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Maigret bei den Flamen

Maigret bei den Flamen

Titel: Maigret bei den Flamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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meisten Schiffen hier leben Flamen: Leute, die ihre Gewohnheiten nicht gern ändern. Die anderen gehen in die französischen Bistros in der Nähe der Brücke und trinken dort ihren Wein und ihren Aperitif. Die Flamen aber wollen nur ihren Genever, jemanden, der ihre Sprache versteht, und was weiß ich … Jedes Schiff kauft bei den Peeters den Vorrat für eine Woche und noch länger ein … Vom Schmuggel will ich erst gar nicht reden! Ihr Haus liegt dafür ja ideal …«
    Die Mäntel klebten am Leibe. Die Wellen schlugen so stark gegen die schwerbeladenen Kähne, daß das Wasser bis auf das Deck hinauf spritzte.
    »Sie haben auch ganz andere Vorstellungen als wir. Für sie ist das kein Bistro, sondern nur ein Lebensmitte l laden, auch wenn an der Theke Schnaps ausgeschenkt wird. Selbst die Frauen trinken regelmäßig ein Schlüc k chen, wenn sie ihre Einkäufe machen. Das scheint sogar das meiste einzubringen …«
    »Und die Piedbœuf s?« fragte Maigret.
    »Kleine Leute … Der Alte ist Nachtwächter in der Fabrik. Die Tochter war Stenotypistin in der gleichen Firma. Auch der Sohn arbeitet dort …«
    »Ein seriöser junger Mann?«
    »Das kann man nicht unbedingt sagen … Er arbeitet nicht gerade viel. Er spielt lieber Billard im Café de la Ma i rie. Er ist ein hübscher Junge, und er weiß das auch …«
    »Und die Tochter?«
    »Germaine? Sie hatte Liebhaber … Wissen Sie, Kommissar, sie war eines von diesen Mädchen, die abends mit einem Mann in dunklen Ecken herum stehen. Was nicht heißen soll, daß das Kind nicht von Joseph Peeters ist. Ich habe es gesehen. Es hat große Ähnlichkeit mit ihm. Eines kann man jedenfalls nicht abstreiten, nämlich, daß sie am Abend des 3 . Januar kurz nach acht in das Haus gegangen ist und daß sie seitdem niemand mehr gesehen hat …«
    Inspektor Machère sprach deutlich.
    »Ich habe mir alles genau angesehen und sogar mit Hilfe eines Architekten einen detaillierten Aufriß sämtlicher Räume des Hauses angefertigt. Nur an eines hatte ich nicht gedacht: das Dach … Wer denkt denn auch schon daran , daß jemand eine Leiche auf dem Dach ve r steckt haben könnte? Deshalb bin ich eben hinauf geklettert, aber außer einem Taschentuch habe ich nichts gefunden.«
    »Und die Maas?«
    »Genau! Darüber wollte ich gerade mit Ihnen sprechen … Ihnen ist doch sicher auch bekannt, daß man die Ertrunkenen fast immer an den Wehren wiederfindet … Von hier bis Namur gibt es acht davon. Alle r dings war der Fluß zwei Tage nach dem Verbrechen so weit über die Ufer getreten, daß man die Wehre öffnen mußte; das kommt hier jeden Winter vor. Die Strömung kann Ge r maine Piedbœuf also durchaus bis Holland getrieben h a ben, wenn nicht gar bis ins Meer …«
    »Man hat mir gesagt, daß Joseph Peeters an dem Abend nicht hier gewesen sei, an dem …«
    »Ich weiß! Er behauptet es jedenfalls. Aber ein Zeuge hat ein Motorrad gesehen, das seinem gleicht. Joseph schwört, daß er es nicht gewesen sei.«
    »Hat er kein Alibi?«
    »Ja und nein. Ich bin extra deswegen nach Nancy zurückgefahren. Er hat dort ein möbliertes Zimmer, in das er hineinkommt, ohne von seiner Zimmerwirtin ges e hen zu werden … Außerdem verkehrt er häufig in den Cafés und Lokalen, in denen die Studenten sich jeden Abend treffen. Niemand erinnert sich genau, ob es nun am 3 ., 4 . oder 5 . Januar war, daß er die ganze Nacht in einem dieser Lokale verbracht hat.«
    »Könnte Germaine Piedbœuf Selbstmord begangen h a ben?«
    »Sie war nicht der Typ, der so etwas tut. Ein kränkliches, ein wenig flatterhaftes Persönchen, aber ihren kle i nen Sohn vergötterte sie …«
    »Möglicherweise ist sie auch Opfer eines anderen Verbrechens geworden …«
    Diesmal schwieg Machère und ließ seinen Blick über die Kähne schweifen, die wenige Meter vom Ufer en t fernt eine Art künstlicher Insel bildeten.
    »Auch daran habe ich gedacht. Ich habe über jeden einzelnen Schiffer Erkundigungen eingezogen. Die meisten sind grundehrliche Leute, die mit ihrer ga n zen Familie an Bord leben. Nur bei der ›Etoile Polaire‹ ha t te ich gleich ein merkwürdiges Gefühl. Es ist der letzte Kahn stromaufwärts. Der, der am schmutzigsten ist und so aussieht, als könnte er jeden Moment absaufen …«
    »Und was ist damit?«
    »Der Kahn gehört einem Belgier aus Tilleur, in der Nähe von Lüttich. Ein alter Grobian, der schon zweimal wegen Sittlichkeitsvergehen vorbestraft ist. Das Schiff ist in erbärmlichem Zustand, und die

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