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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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noch die niedrige Decke des Tunnels gewesen war und eine Begrenzung dargestellt hatte, an der man sich zumindest ein bisschen hatte orientieren können, war nun der weite, weite Himmel und es schien, als läge unter der Gezeitengondel ein bodenloser Abgrund aus einem hellen Azurblau, das durchsetzt war von kleinen Wolken.
    »Schließ die Augen«, sagte Ramon und trat hinter sie.
    »Wie kommen wir hier raus?«
    Die Gezeitengondel fuhr an den Steg heran. Catalina sah die Unterseite, die im Schatten lag.
    »Wir steigen aus«, sagte Ramon ganz selbstverständlich, »wie man normalerweise aussteigt.«
    Sie bewegte sich nicht von der Stelle.
    »Du springst einfach über Bord.«
    »Dann falle ich aber nach unten.« Sie würde in den azurblauen Himmel hineinfallen. Oder aber in den Abgrund, zu dem der Himmel geworden war. Es wäre ein bodenloser Fall und…
    »Stell dich nicht an.«
    Beleidigt entgegnete sie: »Ich stelle mich nicht an!«
    »Lehn dich vornüber, greife ins Wasser und halte dich am Steg fest.«
    »Und dann?«
    »Lässt du dich fallen.«
    Das alles gefiel Catalina gar nicht. Aber welche Möglichkeiten blieben ihr?
    Ramon stand immerhin hinter ihr und hielt sie an den Schultern fest. »Es wird dir nichts zustoßen«, versprach er ihr.
    Hatte sie eine Wahl? Catalina beugte sich vornüber und sah, wie ihre Zöpfe in Richtung der Wasserunterfläche zeigten. Fast schien es, als würde der Himmel sie an den Zöpfen zu sich ziehen wollen. Der Aquamarin baumelte ihr vor dem Gesicht. Mit beiden Händen berührte sie das Wasser. Sie griff nach unten und doch glaubte sie, die Hände hoch in den Himmel hinaufzustrecken.
    Dann spürte sie einen Stoß. »Jetzt!«, rief Ramon und sie fiel vornüber in die Tiefe.
    Sie bekam den Steg zu fassen, rutschte kurz ab, griff erneut zu. Schnell schloss sie die Augen, und als sie sie wieder öffnete, da sah sie vor sich die Sagrada Família in den Himmel ragen, in der Perspektive, wie sie Catalina seit jeher kannte. Ramon der Rabenkater hockte schon oben auf dem Steg, ergriff ihre Hand und zog sie in einer einzigen fließenden Bewegung zu sich hinauf.
    »Wir müssen uns beeilen«, drängte er und deutete in den Himmel.
    Drüben, über La Riberia, schwebte die Meduza über den Dächern. Sie kam auf die Kathedrale zugeflogen. Die dunklen Segel waren gebläht und sie schwebte schnell durch die Lüfte.
    Ramon der Rabenkater fauchte.
    Und Catalina Soleado wusste, dass ihnen die Zeit davonlief.

Arxiduc
    Karim Karfax betrachtete La Riberia durch die lichtdämpfenden Gläser seiner Sonnenbrille. Den Kragen des Mantels hatte er hochgeschlagen, sodass die Kälte ihm auch im grellen Sonnenlicht nichts anzuhaben vermochte. Er war ruhig und abwartend.
    La Sombría, die ihm den Aufenthaltsort von Sarita Soleado verraten hatte, war nun still. Sie schwieg und das kalte Herz, das in ihm schlug, fühlte sich ein wenig einsam an ohne sie. Aber Karim Karfax wusste, dass er sich keine Gedanken machen brauchte. La Sombría vertraute ihm. Sie legte alles Weitere, was zu tun war, in seine Hände. Ihr Vertrauen ehrte ihn und er wusste, dass sie in sein kaltes Herz zurückkehren würde.
    Er schritt an Deck auf und ab.
    Tief unter ihm hoben die Menschen in der singenden Stadt die Köpfe und sahen zu dem fliegenden Schiff empor. Die armen Tröpfe! Sie hatten nicht die geringste Ahnung, was bald schon mit Barcelona geschehen würde. Karim Karfax hatte die Menschen nie gemocht. Die meisten von ihnen waren dumm und rochen nicht gut und sie verdienten das Schicksal, das er ihnen zuteil werden ließ, mit jeder Faser ihrer kümmerlichen Existenz.
    Er wendete seinen Blick dem Vorderdeck zu.
    Dampf aus den Gebläsemaschinen wehte über die Decks. Die Segel weit gebläht, lief die Meduza volle Kraft voraus. Karfax’ Mannschaft war bereit.
    Nur noch wenige Augenblicke und sie würden die Kathedrale erreichen. Die Meduza würde an einem der Spitztürme anlegen.
    Mit ein wenig Glück würde das Mädchen auch dort sein. Der Finsterfalter, den er vor Stunden aus einer Laune heraus geschaffen hatte, war zurückgekehrt. Weitere Finsterfalter waren erschaffen worden. Es war die Art und Weise, wie die Schatten von der Welt Besitz ergriffen. Jeder, der sie in sich trug, konnte sie weitergeben. So funktionierte die Welt, über die La Sombría gebot.
    Der Finsterfalter hatte ihm von dem Angriff seines Schwarms auf das Mädchen berichtet. Ein letztes Mal hatte die Kleine entkommen können, aber das würde ihr nichts nützen.
    Bald

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