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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Gedanken gemacht.
    Vielleicht hatte sie unterwegs in einem Café ein Hörnchen gegessen und einen Milchkaffee getrunken.
    Die Concierge hatte sie nicht nach Hause kommen sehen. In dem großen Haus unweit der Place Saint Georges, wo ein ständiges Kommen und Gehen war, wäre das allerdings auch nur ein Zufall gewesen. Lapointe hatte in Javel einen zerstreuten und bedrückten Eindruck gemacht, und Lucas, dem seine seltsame Miene aufgefallen war, hatte ihn gefragt, ob er sich nicht wohl fühle.
    »Ich glaube, ich bekomme einen Schnupfen.«
    Die beiden Männer waren immer noch damit beschäftigt, die Anwohner des Lagers, in dem der Einbruch verübt worden war, zu verhören. Da läutete in Maigrets Büro das Telefon.
    »Kommissar vom Revier Saint Georges.« Es war das Revier in der Rue La Rochefoucauld, wo Arlette um halb fünf morgens erschienen und dann schließlich auf einer Bank eingeschlafen war.
    »Wie mir mein Sekretär meldet, ist heute vormittag die Tänzerin Jeanne Leleu, genannt Arlette, zu Ihnen geschickt worden. Sie hatte behauptet, ein Gespräch über einen an einer Gräfin geplanten Mord belauscht zu haben.«
    »Ich bin nur flüchtig darüber orientiert«, antwortete Maigret, die Brauen runzelnd. »Ist sie tot?«
    »Ja. Sie ist eben in ihrem Zimmer erdrosselt aufgefunden worden.«
    »Lag sie im Bett?«
    »Nein.«
    »War sie angezogen?«
    »Ja.«
    »Hatte sie auch den Mantel noch an?«
    »Nein, nur ein schwarzes, seidenes Kleid. So haben es mir wenigstens meine Männer eben berichtet. Ich bin noch nicht dort gewesen. Ich wollte Sie erst anrufen. Es scheint doch ernster gewesen zu sein, als man annehmen konnte.«
    »Ja, es war bestimmt ernst.«
    »Haben Sie immer noch nichts von einer Gräfin gehört?«
    »Bis jetzt noch nicht. Das kann noch einige Zeit dauern.«
    »Wollen Sie den Erkennungsdienst benachrichtigen?«
    »Ich rufe gleich an und gehe dann in die Wohnung.«
    »Ja, das wird wohl das beste sein. Ein merkwürdiger Fall, nicht wahr? Der Wachtmeister vom Nachtdienst hat das alles nicht so wichtig genommen, weil sie betrunken war. Bis gleich also.«
    »Bis gleich.«
    Maigret wollte eigentlich Lucas mitnehmen, aber dann fiel ihm ein, daß der ja noch mit dem Fall am Quai de Javel beschäftigt war. Lapointe war ebenfalls noch nicht wieder da. Janvier kam eben völlig durchnäßt zurück.
    »Komm mit.«
    Wie gewöhnlich steckte Maigret zwei Pfeifen in die Tasche.

 
    ZWEITES KAPITEL
     
     
     
    Janvier ließ das kleine Auto der Kriminalpolizei am Rande des Gehsteigs halten, und die beiden Männer, die im gleichen Augenblick prüfend auf die Hausnummer blickten, sahen sich überrascht an. Auf dem Gehsteig standen keine Menschen, und auch in der Toreinfahrt und im Hof war niemand zu sehen. Der Polizist vom Revier ging ein Stück entfernt geduldig auf und ab, weil es nun einmal so Vorschrift war, zur Aufrechterhaltung der Ordnung jemanden herzuschicken.
    Aber schon gleich darauf sahen sie den Kommissar des Reviers, Beulan, höchstpersönlich die Tür der Loge zu ihrem Empfang öffnen, und neben ihm stand die Concierge, eine große, ruhige Frau mit intelligentem Gesicht.
    »Madame Boue«, stellte er vor. »Sie ist die Frau eines unserer Wachtmeister. Gleich nachdem sie die Leiche entdeckt hatte, hat sie die Tür mit ihrem Passepartout abgeschlossen und ist heruntergekommen, um mich anzurufen. Niemand im Hause weiß bis jetzt etwas davon.« Sie nahm die Worte wie ein Kompliment hin und verneigte sich leicht.
    »Ist niemand oben?« fragte Maigret.
    »Inspektor Lognon ist mit dem Amtsarzt hinaufgegangen. Ich habe inzwischen eine lange Unterhaltung mit Madame Boue gehabt, und wir haben gemeinsam herauszufinden versucht, welche Gräfin gemeint sein könnte.«
    »Ich kenne keine Gräfin hier im Viertel«, sagte die Concierge.
    Ihrer Haltung, ihrer Stimme und ihrer Ausdrucksweise war anzumerken, daß sie eine geradezu vorbildliche Zeugin sein wollte.
    »Die Kleine war kein schlechter Mensch. Wir hatten freilich nur wenig Kontakt miteinander, da sie immer erst frühmorgens nach Hause kam und den größten Teil des Tages schlief.«
    »Wohnte sie schon lange hier?«
    »Seit zwei Jahren. Sie hatte eine aus zwei Zimmern bestehende Wohnung im Haus B, hinten im Hof.«
    »Empfing sie viel Besuch?«
    »Sozusagen nie.«
    »Von Männern?«
    »Ich habe nie einen gesehen. Außer in der allerersten Zeit. Als sie hier einzog und ihre Möbel kamen, habe ich ein- oder zweimal einen Mann in mittleren Jahren beobachtet, den ich im

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