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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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halten.«
    »Übrigens, Maigret, hat dir deine Tante gute Tipps gegeben?«
    »Ausgezeichnete. Um die Wahrheit zu sagen, ich kenne jetzt die Geschichte des kleinen Albert fast ganz genau.«
    »Das habe ich mir gedacht. Frauen wissen ja immer alles. Ganz besonders Tanten aus der Provinz. Darf ich auch etwas davon erfahren?«
    Sie hatten noch ein wenig Zeit. Dieser Moment der Entspannung war umso wohltuender, als die Nacht bewegt zu werden versprach, und so schlenderten sie durch die Straßen und plauderten.
    »Du hast heute Nachmittag recht gehabt. Wir hätten sie wahrscheinlich alle miteinander in Vincennes fassen können. Ich hoffe nur, dass Jean Bronsky nicht ahnt, dass wir ihm auf den Fersen sind.«
    »Man tut, was man kann, nicht wahr?«
    Gegen halb zehn erreichten sie den Quai des Orfèvres, wo sie eine wichtige Nachricht erwartete. Ein Inspektor meldete aufgeregt:
    »Carl Lipschitz ist erschossen worden, Kommissar. Sozusagen vor meinen Augen. Ich stand in der Rue de Sèvres, ungefähr hundert Meter vom Krankenhaus entfernt, auf der Lauer. Schon eine ganze Weile hatte ich rechts von mir Geräusche gehört, wie wenn jemand im Dunkeln nicht weiterzugehen wagt. Plötzlich hörte ich hastige Schritte, und gleich darauf fiel ein Schuss. Es war so dicht neben mir, dass ich im ersten Augenblick gedacht habe, der Schuss hätte mir gegolten, und automatisch nach meinem Revolver griff. Ich habe eher geahnt als gesehen, dass ein Mann zu Boden stürzte und ein anderer davonlief. Da habe ich geschossen.«
    »Hast du ihn getötet?«
    »Ich habe auf die Beine gezielt; beim zweiten Schuss habe ich Glück gehabt und getroffen, und der Kerl, der geflüchtet war, ist ebenfalls zu Boden gesunken.«
    »Wer war das?«
    »Der Junge, den sie Pietr nennen. Wir brauchten ihn nicht weit zu transportieren, da das Krankenhaus ja gerade gegenüberliegt.«
    »Also hat Pietr auf Carl geschossen?«
    »Ja.«
    »Waren sie zusammen?«
    »Nein. Das glaube ich nicht. Ich glaube eher, dass Pietr Carl verfolgt und ihn dann abgeknallt hat.«
    »Was sagt er?«
    »Der Junge? Nichts. Er macht den Mund nicht auf. Er hat fiebrig glänzende Augen. Er schien ganz glücklich und stolz zu sein, dass er ins Krankenhaus kam, und in den Gängen warf er begierige Blicke um sich.«
    »Natürlich weil Maria da ist! Ist er schwer verletzt?«
    »Die Kugel ist ins linke Knie gegangen. Sie müssen jetzt gerade dabei sein, sie herauszuoperieren.«
    »Was hatte er in den Taschen?«
    Auf Maigrets Schreibtisch lagen zwei säuberlich getrennte Häufchen.
    »Das erste ist Carls Tascheninhalt. Das zweite der des Jungen.«
    »Ist Moers oben?«
    »Er hat gesagt, er bleibt die ganze Nacht im Labor.«
    »Er soll gleich runterkommen. Und irgendjemand muss zum Erkennungsdienst hochgehen. Ich brauche die Karteikarte und die Akte eines gewissen Jean Bronsky. Ich habe seine Fingerabdrücke nicht, aber er hat zweimal vor Gericht gestanden und muss etwa achtzehn Monate gesessen haben.«
    Maigret schickte auch ein paar Männer in die Rue de Provence, wo sie von der gegenüberliegenden Straßenseite aus die ›Folies-Bergères‹ beobachten sollten, und schärfte ihnen ein, sich auf keinen Fall zu zeigen.
    »Seht euch noch schnell das Foto von Bronsky an. Man soll ihn nur dann festnehmen, wenn er versuchen sollte, den Zug oder das Flugzeug zu nehmen. Aber ich glaube nicht, dass er das tun wird.«
    Die Brieftasche von Carl Lipschitz enthielt zweiundvierzig Tausendfrancscheine, einen Personalausweis auf seinen Namen und einen anderen, der auf einen italienischen Namen – Filipino – ausgestellt war. Lipschitz schien Nichtraucher gewesen zu sein, denn er hatte weder Zigaretten noch eine Pfeife oder ein Feuerzeug bei sich gehabt, sondern nur eine elektrische Taschenlampe, zwei Taschentücher, von denen eines schmutzig war, eine Kinokarte vom gleichen Tag, ein Taschenmesser und eine automatische Pistole.
    »Siehst du«, sagte Maigret zu Colombani, »wir haben uns eingebildet, dass wir an alles gedacht hätten.«
    Er zeigte auf die Kinokarte.
    »Das war keine schlechte Idee von ihnen. Besser, als in den Straßen herumzulaufen. Man kann stundenlang ungestört im Dunkeln sitzen. In den Kinos auf den großen Boulevards, die die ganze Nacht offen sind, kann man sogar ein Schläfchen machen.«
    In Pietrs Taschen hatten sich nur achtunddreißig Franc in Münzen befunden. In einer Brieftasche steckten zwei Fotos, eines von Maria, ein kleines Passfoto, das im Vorjahr aufgenommen worden zu sein schien,

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