Malerische Morde
etwas in das Funkgerät: »Einen Krankenwagen! Aber schnell! Wir haben hier einen Verletzten!« Er wollte gerade einhängen, als er noch rasch hinterherschickte: »Und wenn nicht bald die anderen hier sind, hauen die uns ab, habt ihr das kapiert?«
»Leg dich hin«, sagte Jörg Luxen vom Fahrersitz. Er steuerte den Wagen ruhig, mit äußerster Konzentration. Der Abstand zwischen den beiden Autos verringerte sich von Sekunde zu Sekunde. Er erlaubte sich keinen noch so kurzen Blick in den Rückspiegel.
Herbie verfolgte voller Spannung die Fahrt. Die Fichten flogen rechts und links der Straße als schwarze Schatten vorbei. Sie hatten das Haus des Kunstsammlers links liegen gelassen, dessen Haustüre immer noch weit offen stand. Herbie hatte nur einen kurzen Seitenblick dafür übriggehabt.
Fein, dass du die rote Schrottkarre da vorne noch mal ordentlich vollgetankt hast, bevor wir hierher gefahren sind
. Julius hatte den Blick starr nach vorne gerichtet und vermittelte den Eindruck, als gucke er ein Endspiel im Fernsehen.
Ach nee! Sieh mal, was da kommt
.
Voller Entsetzen erkannte Herbie das Gemälde seiner Tante, das durch die offene Kofferraumklappe herausglitt und für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft zu schweben schien. Als es auf der Straße aufschlug, wurde auch die Schnur sichtbar, die Herbie halb darum gewickelt hatte, als er im Begriff gewesen war, es wieder zu verpacken, und die sich jetzt offenbar irgendwo im Inneren des Autos verheddert haben musste. Das Bild wurde hinterhergeschleift und schlug immer wieder auf dem Asphalt auf. Die Leisten des Bilderrahmens sprangen in alle vier Himmelsrichtungen davon und die Leinwand zerflatterte in Fetzen – aber der Strick hielt.
»Verdammt!«, rief Willems. »War das das Gemälde, das …«
»Nein«, sagte Herbie müde und klammerte sich an den Kopfstützen der beiden Vordersitze fest. »Keine Sorge. Völlig unbedeutend.« Ihm wurde übel. »Wieso wart ihr so schnell da? Wart ihr irgendwo in der Nähe?«
Willems verneinte. »Sollte heute eigentlich ein ruhiger Innendienst werden. Nach dem Polterabend gestern …« Er rang sich ein knappes Lächeln ab. »Da hat uns einer aus Üxheim angerufen. Der hat zwei Bilderdiebe beobachtet«, sagte er. »Sind das die Zwei da vorne?«
Herbie bejahte. »Das Bild ist in Sicherheit. Der alte Kunstsammler hat es klauen lassen. Ich erzähl’s euch später.«
Als der rote Wagen an einer Weggabelung rechts abbog, schrie Luxen hinter dem Steuer begeistert auf. »Da kommen sie nicht weit. Der Weg endet am Beuerhof. Wir haben sie, Uli! Gleich haben wir sie!«
Im Rückspiegel konnte Herbie das Gesicht des jungen Polizisten sehen. In die Augen von Jörg Luxen war ein fiebernder Glanz getreten.
»Na, schon Brötchen geholt, heute?«
Es dauerte einen Moment bis einer der beiden reagierte. »Was?«, fragte Willems. »Wie, Brötchen?«
Herbie blieb ganz ruhig. »Die Brötchen, die man in Gillenfeld bekommt. Die Laugenbrezeln extra. Kommt, Jungs, ihr wisst schon.«
Willems warf einen fragenden Blick zu seinem Kollegen hinüber. »Was meint der?«
»Erzähl’s ihm, Jörg«, beharrte Herbie. »Die Brötchen, für die man nie und nimmer am Holzmaar vorbeifahren muss. Ich hab mir das mal angesehen. Die Straße führt da gar nicht vorbei.«
Willems fuhr herum. »Was erzählst du uns denn da für ’ne Scheiße? Wir sind hier in action, mein Freund.«
»Halt jetzt einfach deine Klappe! Wir sind einen kleinen Umweg gefahren«, stieß Jörg hervor: »Na, und?«
Aber Herbie ließ nicht locker. Er beobachtete aufgeregt Jörgs Gesicht. Das triumphierende Grinsen, das dieser noch vor wenigen Sekunden aufgesetzt hatte, verschwand. »Ist doch so, oder? Jörg? Wenn ich einen kenne, der wirklich davon profitiert hat, dass die Nati für immer die Augen zugemacht hat, dann doch wohl der Vater des Kindes, oder? Jörg?«
Der Kombi schoss auf den Bauernhof zu. Plötzlich blinkten die Bremsleuchten auf und der Wagen geriet ins Schlingern. Jörg hielt drauf.
»Karneval in Hillesheim. Eine schnelle Nummer mit Nati … Heidewitzka. Die Verlobte erfährt ja nichts … Hat sie dich erpresst?« Herbie leckte sich das Blut aus dem Mundwinkel. Er war sehr aufgeregt. Jörgs Wangenknochen arbeiteten. Seine Hände krampften sich um das Lenkrad.
»Halt deine dumme Schnauze!«, schrie Willems. »Das war doch ein Stück Dreck, verstehst du? Die wollte doch nur Kohle, verstehst du?« Und an Herbie gewandt, fuhr er fort: »Es war meine Idee am Holzmaar
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