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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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aus Meerwasser hergestellt, in Bulerit-Tanks gelagert und, wie das natürliche Gas im letzten Jahrhundert, mit Röhren weitergeleitet wurde. Die älteren Mächte verwendeten modernere Energiesysteme, aber die Regionen der Welt bewegten sich auf eine ökonomische Gleichheit, wenn auch noch nicht auf eine im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich oder in der militärischen Macht zu; selbst die kleinste Nation hatte den Zugang zu genug Energiequellen, um auf ein verbessertes Leben hinzuarbeiten.
    Er dachte an all die Arkologien – gigantische menschliche Organismen an der Erde. Landschaft und Atmosphäre standen noch unter Druck; die Verschmutzung der Luft färbte die Sonnenuntergänge blutrot. Die Menschen fühlten sich freier und richteten ihren Alltag nicht mehr so ein, als sei die Katastrophe unvermeidlich. Im Garten herrschte ein unendlicher Friede. Seine persönlichen Sorgen waren von geringerer Bedeutung. Das Leben ist schön, sagte er sich selbst und fragte sich, ob er ein fröhlicher Idiot war.
    Janet kam in den Raum, setzte sich zu ihm und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Er fürchtete, sie könne jeden Moment aus der Realität verschwinden, und legte seinen Arm um sie, um sie an sich zu drücken. Sie küßte ihn leicht auf die Lippen.
    Er drehte sich zu ihr um, ergriff ihre kleinen Hände und verglich sie mit seinen gröberen, haarigen Pranken. „Wie steht es mit Jack?“ fragte er. „Welchen Eindruck hat er auf dich gemacht?“
    „Keinen. Das ist alles schon lange tot. Meiner Ansicht nach haben wir alle ihn gelangweilt. Ich möchte nicht darüber sprechen, Sam. Mir geht es wirklich gut – vergessen wir es also.“ Sie versuchte, ihn leidenschaftlich zu küssen, aber er hielt sich zurück. Sie löste sich von ihm.
    „Behandle mich nicht wie ein kleines Mädchen, Sam.“
    „Was ist denn los?“
    Sie seufzte. „Alt – spürst du es nicht?“ Sie stieß ihn in die Rippen.
    Er streckte seine Arme auf der Rücklehne des Sofas aus. „Mein Ärzteteam meint, ich halte es noch hundert Jahre oder mehr aus, und das ist ernst gemeint – aber für meine Studenten bin ich ein alter Mann. Wenn ich gehe, werden sie mich vergessen.“
    „Darauf zähle ich.“
    „Worauf?“
    „Auf eine lange Zeit für uns.“ Sie wandte sich von ihm ab. „Ich möchte genug Zeit haben, um alles zu vergessen. Das wäre ein neuer Lebensabschnitt, Sam … wie die Jahre zwischen dem ersten und fünfundzwanzigsten oder vierzigsten Lebensjahr … die längsten und besten …“
    Er streckte seine Arme nach ihr aus. „Janet, liebe Janet, komm her.“ Sie drehte sich um, schlug ihre Beine unter und vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. „Eine lange Zeit“, flüsterte er und umarmte sie.
    Die Lichter in dem Zimmer wurden dunkler.
    „Das sind die Ein-Uhr-Nachrichten“, sagte sie. „Das muß jemand vorher eingestellt haben.“
    Das Holo erschien über ihnen in der Luft und zeigte ein dreidimensionales Bild des Erdmondes, aus weiter Entfernung vom Raum aus aufgenommen. Der Bildausschnitt veränderte sich und zeigte auch noch die Sonne. Sam erinnerte sich an das alte CBS-Kolophon, den Erdaufgang auf dem Mars, das um die Jahrhundertwende aufgegeben worden war. Das gegenwärtige Bild kam der Vollerde-über-Mondlandschaft-Szene der 1960er Jahre näher. Die Siedler auf dem Mars hatten recht, wenn sie meinten, ein Erdaufgang über dem Mars sei ein Symbol der Überlegenheit der Erde. Jedes Kind auf dem Mars wußte, daß die Erde der grüne Stern in ihrem Himmel war – manchmal war er blaugrün, aber die Größe, die ihm von den Medien verliehen wurde, hatte er nie.
    „Komm, das sehen wir uns an“, sagte Janet. „Ich habe Lust auf Nachrichten.“
    Die aufrechte Gestalt eines Nachrichtensprechers wirbelte wie ein Propeller vor dem Hintergrund der Sterne, wurde immer größer, bis die Gestalt aufrecht und lebensgroß zum Stehen kam. Der braunhaarige Mann trug den einteiligen Anzug aus grauem künstlichem Tweed mit dem Tunika-Kragen, wie er in den großen Städten beliebt war.
    „Guten Morgen. Ich bin Frank Eiseley.“ Plötzlich schwebte er vor der roten Kugel des Mars. „Der Transporter Poseidon ist bei seinem Anflug auf die Deimos-Docks, die den Mars umkreisen, explodiert.“ Die Gestalt des Reporters flog auf den kartoffelförmigen Mars-Mond zu. „In Berichten offizieller Kreise von Mars City heißt es, daß die Rettungsschlepper kaum Trümmer gefunden haben. Die gesamte Besatzung von einhundertdrei Mann ist wahrscheinlich

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