Malloreon 1 - Herrn des Westens
ein Punkt für sie«, sagte König Cho-Hag zu Garion.
»Da muß ich zustimmen«, bestätigte Garion.
»Jedenfalls«, fuhr die drasnische Königin fort, »halten sich ganze Bataillone von gehirnlosen jungen mimbratischen Rittern in Vordue auf, die alle Banditen spielen und nach Belieben brandschatzen. Die Vorlues haben keine eigenen Streitkräfte, darum schreien sie nach Hilfe durch die Legionen. Meinen Leuten gelang es, eine Abschrift von Varanas Antwort in die Hand zu bekommen.« Sie faltete ein Schriftstück auf und las: »›An die Regierung des Königreichs Vordue. Seid gegrüßt. Euer kürzliches Ersuchen um Hilfe überrascht Uns. Gewiß möchten die hochgeborenen Herren von Tol Vordue nicht, daß Wir die Souveränität ihres neugegründeten Königreichs verletzen, indem Wir tolnedrische Legionen über ihre Grenzen entsenden, um ein paar arendische Briganten niederzuwerfen. Die Erhaltung öffentlicher Ordnung ist oberste Verantwortung jeglicher Regierung, und Wir würden nicht im Traum daran denken, Uns mit Unseren Streitkräften in diese inneren Angelegenheiten einzumischen. Täten Wir es, würden besonnenen Menschen auf der ganzen Welt Zweifel über die Lebensfähigkeit Eures neuen Staates kommen. Wir schicken Euch jedoch Unsere besten Wünsche für Eure Bemühungen bei der Bewältigung dieser ganz und gar internen Schwierigkeiten.«
Anheg fing heftig zu lachen an und schlug begeistert die Faust auf den Tisch. »Ich würde sagen, das sollten wir begießen!«
»Ja«, pflichtete ihm Garion bei. »Wir wollen anstoßen auf die Bemühungen der Vordues, die Ordnung wiederherzustellen.«
»Meine Herren, ich nehme an, Ihr entschuldigt mich«, sagte Königin Porenn. »Keine Frau kann je hoffen, es mit den Königen von Alorn aufzunehmen, wenn ernsthaftes Trinken angesagt ist.«
»Selbstverständlich, Porenn«, versicherte ihr Anheg großmütig. »Wir werden sogar Euren Anteil mittrinken.«
»Ihr seid zu gütig«, murmelte sie und zog sich zurück.
Ein großer Teil des folgenden Abends lag für Garion hinter einem dichten Schleier. Er glaubte sich vage daran zu erinnern, daß er mit Anheg an einer und Brand an der anderen Seite durch einen Korridor geschwankt war. Sie hatten die Arme einander um die Schultern gelegt und waren auf eine merkwürdig einheitliche Art getorkelt. Sogar an das, was sie gesungen hatten, erinnerte er sich verschwommen. Wenn er nüchtern war, sang Garion nie. In jener Nacht aber fand er Singen als das Natürlichste und Vergnüglichste auf der Welt.
Noch nie zuvor hatte er übermäßig getrunken. Tante Pol war gegen Trinken gewesen, und wie bei fast allem hatte er sich nach ihrer Meinung in dieser Sache gerichtet. Deshalb traf der folgende Morgen ihn völlig unvorbereitet.
Ce'Nedra war alles andere denn mitfühlend. Wie jede Frau seit Anbeginn der Zeit genoß sie selbstgefällig das Leid ihres Gemahls. »Ich habe dir doch gesagt, daß du zuviel trinkst«, erinnerte sie ihn.
»Bitte nicht«, bat er und hielt den Kopf zwischen den Händen.
»Deine eigene Schuld!«
»Bitte, laß mich allein«, flehte er sie an. »Ich versuche zu sterben.«
»Oh, ich glaube nicht, daß du sterben wirst, Garion. Du wünschst dir vielleicht, du könntest es, aber du wirst nicht sterben.«
»Mußt du so laut sprechen?«
»Oh, wie wir alle deinen Gesang genossen haben«, gratulierte sie ihm. »Ich glaube wahrhaftig, du hast einige Noten erfunden, die es bisher nicht gab.«
Garion stöhnte und grub das Gesicht in die zitternden Hände.
Der alornische Rat dauerte noch eine weitere Woche. Vielleicht hätte man ihn sogar fortgesetzt, wäre nicht eine Sturmwarnung gegeben worden, die erforderte, daß die Gäste zum Festland zurückkehrten, solange das Meer der Stürme noch schiffbar war.
Einige Tage später ersuchte Brand, der hochgewachsene, alternde rivanische Hüter, um eine Privataudienz bei Garion. Es goß in Strömen, und wahre Bäche rannen über die Fensterscheiben von Garions Arbeitsgemach, als die beiden sich in bequemen Sesseln gegenübersaßen. »Darf ich offen reden, Belgarion?« fragte der große Mann mit den traurigen Augen.
»Ihr wißt, daß Ihr das nicht zu fragen braucht.«
»Die Sache, um die es geht, ist persönlich. Ich möchte Euch nicht kränken.«
»Sagt, was Ihr meint, das gesagt werden muß. Ich verspreche Euch, nicht beleidigt zu sein.«
Brand blickte durch das Fenster auf den grauen Himmel und den sturmgepeitschten Regen. »Belgarion, es sind nun fast acht Jahre, daß Ihr und
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