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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Simon ablöste, schlief sie immer noch, und Simon erklärte seinem Kollegen in kurzen Worten den Fall. Im Fortgehen sah er, wie sie die Augen aufschlug, aber er hatte keine Lust mehr, sich noch länger hier aufzuhalten.
    Erstaunt blickte sie den Neuen an, der einen schwarzen Schnurrbart hatte, sah dann unruhig auf die Uhr und sprang mit einem Satz auf.
    »Ich muß gehen«, sagte sie.
    »Einen Augenblick, Liebling.«
    »Was wollen Sie noch von mir?«
    »Vielleicht kannst du dich jetzt, nachdem du dich gründlich ausgeschlafen hast, deutlicher an alles erinnern als letzte Nacht.«
    Sie machte einen verkaterten Eindruck, und ihre Haut, auf der von Puder und Schminke kaum noch etwas zu sehen war, glänzte häßlich.
    »Ich weiß nichts weiter. Ich muß nach Hause.«
    »Wie war das mit Oskar?«
    »Was für ein Oskar?«
    Der Polizist hatte den Bericht, den Simon, während sie schlief, abgefaßt hatte, vor sich liegen.
    »Der, der die Gräfin ermorden wollte.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß er Oskar heißt.«
    »Wie heißt er denn?«
    »Weiß ich nicht. Weiß überhaupt nicht mehr, was ich erzählt habe. Ich hatte getrunken.«
    »Dann ist also die ganze Geschichte ein Märchen?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich habe zwei Männer hinter der Wand sprechen hören, aber ich habe von ihrer Unterhaltung nur Fetzen verstanden. Vielleicht habe ich mich getäuscht.«
    »Warum bist du dann hergekommen?«
    »Ich sage Ihnen noch mal, ich hatte getrunken. Wenn man trinkt, macht man aus jedem Floh einen Elefanten.«
    »Von der Gräfin ist gar nicht die Rede gewesen?«
    »Doch… ich glaube.«
    »Von ihren Juwelen?«
    »Ja, von Juwelen haben sie gesprochen.«
    »Und daß sie sie fertigmachen wollten?«
    »So habe ich’s wenigstens verstanden. Ich war da aber schon ziemlich blau.«
    »Mit wem hattest du getrunken?«
    »Mit mehreren Gästen.«
    »Und darunter einem namens Albert?«
    »Ja. Ich kenne ihn auch nicht weiter. Ich kenne die Leute nur vom Sehen.«
    »Den Oskar auch?«
    »Warum kommen Sie immer auf den Namen zurück?«
    »Würdest du ihn wiedererkennen?«
    »Ich habe ihn nur von hinten gesehen.«
    »Man kann auch einen Rücken sehr gut wiedererkennen.«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
    Im selben Augenblick durchfuhr sie eine schreckliche Ahnung, und sie fragte: »Ist jemand ermordet worden?«
    Daß sie keine Antwort bekam, machte sie offensichtlich noch nervöser.
    »Kann ich nicht endlich nach Hause gehen?«
    »Noch nicht.«
    »Ich habe aber doch nichts getan.«
    Inzwischen waren noch andere Polizisten zum Dienst erschienen, die sich gemächlich an ihre Arbeit machten und sich über dieses und jenes unterhielten.
    Jacquart rief die Rettungsstelle der Polizei an, wo aber noch nichts von einer ermordeten Gräfin bekannt war, und telefonierte dann, um sich auf alle Fälle den Rücken zu decken, mit dem Quai des Orfevres. Lucas, der gerade erst, noch etwas verschlafen, mit seinem Dienst begann, antwortete mit unterdrücktem Gähnen:
    »Schicken Sie sie her.«
    Und schon im nächsten Augenblick dachte er nicht mehr an das Mädchen. Kurz darauf kam auch Maigret ins Büro und warf, bevor er Mantel und Hut ablegte, einen raschen Blick auf die in der Nacht eingegangenen Meldungen.
    Es regnete noch immer in Strömen. Ein erbärmliches Wetter. Kein Wunder, daß die meisten Menschen an diesem Morgen schlecht gelaunt waren. Wenige Minuten nach neun erschien ein Polizist vom 11. Revier mit Arlette am Quai des Orfevres. Er war neu und kannte sich im Hause noch nicht sehr gut aus. Nacheinander klopfte er an verschiedene Türen, während das junge Mädchen brav hinter ihm her ging.
    Und so verirrte er sich schließlich in das Büro der Inspektoren, wo der junge Lapointe auf der Tischkante saß und eine Zigarette rauchte.
    »Bin ich hier richtig bei Inspektor Lucas?«
    Er bemerkte nicht, daß Lapointe und Arlette sich entgeistert anstarrten, und als ihn der Inspektor in das Nebenzimmer geschickt hatte, schloß er die Tür wieder.
    »Setzen Sie sich«, sagte Lucas zu der Tänzerin.
    Maigret, der wie gewöhnlich vorm Rapport seinen kleinen Rundgang machte, war im Zimmer, stand neben dem Ofen und stopfte sich eine Pfeife.
    »Das Mädchen«, erklärte ihm Lucas, »behauptet gehört zu haben, wie zwei Männer die Ermordung einer Gräfin verabredet haben.«
    Plötzlich gar nicht mehr ängstlich und unsicher, wie sie es eben noch gewesen war, antwortete sie: »Ich habe das nie gesagt.«
    »Sie haben erzählt, Sie hätten gehört, wie zwei

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