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Maigrets Nacht an der Kreuzung

Maigrets Nacht an der Kreuzung

Titel: Maigrets Nacht an der Kreuzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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einen ebensolchen Hut.
    »Pardon … Man sagte mir, der Kommissar sei hier?«
    »Das bin ich.«
    »Es geht um den Verletzten. Ich glaube, er ist gerettet, aber er braucht absolute Ruhe. Ich hatte vorgeschlagen, ihn in meine Klinik bringen zu lassen. Dies scheint nicht möglich zu sein. In höchstens einer halben Stunde wird er wieder zu sich kommen, und es wäre wü n schenswert, daß …«
    Ein Aufschrei. Der Italiener biß mit aller Kraft in die Nase des Werkstattbesitzers, und dessen Frau stürzte auf Maigret zu.
    »Schnell! Sehen Sie!«
    Man brachte sie mit Fußtritten auseinander, während der Chirurg mit angewiderter Miene und Distanz wahrend zu seinem Wagen ging und den Motor anwarf.
    Michonnet weinte stumm in seiner Ecke und vermied es, um sich zu blicken.
    Inspektor Grandjean kam herein und meldete:
    »Die Grüne Minna ist da.«
    Einer nach dem anderen wurde hinausgestoßen. Das Grinsen war ihnen vergangen, und sie dachten nicht mehr daran, sich aufzuspielen. Vor dem Gefangenentransporter hätte es zwischen dem Italiener und dem ihm am nächsten Stehenden, einem Mechaniker aus der Werkstatt, beinahe einen neuen Kampf geg e ben.
    »Räuber! Gesindel!« schrie der Italiener verrückt vor Angst. »Nicht einmal die vereinbarte Summe habe ich bekommen!«
    Else war die letzte. Als sie widerwillig durch die Gla s tür auf die sonnenbeschienene Terrasse ging, hielt Ma i gret sie mit zwei Worten auf:
    »Und nun?«
    Sie drehte sich zu ihm um und blickte zur Decke hinauf, über der das Zimmer war, in dem Carl lag.
    Man hätte nicht zu sagen vermocht, ob sie erneut gerührt war oder zu fluchen beginnen würde.
    »Was wollen Sie? Es war auch seine Schuld«, sagte sie mit ihrer natürlichsten Stimme.
    Ein ziemlich langes Schweigen folgte. Maigret sah ihr fest in die Augen.
    »Im Grunde … Nein! Ich will nicht schlecht von ihm reden …«
    »Sagen Sie’s schon!«
    »Sie wissen es genau. Es ist seine Schuld. Er ist fast ein Besessener. Als er erfuhr, daß mein Vater ein Dieb war, daß ich einer Verbrecherbande angehörte, war er ganz durcheinander. Nur deshalb hat er mich geliebt. Und wenn ich die brave junge Frau geworden wäre, die er aus mir machen wollte, hätte er das bald langweilig gefunden und mich sitzenlassen.«
    Sie wandte den Kopf ab und fügte leise, wie beschämt, hinzu:
    »Trotzdem möchte ich nicht, daß ihm etwas zustößt. Er ist … wie soll ich sagen … er ist ein netter Kerl … ein bißchen bekloppt …«
    Und sie schloß mit einem Lächeln:
    »Ich vermute, ich werde Sie wiedersehen!«
    »Guido ist wirklich der Mörder, nicht wahr?«
    Die Frage war zuviel. Sie verfiel wieder in ihren Dirnenjargon:
    »Darauf falle ich nicht herein!«
    Maigret blickte ihr nach, bis sie in die Grüne Minna stieg. Er sah, wie sie das Haus der Drei Witwen noch einmal betrachtete, die Schultern zuckte und dem Gendarmen, der sie hineinschubste, einen Scherz zurief.
    »Man könnte es den Fall der drei Fehler nennen«, sa g te Maigret zu Lucas, der neben ihm stand.
    »Welche Fehler?«
    »Zuerst Elses Fehler, die das Bild mit der Schneelan d schaft geraderückt, im Erdgeschoß raucht und den Pla t tenspieler in ihr Zimmer hinaufschafft, in das sie ange b lich eingesperrt ist , und die, als sie sich in Gefahr fühlt, Carl bezichtigt, wobei sie so tut, als verteidige sie ihn.
    Zweiter Fehler: Der Versicherungsagent bittet mich zu sich, um mir zu zeigen, daß er die ganze Nacht an seinem Fenster verbringen wird.
    Dritter Fehler: Der Mechaniker Jojo, der mich plötzlich sieht und fürchten muß, daß alles aufgedeckt wird, gibt dem Lastwagenfahrer ein zu kleines Ersatzrad mit, das die Diamanten enthält.
    Ohne das …«
    »Ohne was?«
    »Nun, wenn eine Frau wie Else mit einer solchen Pe r fektion lügt, daß sie am Ende selbst glaubt, was sie e r zählt …«
    »Ich hatte es Ihnen gesagt!«
    »Ja. Sie hätte etwas Besonderes werden können. Wenn ihre alte Leidenschaft nicht immer wieder aufgeflammt wäre … wie Rufe aus dem Untergrund …«
     
    Carl Andersen schwebte fast einen Monat lang zwischen Leben und Tod, und seine Familie, die man benachric h tigt hatte, holte ihn in seine Heimat zurück und brachte ihn in einem Sanatorium unter, das einer Irrenanstalt sehr ähnlich war. So erschien er also nicht auf der Ze u genbank, als in Paris der Prozeß geführt wurde.
    Gegen alle Erwartung wurde eine Auslieferung Elses abgelehnt, und sie mußte zunächst eine Strafe von drei Jahren in Frankreich, im Saint-Lazare-Gefängnis, verb

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