Malloreon 2 - König der Murgos
an. »Ich stelle sie unter meinen persönlichen Schutz.«
Urgit blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Heilige Priesterin«, sagte er, »ich will ganz offen sein. Ich glaube nicht, daß Euch zu trauen ist. Eure persönliche Feindschaft gegenüber diesem Nyissaner könnte nicht einmal ein Blinder übersehen. Und er ist viel zu wertvoll, um ein Risiko einzugehen. Ich fürchte, Ihr wäret nicht imstande, Euch zurückzuhalten, wenn sowohl Agachak als auch ich aus der Stadt sind. Ich nehme Ussa und seine Leute mit – nur um sicherzugehen. Wenn der Dagash von Kahsha ankommt, dann schickt ihn nach.«
Chabats Augen wurden hart, und ihr Gesicht verzerrte sich. »Der Zweck der Mission nach Rak Hagga ist, eine Prophezeiung zur Erfüllung zu bringen«, sagte sie eisig. »Und die Erfüllung einer Prophezeiung ist ohne Zweifel Sache der Kirche!«
Urgit holte tief Luft, dann richtete er sich aus seiner gewöhnlich leicht gebückten Haltung hoch auf. »Die Mission ist auch eine Staatsangelegenheit, heilige Priesterin. Agachak und ich arbeiteten in dieser Sache Hand in Hand, und in seiner Abwesenheit liegt die Autorität allein in meiner. Ussa und seine Leute kommen mit mir, und Ihr werdet Eure Grolims zum Tempel zurückführen und dort auf die Rückkehr des Hierarchen warten!«
Seine plötzliche Festigkeit erschreckte Chabat sichtlich. Offenbar hatte sie damit gerechnet, mögliche schwache Proteste seinerseits mit Härte abzutun. Doch dies schien ein völlig anderer Urgit zu sein. Die flammengleichen Narben auf ihren bleichen Wangen wanden sich. »Es sieht so aus, als würde unser König endlich erwachsen. Ich glaube jedoch, daß Ihr es bedauern werdet, zu diesem Zeitpunkt Mann zu werden! Seht genau zu, Großkönig der Murgos!« Sie bückte sich, und mit etwas, das sie in der Hand hielt, malte sie Zeichen auf die Steine des Piers – Symbole, die in unheiligem Licht aufglühten.
»Garion!« rief Silk erschrocken. »Halt sie auf!«
Garion hatte bereits selbst den glühenden Kreis bemerkt, den Chabat auf die Steine gezogen hatte, und den leuchtenden fünf zackigen Stern, den sie jetzt in seiner Mitte zeichnete.
Er erkannte die Bedeutung der Symbole sofort. Er machte einen raschen Schritt auf Chabat zu, gerade als sie in den schützenden Kreis trat und anfing, Worte in einer unbekannten Sprache zu murmeln.
Doch so rasch Garion war, Polgara war noch schneller. »Chabat!« sagte sie scharf. »Hört auf! Das ist verboten!«
»Nichts ist verboten, wenn man die Macht hat«, erwiderte die Priesterin. Ihr entstelltes und doch schönes Gesicht leuchtete vor überwältigendem Stolz auf. »Und wer könnte mich daran hindern?«
Polgaras Gesicht wurde grimmig. »Ich«, sagte sie ruhig. Mit einer merkwürdigen Geste, als hebe sie etwas, nahm sie eine Hand hoch, und Garion spürte die Kraft ihres Willens. Das trübe Wasser, das gegen die Pfeiler des Piers schlug, schwoll langsam an, bis es über den Pier spülte und sich um die Füße der Dortstehenden kräuselte. Es wusch Chabats glühende Symbole von den Steinen.
Die Grolimpriesterin sog laut den Atem ein und starrte Polgara an, bis sie zu begreifen schien. »Wer seid Ihr?« fragte sie.
»Jemand, der Euer Leben rettet, Chabat«, antwortete Polgara. »An der Bestrafung für Dämonenbeschwörung hat sich nie etwas geändert. Es könnte Euch vielleicht ein- oder zweimal gelingen, vielleicht sogar öfter, aber schließlich würde der Dämon sich gegen Euch wenden und Euch in Stücke reißen. Nicht einmal Torak in seinem Wahnsinn hätte es gewagt.«
»Aber ich wage es! Torak ist tot, und da Agachak nicht hier ist, kann er mich auch nicht aufhalten. Niemand kann es!«
»Ich schon, Chabat«, entgegnete Polgara ruhig. »Ich werde es nicht zulassen.«
»Und wie wollt Ihr mich daran hindern? Ich habe die Macht.«
»Die meine ist größer.« Polgara ließ ihren Umhang auf die Steine vor ihren Füßen fallen und schlüpfte aus den Schuhen. »Es mag Euch ja gelungen sein, Euren Dämon zu beherrschen, als Ihr ihn das erste Mal beschworen habt«, sagte sie. »Doch Eure Kontrolle über ihn ist nur zeitweilig. Ihr seid nicht mehr als die Tür, durch die er diese Welt betritt. Sobald er seine volle Kraft in sich spürt, wird er Euch vernichten, und dann kann er auf dieser Welt nach Belieben wüten. Ich bitte Euch, meine Schwester, tut es nicht. Euer Leben – und Eure Seele – befindet sich in Todesgefahr!«
»Ich fürchte mich nicht«, rief Chabat höhnisch. »Nicht vor meinem Dämon
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