osteuropa stehen musste.
    Keine Ausweispapiere. Zigaretten. Ein Feuerzeug. Ein kleines, blaues Notizbuch, in dem mehrere Seiten eng mit Bleistift beschrieben waren.
    »Sieht wie Verse aus.«
    »Ich bin überzeugt, es sind auch Verse.«
    Moers war selig, als er die beiden Häufchen sah, die er sofort in seinen Schlupfwinkel unterm Dach mitnehmen würde. Kurz darauf legte ein Inspektor die Akte Bronsky auf den Schreibtisch.
    Das Foto, das wie alle vom Erkennungsdienst aufgenommenen hart und alles andere als schmeichelhaft war, entsprach nicht ganz Marchands Beschreibung, denn der noch junge Mann hatte ein abgespanntes Gesicht, zwei Tage alte Bartstoppeln und einen hervorspringenden Adamsapfel.
    »Hat Janvier angerufen?«
    »Ja, er hat gesagt, alles sei ruhig und er bleibe unter Passy 62-41 erreichbar.«
    »Lass dir die Nummer für mich geben.«
    Er las halblaut aus der Akte vor. Bronsky war in Prag geboren und jetzt fünfunddreißig Jahre alt. Er hatte in Wien studiert und anschließend einige Jahre in Berlin gelebt. Dort hatte er eine gewisse Hilda Braun geheiratet, war aber dann als Achtundzwanzigjähriger mit ordnungsgemäßem Pass allein nach Frankreich gekommen. Schon damals hatte er als Beruf »Drehbuchautor« angegeben, und er hatte zuerst in einem Hotel am Boulevard Raspail gewohnt.
    »Janvier ist am Apparat, Chef.«
    »Bist du’s, Kleiner? … Hast du schon gegessen? … Hör gut zu. Ich schicke dir gleich zwei Männer mit dem Wagen.«
    »Wir sind aber doch schon zu zweit!«, protestierte der Inspektor verärgert.
    »Das macht nichts. Hör zu, was ich dir sage. Wenn die beiden kommen, lässt du sie draußen auf der Straße. Sie sollen sich aber unauffällig verhalten. Vor allem darf niemand, der zu Fuß oder mit dem Taxi nach Hause kommt, etwas von ihrer Anwesenheit merken. Du und dein Kollege, ihr geht ins Haus. Aber wartet, bis in der Loge der Concierge kein Licht mehr brennt. Was für eine Art Haus ist es?«
    »Neu, modern, ziemlich elegant. Eine hohe weiße Fassade und eine Glastür mit schmiedeeisernem Gitter davor.«
    »Gut. Ihr geht hinauf, und wenn die Concierge euch fragt, murmelt ihr irgendeinen Namen.«
    »Wie soll ich denn die Wohnung finden?«
    »Du hast recht. In der Nähe ist doch bestimmt ein Milchgeschäft, das ihr die Milch liefert. Weck den Inhaber auf, wenn es nötig ist. Erzähl ihm irgendeine Geschichte, am besten etwas von Liebe.«
    »Gut.«
    »Weißt du noch, wie man ein Schloss aufbricht? Dann geht ihr in die Wohnung, macht aber kein Licht, und stellt euch in eine Ecke, damit ihr, wenn’s nötig ist, sofort eingreifen könnt.«
    »Gut, Chef«, seufzte der arme Janvier, der bestimmt stundenlang, ohne sich zu rühren, in einer fremden Wohnung im Dunkeln würde stehen müssen.
    »Und vor allem raucht nicht.«
    Er musste über seinen Sadismus selbst lächeln. Dann suchte er die beiden Männer aus, die in der Rue Longchamp Wache stehen sollten.
    »Nehmt eure Revolver mit. Man kann nie wissen.«
    Er warf Colombani einen Blick zu. Die beiden Männer verstanden einander. Sie hatten es hier nicht mit einem kleinen Gauner zu tun, sondern mit dem Anführer einer Bande von Mördern. Sie durften kein Risiko eingehen.
    Es wäre einfacher gewesen, die Verhaftung beispielsweise in der Bar der ›Folies-Bergères‹ vorzunehmen. Aber man konnte nicht voraussehen, wie Bronsky darauf reagieren würde. Möglicherweise war er bewaffnet, und sehr wahrscheinlich gehörte er zu denen, die sich nicht ohne weiteres ergeben und notfalls in die Menge hineinschießen, um die allgemeine Panik zur Flucht zu nutzen.
    »Wer opfert sich und bestellt Bier und Sandwiches in der ›Brasserie Dauphine‹?«
    Das war das Zeichen, dass eine der großen Nächte der Kriminalpolizei begann. In den beiden Büros von Maigrets Abteilung herrschte eine Stimmung wie in einem Generalstab vor Beginn der entscheidenden Offensive. Alle rauchten, alle waren nervös. Keiner telefonierte.
    Maigret griff zum Hörer.
    »Die ›Folies-Bergères‹, bitte.«
    Er musste lange warten, bis Marchand an den Apparat kam. Man hatte ihn auf der Bühne suchen müssen, wo er einen Streit zwischen zwei Nackttänzerinnen schlichtete.
    »Ja, mein Guter …«, sagte er, noch ehe er wusste, wer am Telefon war.
    »Hier Maigret.«
    »Was gibt’s?«
    »Ist er da?«
    »Ich

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