Du bes Kölle: Autobiografie
Du bes Kölle: Autobiografie
Engel, Tommy
Kiepenheuer Witsch Verlag (2012)
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»Ich bin kein Engel, ich heiße nur so.«»Ich bin immer im Dienst«, sagt
Tommy Engel von sich selbst. Denn wenn der Trommler, Sänger und
Ex-Frontmann der Bläck Fööss das Kölner Trottoir betritt, wird er
unweigerlich erkannt. Das kölsche Milieu, in das er dann eintaucht,
kennt er aus der sprichwörtlichen Westentasche. Denn geboren wurde der
»Tommy« als zehntes Kind einer anderen kölschen Legende: Richard
»Rickes« Engel war einer der »Vier Botze«, die mit ihren Stimmungshits
und Parodien schon vor vielen Jahrzehnten die Säle zum Toben
brachten.Für die »Fööss« begann alles 1970, schon die zweite Single der
Band schlug ein wie eine Bombe: »Drink doch eine met«, das Lied über den
einsamen alten Mann und seine Einladung an die Theke. Tommy Engel und
seinen Mitstreitern kamen dabei ihre Herkunft aus der Beat-Generation
zugute. So erweiterten die Fööss das Spektrum der kölschsprachigen Musik
um Rhythmen, die man bis dato nur aus den anglo-amerikanischen
Hitparaden kannte.Fast ein Vierteljahrhundert verbrachte Tommy Engel mit
den Fööss. Viele ihrer Lieder von »En unserem Veedel« bis »Mer losse
d’r Dom en Kölle« wurden zu Hymnen. Umso schockierter waren die Fans
wegen seines Ausstiegs 1994.Mit seinen beiden Freunden Arno Steffen und
Rolf Lammers startete er bereits vor dem Ausstieg das Projekt L.S.E.,
das sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelte. Als sein musikalischer
Weg schließlich in eine Solo-Karriere mündete, schrieb Tommy Engel jenen
Evergreen, der auch diesem Buch seinen Namen gab: Du bes Kölle.Tommy
Engel blickt auf ein bewegtes Leben als Musiker, Kölner, Ehemann und
Vater zurück. Zu Wort kommt aber nicht zuletzt auch der politische
Engel: Schon die Fööss schufen zahlreiche Lieder, die sich an den
herrschenden Zuständen rieben. Mit seinem Einsatz für die »Arsch
huh«-Kampagne gegen Ausländerfeindlichkeit und für die Opfer des Kölner
Archiv-Einsturzes knüpft Tommy Engel nahtlos an dieses Engagement an.
Dieses Buch ist meiner Familie und meinen Freunden gewidmet, die über Jahre und Jahrzehnte, trotz allem, zu mir gehalten und mir ihre Liebe, Treue und Zuneigung geschenkt haben.
Für die wunderbare Zusammenarbeit an diesem Buch und die Geduld danke ich Bernd Imgrund, Anne Polch und meinem Verleger Helge Malchow.
Zum Anfang
KREIDE FRESSEN
Mein erster und einziger Fußballverein hatte einen seltsamen Namen: DJK Rheinwacht Sülz. Und unser Schlachtruf lautete damals in den 50ern noch: »Deutsche Jugendkraft – Heil!«
Unser Trainer war der Bäcker Brühne, ein verdammt harter Knochen. Seine Backstube lag auf der Berrenrather Straße, direkt neben dem heutigen Sülzer Grill . Selber kicken konnte er nicht. Der Brühne hatte nämlich einen Klumpfuß, der ihn vor dem Kriegseinzug gerettet hatte. Ich glaube, der Mann mochte uns Kinder, der ging regelrecht auf in dieser Jugendarbeit. Aber auf Ordnung und Pünktlichkeit wurde auch bei ihm schwer geachtet.
Ich bin bei der DJK direkt mit sechs Jahren eingetreten. Rhein-wacht Sülz war ein recht kleiner Verein, unser Platz lag am Fort Deckstein. Natürlich spielte ich auf Rechtsaußen, wie mein Idol Helmut Rahn. Der »Boss«, wie er genannt wurde, war einer der Helden von Bern, wo er im Jahr zuvor die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hatte. Wenn ich damals schon sein Tor zum 3:2 im Endspiel gegen die Ungarn hätte sehen können, wäre vielleicht ein anderer Fußballer aus mir geworden. Aber es gab ja kaum Fernseher, und ich war auch noch ein bisschen zu klein, um in eine Kneipe zu gehen.
Helmut Rahn zog immer wieder nach innen und schloss selbst ab. Ich hingegen erinnere mich nur an endlose Läufe entlang der rechten Außenlinie. Immer hoch und runter, hoch und runter, mit jedem Abschlag, bei jedem Konter. Die Aufgaben waren damals klarer verteilt, und meine bestand darin, die Flanken zu schlagen. Der Rechtsaußen war dazu da, den Ball an der Linie entlang nach vorne zu tragen und dann nach innen zu den Stürmern zu befördern. Und genau das tat auch ich, Kreide fressen. Bis es dann ein Ende hatte mit dem Fußball.
Eigentlich hatte ich sowieso immer auch ein bisschen Schiss gehabt. Vor allem, wenn mein Gegenspieler größer war als ich. Und der war meistens größer. Als Stürmer wird man permanent attackiert, und wenn es dann gegen Viktoria oder den SC West ging, hatte man es immer mit
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