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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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betrachtete die Wellen, die so unberechenbar und ungestüm sein konnten wie das Gemüt seines Vaters.
    »Es tut mir leid.« Mit diesen Worten endete es immer. Tatsächlich, es tat Malachai Marí jedes Mal leid, dass er zugeschlagen hatte. Doch warum, fragte sich Jordi, machte er es dann immer und immer wieder?
    »Du bist ungeschickt!«, herrschte sein Vater ihn oft an. Viel zu oft – und noch viel öfter, wenn er getrunken hatte. Eine Ohrfeige handelte sich der hochgewachsene Junge mit dem braunen Haar und den traurig dunklen Augen dann ein, ein Tritt ins Hinterteil oder einen kräftigen Stoß in die Rippen. Sein Vater konnte seinem Unmut auf vielfältige Weise Ausdruck verleihen. Es war sogar schon einmal vorgekommen, dass er mit einem Holzscheit oder gar einem Kochtopf nach dem Jungen geworfen hatte. »Warum, verdammt noch mal, habe ich keinen Jungen, der ein richtiger Junge ist?«, tobte er und hielt Jordi all die Dinge vor, die ein Junge in seinem Alter können müsse – und dummerweise waren dies alles Dinge, die Jordi nicht besonders gut beherrschte.
    Früher hatte Jordi sich Mühe gegeben, hatte versucht, alles richtig zu machen. Doch mit der Zeit hatte er gemerkt, dass, egal, wie sehr er sich auch anstrengte, es doch nicht gut genug für Malachai Marí war. Fast schien es, als warte sein Vater nur darauf, dass ihm ein neues Unglück widerfuhr. Er spürte die lauernden, abwartenden Blicke in seinem Rücken, und das verunsicherte ihn noch mehr.
    »Du bist wie deine Mutter, die war auch zu nichts zu gebrauchen.« Die Worte tropften wie glänzendes Gift von den Lippen seines Vaters. Ganz hasserfüllt konnte das unrasierte Gesicht sein, wenn er so sprach.
    Jordi starrte seinen Vater meist nur stumm an. Und Malachai Marí raunte nach einer Weile des Schweigens. »Das… wollte ich nicht sagen.«
    Beide sprachen dann lange nichts mehr. Viel zu lange. »Wo ist Mama hingegangen?« Nur einmal hatte Jordi seinem Vater diese Frage gestellt.
    Malachai Marí hatte ihn geohrfeigt. »Das soll uns egal sein.« Tränen hatten in den Augen des Mannes gebrannt. »Sie ist fort, und das ist alles, was für uns von Bedeutung ist.«
    Abends hatte Jordi vor dem runden Fenster in seinem Zimmers gekniet und nach draußen geschaut.
    Die Lichtkegel waren über die Felsen und die Wellen gewandert und ein sanfter Wind war ihm ins Gesicht geblasen, gerade so, als wolle er ihn trösten. Doch sofern der lauwarme Meereswind Worte ausgesprochen hatte, so wenig hatte Jordi diese verstehen können. Trotzdem war es ein leiser Trost gewesen, irgendwie.
    Die Welt, in der er aufgewachsen war, war noch immer die Welt, in der er jetzt lebte. Es gab den Leuchtturm und den Lichtleuchter, der sein Vater war. Es war der Leuchtturm, für den sie lebten. Es war ihrer beider Aufgabe, den Schiffen zu leuchten. Die Gezeiten und das Wetter bestimmten ihren Tagesablauf und ihre Gedanken.
    Das war Jordis Leben. Und er hatte sich damit abgefunden.
    Doch dann kam der seltsame Tag, an dem Jordi das fliegende Schiff erblickte, und alles, aber auch wirklich alles, sollte sich für ihn verändern.
    »Mir ist kalt«, dachte er nur und fragte sich, warum er die fliegende Galeone mit den gewundenen Gebläsemaschinen und den Segeln aus Nacht nicht schon früher bemerkt hatte. Keine zwei Seemeilen entfernt schwebte sie still und leise am Leuchtturm vorbei.
    Jordi stand oben beim Drehfeuer und hatte gerade erst damit begonnen, die Fensterscheiben zu putzen, als er ihre Anwesenheit spürte. Einen Moment nur hatte er geglaubt, dass ihn ein Schatten gestreift haben mochte. Dann hob er den Blick und sah hinunter auf das klare Blau des Meeres, wo die rastlosen Gischtgeister ihre Wellentänze aufführten.
    Die Galeone nahm mit geblähten Segeln direkten Kurs auf Port Vell.
    »Wo kommt sie nur her?« Jordi wusste, dass niemand da war, um ihm eine Antwort zu geben, und er war froh darum. Sein Vater lag mal wieder unten auf dem Küchenboden, um ihn herum die leeren Flaschen.
    In nahezu zwanzig Metern Höhe schwebte das fliegende Schiff über dem Wasser. Es war uralt, sein Rumpf pechschwarz und rund wie der gedrungene Hinterleib einer fetten Kreuzspinne. Faulige Seeschneckengehäuse und modriger Seetang klebten daran. Die Galeone mochte noch vor gar nicht langer Zeit im Wasser gefahren sein.
    »Meduza.«
    Jordi zuckte beim Klang der rauen Stimme zusammen. Sein Vater stand plötzlich hinter ihm und starrte mit rot geränderten Augen auf das fliegende Schiff. Dann hustete er und stieß

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