Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange
dieselbe Sprache.«
»Ihre erste Frau und Sie hatten doch auch Gütergemeinschaft vereinbart?«
»Das stimmt.«
»Sie war vermögend. Sie haben sie also beerbt.«
»Ist das nicht normal?«
»Solange die Leiche Ihrer zweiten Frau nicht gefunden wird, können Sie sie nicht beerben!«
»Warum sollte sie nicht lebend wiedergefunden werden?«
»Glauben Sie das, Monsieur Serre?«
»Ich habe sie nicht getötet!«
»Warum haben Sie am Dienstagabend Ihren Wagen aus der Garage geholt?«
»Ich habe ihn nicht herausgeholt.«
»Die Concierge im Haus gegenüber hat Sie gesehen. Es war nach Mitternacht.«
»Sie vergessen, dass es drei Garagen gibt, drei ehemalige Ställe, deren Tore nebeneinanderliegen. Es war Nacht, das sagen Sie selbst. Sie kann sich geirrt haben.«
»Der Eisenwarenhändler allerdings hat Sie am helllichten Tag nicht mit jemand anderem verwechseln können, als Sie bei ihm Kitt und eine zweite Fensterscheibe gekauft haben.«
»Mein Wort ist ebenso viel wert wie seines.«
»Vorausgesetzt, dass Sie Ihre Frau nicht ermordet haben. Was haben Sie mit den Handkoffern und dem großen Koffer gemacht?«
»Diese Frage stellt man mir jetzt zum dritten Mal. Diesmal vergessen Sie, nach dem Werkzeug zu fragen.«
»Wo waren Sie am Dienstag nach Mitternacht?«
»Im Bett.«
»Haben Sie einen leichten Schlaf, Monsieur Serre?«
»Nein. Meine Mutter aber schon.«
»Sie haben alle beide nichts gehört?«
»Ich glaube, das habe ich Ihnen bereits versichert.«
»Und am Mittwochmorgen war für Sie das Haus in bester Ordnung?«
»Ich vermute, Sie haben das Recht, mich ins Verhör zu nehmen, weil eine Untersuchung eingeleitet worden ist. Sie haben beschlossen, nicht wahr, mich kleinzukriegen. Ihr Inspektor hat mir bereits dieselben Fragen gestellt. Jetzt geht es wieder von neuem damit los. Ich ahne schon, dass die ganze Nacht damit draufgehen wird. Damit wir Zeit sparen, wiederhole ich ein für allemal, dass ich meine Frau nicht ermordet habe. Ich kündige Ihnen auch an, dass ich nicht mehr auf Fragen antworten werde, die mir bereits gestellt worden sind. Ist meine Mutter hier?«
»Haben Sie Grund zu der Annahme, sie sei hier?«
»Ist das in Ihren Augen nicht normal?«
»Sie sitzt im Warteraum.«
»Haben Sie vor, sie dort die Nacht verbringen zu lassen?«
»Ich werde nichts unternehmen, um sie daran zu hindern. Sie ist frei.«
Diesmal warf ihm Guillaume Serre einen hasserfüllten Blick zu.
»Ich möchte nicht Ihren Beruf haben.«
»Ich möchte nicht an Ihrer Stelle sein.«
Sie sahen sich schweigend an; keiner von beiden wollte die Augen niederschlagen.
»Sie haben Ihre Frau ermordet, Monsieur Serre. Wahrscheinlich ebenso, wie Sie Ihre erste umgebracht haben.«
Sein Gegenüber zuckte nicht mit der Wimper.
»Sie werden es schon gestehen.«
Der Zahnarzt verzog die Lippen zu einem verächtlichen Grinsen, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander.
Nebenan hörte man den Kellner der ›Brasserie Dauphine‹ Teller und Gläser abstellen.
»Ich möchte Ihr Angebot annehmen, einen Happen zu essen.«
»Wollen Sie vielleicht auch Ihr Jackett ausziehen?«
»Nein.«
Langsam kaute er sein Sandwich, während Maigret ihm am Wasserhahn im Wandschrank ein Glas Wasser holte.
Es war acht Uhr abends.
Man sah ein Fenster nach dem anderen dunkel werden, konnte beobachten, wie draußen das Bild der Stadt verschwamm und Lichtpunkte an seine Stelle traten, die ebenso weit entfernt zu sein schienen wie die Sterne.
Maigret musste sich Tabak holen lassen. Um elf Uhr rauchte der Zahnarzt seine letzte Zigarre, und die Luft im Zimmer war zum Schneiden dick. Zweimal war der Kommissar durch das Haus gegangen, um sich die Beine zu vertreten, und hatte wieder die beiden Frauen im Wartezimmer sitzen sehen. Das zweite Mal hatten ihre Stühle dicht nebeneinander gestanden, und sie plauderten, als kennten sie sich seit je.
»Wann haben Sie Ihren Wagen gereinigt?«
»Er ist vor zwei Wochen zum letzten Mal gereinigt worden, in einer Reparaturwerkstatt in Neuilly, als auch ein Ölwechsel vorgenommen wurde.«
»Ist das Auto seit Sonntag nochmals gereinigt worden?«
»Nein.«
»Jetzt sehen Sie mal her, Monsieur Serre, wir haben da ein aufschlussreiches Experiment durchgeführt. Einer meiner Inspektoren hat Schuhe mit Gummiabsätzen angezogen, wie Sie sie tragen, und ist zu der von Ihnen angegebenen Kreuzung an der Landstraße nach Fontainebleau gefahren. Genau so, wie Sie es nach Ihrer Aussage mit
Weitere Kostenlose Bücher