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Maigret zögert

Maigret zögert

Titel: Maigret zögert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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daran?«
    Maigret, der ihm ebenfalls fest in die Augen sah, erwiderte nur: »Und Sie?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht mehr. Gestern nahm ich die Sache eher auf die leichte Schulter. Ohne es für einen üblen Scherz zu halten, war ich versucht, an einen kleinen Racheakt zu denken, einen perfiden und zugleich naiven Racheakt.«
    »Gegen wen?«
    »Gegen mich, gegen meine Frau, gegen jeden beliebigen im Haus. Ein geschicktes Mittel, die Polizei herzulocken und uns von ihr mit Fragen quälen zu lassen.«
    »Haben Sie schon mit Ihrer Frau darüber gesprochen?«
    »Ich war wohl oder übel dazu gezwungen, nachdem sie Sie in meinem Büro gesehen hatte.«
    »Sie hätten ihr sagen können, ich sei in einer beruflichen Angelegenheit gekommen.«
    Parendons Gesicht drückte leichtes Erstaunen aus.
    »Würde Madame Maigret sich mit einer derartigen Erklärung zufriedengeben?«
    »Meine Frau stellt mir nie Fragen.«
    »Meine tut es. Und wie Sie es in Ihren Verhören tun, wenn ich den Zeitungen glauben darf, bohrt auch sie so lange, bis sie das Gefühl hat, der Sache auf den Grund gekommen zu sein. Dann zerpflückt sie alles, so gut sie es nur kann, in kleine, scheinbar harmlose Fragen, die sie Ferdinand, der Köchin, meiner Sekretärin, den Kindern stellt...«
    Er beklagte sich nicht. Seine Stimme klang nicht bitter, eher bewundernd, als spräche er von einem erstaunlichen Phänomen.
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Sie meint, es handle sich um die Rache eines Dienstboten.« »Hat jemand Grund zur Klage?«
    »Sie haben immer einen Grund zur Klage. Zum Beispiel Madame Vauquin, die Köchin. Wenn wir ein Diner geben, muss sie ziemlich lange arbeiten, während die Putzfrau, egal was passiert, um sechs Uhr gehen kann. Andererseits verdient die Putzfrau zweihundert Francs weniger. Verstehen Sie?«
    »Und Ferdinand?«
    »Wissen Sie, dass der so ruhige und korrekte Ferdinand ein ehemaliger Fremdenlegionär ist, der an Kommandoaktionen teilgenommen hat? Niemand sieht abends nach, was er über den Garagen treibt oder wohin er geht.«
    »Tendieren Sie ebenfalls in diese Richtung?«
    Der Anwalt zögerte eine Sekunde, entschloss sich, aufrichtig zu sein.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Keiner von ihnen hätte die Sätze so geschrieben, wie wir sie in diesen Briefen gefunden haben, unter Verwendung gewisser Wörter...«
    »Gibt es Waffen im Haus?«
    »Meine Frau besitzt zwei Jagdgewehre, denn sie wird oft zur Jagd eingeladen. Ich selbst schieße nicht.«
    »Ihrer schlechten Augen wegen?«
    »Ich hasse es, Tiere zu töten.«
    »Besitzen Sie einen Revolver?«
    »Einen alten Browning, er liegt in meiner Nachttischschublade. Viele Leute haben diese Angewohnheit, denke ich. Man sagt sich, wenn Einbrecher...«
    Er lachte leise.
    »Ich könnte ihnen höchstens Angst damit einjagen. Sehen Sie...«
    Er zog eine Schublade seines Schreibtischs auf und nahm eine Schachtel mit Patronen heraus.
    »Die Waffe ist in meinem Zimmer am anderen Ende der Wohnung, und die Patronen sind hier. Ich habe mir das so angewöhnt, als die Kinder noch kleiner waren. Was mich daran erinnert, dass sie ja jetzt in einem vernünftigen Alter sind und ich meinen Browning laden könnte.«
    Er kramte weiter in seiner Schublade und holte einen amerikanischen Totschläger hervor.
    »Wissen Sie, woher ich dieses Spielzeug habe? Vor drei Jahren wurde ich eines Tages aufs Polizeirevier beordert. Dort fragte man mich, ob ich einen Sohn namens Jacques hätte. Er war damals zwölf Jahre alt.
    Vor dem Eingang des Gymnasiums war zwischen den Jungen ein Streit ausgebrochen, und der Polizist hatte Gus im Besitz dieses Totschlägers gefunden.
    Als ich heimkam, habe ich ihn zur Rede gestellt und erfahren, dass er ihn für sechs Päckchen Kaugummi von einem Schulkameraden bekommen hatte.«
    Die Erinnerung daran ließ ihn schmunzeln.
    »Ist er gewalttätig?«
    »Zwischen zwölf und dreizehn war er sehr schwierig, reagierte auf die leiseste Kritik, besonders von seiner Schwester, mit heftigen Wutausbrüchen. Dann legte es sich wieder. Heute finde ich ihn eher zu ruhig, zu ungesellig für meinen Geschmack.«
    »Hat er keine Freunde?«
    »Ich kenne nur einen, der ziemlich oft kommt, um mit ihm Musik zu hören. Er heißt Genuvier. Sein Vater ist Konditor am Faubourg-Saint-Honore. Der Name sagt Ihnen bestimmt etwas. Die Hausfrauen kommen von weit her, um bei ihm einzukaufen...«
    »Wenn Sie erlauben, möchte ich jetzt wieder zu Ihrer Sekretärin gehen.«
    »Was halten Sie von ihr?«
    »Sie ist

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