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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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setzte sich auf das Bett und dachte an den großen Bulerit-Stab, der tief in den Kern der Erde versenkt war, ein unzerstörbarer Hahn, der genug Wärme abzapfte, um einen Kontinent zu beleuchten. Das hatte er möglich gemacht, ebenso wie er den Markt für die Anwendungsbereiche von Bulerit geöffnet hatte. Das konnte ihm niemand abnehmen. Andere konnten gern später mit Carlos’ Theorien herumspielen.
    Er stand auf und schlenderte zu dem offenen Fenster. Er erinnerte sich an den blauen Bikini, den Janet am Cocoa Beach getragen hatte, als er sie das erstemal getroffen hatte. Er war für die Ermutigung in ihrem Gruß dankbar gewesen. Der Himmel, der Sand und das Meer waren so sehr viel beeindruckender gewesen als der grüne Junge, der vom College in die Ferien gegangen war.
    Er war voll von Bewunderung für seinen Vater gewesen und hatte ihr die Ohren von einer Karriere in Physik vollgeredet. Die Geschichte hatte damals noch aufgerollt in ihm geruht, aber er hatte schon damals gewußt, daß er sie irgendwie enttäuschen würde. Sie bestrafte ihn noch immer dafür, daß er nicht wie Carlos war.
    Jack sog die salzige Luft tief in seine Lungen. Der warme Windhauch, der sein Gesicht berührte, gab ihm ein Gefühl von Sicherheit, doch dann zitterte er plötzlich, zitterte am ganzen Körper. Das war die Seeluft, sagte er sich, die die Spannungen löste, die sich bei der Party angestaut hatten.
    Er hätte nicht in das Haus in Neu-Mexiko gehen sollen; dieser Teil seines Lebens war schon seit langer Zeit vorbei. Seine Familie war eine seltsam rückständige Gruppe von Fremden, die nicht in der Lage waren, ihn in einer anderen als rein persönlichen Hinsicht zu betrachten. Janet war klug genug, um der Gesellschaft nutzen zu können; Sam wurde von Trotteln in Instituten unterstützt, die nur Qualifikationen und Titel verstanden; Richard hatte wie alle jungen Leute zu viele gesetzliche Rechte – er ignorierte seine Mutter, aber auf Sam hörte er. War Sam für ihn eine Vaterfigur, oder war Richard wirklich nur an Sams philosophischen Arbeiten interessiert?
    Ich brauche keinen von ihnen. Bis der Abend kam, hätte er die Ärgernisse der Party auf jeden Fall überwunden.
    Einen Augenblick lang erinnerte er sich an Janets jugendliche, scheue Umarmung, den feinen Bau ihrer Arme und Schultern, ihr schwarzes Haar in seinem Gesicht. Er fragte sich, wie sie wohl jetzt unter ihren teuren Kleidern aussah. Wie schön Erica auch war, so war ihm doch klar, daß sie nie Janet werden konnte. Erica war schüchtern und ängstlich, nicht so intelligent, leicht zufriedenzustellen, oder so sah es zumindest aus. Er bezweifelte nicht, daß sie ihn liebte. Er war sehr darauf bedacht, ihr nie zu zeigen, daß er sie nicht liebte – es wäre unerträglich, ohne sie zu sein. Janet war jetzt frei, und er würde nie wieder nach ihr rufen, auch wenn Sam nicht daran beteiligt wäre. Woher kommt es, fragte er sich, daß soviel Glück verlorengeht, wenn wir mit denen brechen, die mit uns ihr Leben begonnen haben? Welche seltsame Prägung bringt uns dazu, so zu leben, als würden sie uns beobachten? Warum sind wir so abhängig von ihnen und stehen immer unter dem Druck, ihre Billigung, ihren Neid, ja sogar ihren Haß zu gewinnen? Das war alles Unsinn, sagte er sich und spürte, wie seine gewohnte Ruhe zurückkehrte.
    Er schaute über das sonnenbeschienene Wasser, und sein Blick blieb an der weißen Unterseite eines Vogels haften, der unter Schreien durch den Himmel zog. Die Explosion erfaßte ihn von hinten und schleuderte ihn hinaus auf das Sonnendeck, wo er schwer atmend liegenblieb und seine Arme in einem sinnlosen Akt der Umklammerung um seinen Körper schloß. Sein rechtes Auge starrte in die grelle Sonne, sein linkes Auge war blind. Sein schmerzerfülltes Bewußtsein huschte durch seinen Körper und war von der Zerstörung entsetzt. „Janet“, flüsterte er, als die nächste Explosion ihn …
     
    Es war ein heller Tag, unwirklich in seiner durchscheinenden Klarheit. Richard sah hinter den fünf Bestattungs-Hovercrafts her, die langsam vor dem Fahrzeug herschwebten, das er mit Janet und Sam teilte. Das Sonnenlicht vergilbte den grasbewachsenen Weg zwischen den Bäumen, und der Wind brachte die Blätter der Eichen zum Zittern. Der Tag schien sich ihm zu entblößen, nichts vor ihm zu verstecken.
    Sechs Flugfahrzeuge, die altmodischen schwarzen Limousinen mit Vorhängen vor den Fenstern und mit Ledersitzen ähnelten, trugen Freunde und Verwandte zu dem

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