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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Zeiten erinnern, als ihre Vorfahren noch in den Wäldern hausten.
    Jean Bronsky war ein noch gefährlicheres Tier, ein Tier, das bei den besten Schneidern an der Place Vendôme einkaufte, eine Bestie im Seidenhemd, die studiert hatte und sich jeden Morgen wie eine eitle Frau vom Friseur zurechtmachen ließ.
    »Du bist ganz schön vorsichtig«, bemerkte Colombani, als Maigret geduldig vor dem Telefon wartete.
    »Ja, ich bin vorsichtig.«
    »Und wenn er dir entwischt?«
    »Das ist mir immer noch lieber, als wenn er einen meiner Männer erschießt.«
    Dabei fiel ihm ein, dass Chevrier und seine Frau noch immer in dem Lokal am Quai de Charenton waren. Eigentlich müsste er sie anrufen. Aber wahrscheinlich waren sie schon zu Bett gegangen. Maigret lächelte und zuckte die Achseln. Wer weiß? Vielleicht machte ihnen diese kleine Komödie Spaß, und es gab keinen Grund, sie nicht noch ein paar Stunden lang Wirt und Wirtin spielen zu lassen.
    »Hallo? Chef? Sie sind gerade ins ›Florence‹ gegangen.«
    Das schicke Lokal am Montmartre! Champagner obligatorisch. Bestimmt wollte sich Francine Latour in einem neuen Kleid oder mit einem neuen Schmuckstück zeigen. Sie war noch so jung und hatte diese Art Leben noch nicht satt. Gibt es nicht sogar reiche alte Frauen von vornehmem Stand, die ein eigenes Haus in der Avenue du Bois-de-Boulogne oder in Saint-Germain besitzen und die gleichen Lokale schon seit vierzig Jahren besuchen?
    »Gehen wir!«, beschloss Maigret plötzlich.
    Er nahm seinen Revolver aus der Schreibtischschublade und überzeugte sich, dass er geladen war. Colombani sah ihm mit einem leisen Lächeln zu.
    »Ist es dir auch recht, wenn ich mitkomme?«, fragte er.
    Er wusste, dass es eine besonders nette Geste von Maigret war. Schließlich gehörte der Fall zu seinem Aufgabenbereich. Und er hatte die Picardie-Bande aufgestöbert. Er hätte das alles allein mit seinen Männern machen können. Und der Quai des Orfèvres hätte im Wettstreit mit der Rue des Saussaies wieder einmal einen Punkt für sich buchen können.
    »Hast du deine Schusswaffe?«
    »Ich habe sie immer in der Tasche.«
    Maigret dagegen trug seine nur selten bei sich. Als sie den Hof überquerten, zeigte Colombani auf einen der Polizeiwagen.
    »Nein, ich nehme lieber ein Taxi. Das fällt weniger auf.«
    Er suchte nach einem Taxi mit einem Chauffeur, der ihn kannte. Allerdings kannten ihn die meisten Taxichauffeure.
    »Rue de Longchamp. Fahren Sie die Straße im Schritttempo hinunter.«
    Das Haus, in dem Francine Latour wohnte, stand fast am anderen Ende der Straße, in der Nähe eines berühmten Restaurants, in dem der Kommissar, wie er sich erinnerte, ein paarmal gut zu Mittag gegessen hatte. Alles war geschlossen. Es war zwei Uhr morgens. Sie mussten erst eine Stelle suchen, wo sie den Wagen unauffällig parken konnten. Maigret war ernst, schweigsam und mürrisch.
    »Fahren Sie noch einmal langsam zurück, und halten Sie, sobald ich es Ihnen sage. Lassen Sie die Scheinwerfer an, als würden Sie auf Kundschaft warten.«
    Sie standen knapp zehn Meter vom Haus entfernt. Sie sahen undeutlich einen Inspektor, der im Schatten einer Toreinfahrt stand. Ein zweiter musste irgendwo in der Nähe sein, und dort oben warteten Janvier und sein Kollege noch immer im Dunkeln.
    Maigret blies kleine Rauchwölkchen aus seiner Pfeife. Er spürte Colombanis Schulter neben der seinen. Er selbst hatte sich auf die dem Gehsteig zugewandte Seite gesetzt.
    Fünfundvierzig Minuten warteten sie so. Nur ab und zu fuhr ein Taxi vorüber, und ein paar Häuser weiter kamen Leute nach Hause. Schließlich hielt ein Taxi vor dem Haus. Ein schlanker, junger Mann sprang heraus und beugte sich dann ins Wageninnere, um seiner Begleiterin beim Aussteigen zu helfen.
    »Jetzt!«, sagte Maigret nur.
    Er berechnete seine Bewegungen genau. Eine ganze Weile schon hatte die Wagentür halb offengestanden, und er hatte die Hand um den Türgriff geklammert. Jetzt sprang er mit einer Behendigkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, hinaus und auf den Mann zu, genau in dem Augenblick, als dieser mit einer Hand in die Smokingtasche griff, um seine Brieftasche herauszuholen, und sich nach vorn beugte, um den Taxameter abzulesen.
    Die junge Frau stieß einen Schrei aus. Maigret packte den Mann von hinten an den Schultern und riss ihn mit seinem ganzen Gewicht zurück, so dass sie beide auf den Gehsteig fielen.
    Der Kommissar, dem Bronsky mit dem Kopf gegen das Kinn geschlagen hatte, versuchte Bronskys

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