Malloreon 5 - Seherin von Kell
Zeit nicht überleben, wenn es wenig Beute gibt.« »Ich werde mit ihr sprechen.« »Wird sie darauf hören?«
»Wahrscheinlich nicht, aber ich werde es trotzdem tun. Sie mag den Kleinen sehr und hat ihn gern in ihrer Nähe.«
»Ich werde ihm bald das Jagen beibringen müssen.«
»Ja, ich weiß. Ich werde es meiner Gefährtin erklären.«
»Ich danke dir.« Die Wölfin hielt inne und sah sich argwöhnisch um. »Seid vorsichtig«, warnte sie. »Etwas treibt sich in der Nähe herum. Ich habe es zwar nicht gesehen, aber mehrmals gewittert. Es ist sehr groß.« »Wie groß?«
»Größer als das Tier, auf dem du sitzt.« Sie deutete mit dem Kopf auf Chretienne. Der graue Hengst hatte sich einigermaßen an sie gewöhnt, und ihre Anwesenheit machte ihn nicht mehr ganz so nervös, aber Garion vermutete, daß ihm viel wohler wäre, wenn die Wölfin nicht ganz so nahe herankommen würde.
»Ich werde dem Rudelführer Bescheid geben«, versprach Garion. Aus irgendeinem Grund ging die Wölfin Belgarath aus dem Weg. Garion nahm an, daß ihr Benehmen etwas mit wölfischer Etikette zu tun hatte, mit der er nicht vertraut war.
»Dann werde ich meine Suche fortsetzen.« Sie stand auf. »Vielleicht stoße ich auf dieses große Tier, dann kann ich dir mehr sagen.« Sie hielt inne. »Seine Witterung verrät mir jedenfalls, daß er gefährlich ist. Es frißt alles – selbst Dinge, denen wir aus dem Weg gehen.« Sie drehte sich um und verschwand rasch und fast lautlos im Wald.
»Das ist wirklich unheimlich«, sagte Zakath. »Ich habe zwar schon öfter Menschen mit Tieren reden gehört, doch nie in deren Sprache.« »Das ist wohl eine Erbanlage«, antwortete Garion lächelnd. »Früher habe ich es selbst nicht für möglich gehalten. Immer sind Vögel zu Tante Pol gekommen und haben sich mit ihr unterhalten – meistens über ihre Eier. Vögel reden schrecklich gern über ihre Eier, weißt du. Sie können wirklich ziemlich albern sein. Wölfe sind viel würdevoller.« Er machte eine Pause. »Aber es ist besser, wenn du das vor Tante Pol nicht erwähnst.« »Warum, Garion?« Zakath lachte.
»Reine Vorsicht«, antwortete Garion. »Ich muß mit Belgarath sprechen. Halt die Augen offen. Die Wölfin sagt, daß sich ein Tier in der Gegend herumtreibt, das größer ist als ein Pferd und sehr gefährlich. Sie ließ durchblicken, daß es ein Menschenfresser sein könnte.« »Wie sieht es aus?«
»Sie hat nur seine Fährte gesehen und es gewittert.« »Ich werde aufpassen.«
»Gut.« Garion drehte um und ritt nach hinten, wo Belgarath und Tante Pol in ein Gespräch vertieft waren.
»Durnik braucht einen Turm irgendwo im Aldurtal«, sagte Belgarath soeben.
»Ich wüßte nicht warum, Vater«, entgegnete Polgara.
»Alle Jünger Aldurs haben einen Turm, Pol. Das ist so Sitte.«
»Alte Sitten leben fort – selbst wenn kein Bedürfnis mehr dafür ist.«
»Er wird studieren müssen, Pol. Wie könnte er das, wenn du ständig im Weg bist?« Sie bedachte ihn mit einem langen, eisigen Blick. »Vielleicht sollte ich andere Worte wählen.«
»Dann tu es und laß dir Zeit, Vater. Ich bin gern bereit zu warten.« »Großvater«, Garion zügelte sein Pferd, »ich habe mich gerade mit der Wölfin unterhalten. Sie sagt, daß ein sehr großes Tier im Wald ist.« »Ein Bär vielleicht?«
»Glaube ich nicht. Sie hat es mehrmals gewittert, und sie würde den Geruch eines Bären doch erkennen, oder meinst du nicht?« »Ich glaube schon.«
»Sie sagte es nicht mit diesen Worten, aber ich gewann den Eindruck, daß das Tier nicht sehr wählerisch bei der Auswahl seines Futters ist.« Er hielt kurz inne. »Bilde ich es mir bloß ein, oder ist sie eine ungewöhnliche Wölfin?« »Wie meinst du das?«
»Sie ist sehr geschickt mit Worten, trotzdem habe ich immer das Gefühl, daß sie eigentlich noch mehr zu sagen hat.«
»Sie ist intelligent, das ist alles. Ungewöhnlich bei weiblichen Wesen, aber nicht ausgeschlossen.«
»Welch faszinierende Wendung dieses Gespräch doch genommen hat«, bemerkte Polgara.
»Oh«, sagte der alte Mann, »du bist noch hier, Pol? Ich hatte gedacht, du hättest inzwischen etwas anderes zu tun gefunden.« Auch ihr zweiter eisiger Blick erschütterte Belgarath nicht im geringsten. »Warne die anderen lieber«, wies er Garion an. »Ein Wolf würde über ein gewöhnliches Tier kein Wort verlieren, also muß diese Kreatur etwas Ungewöhnliches sein, und etwas Ungewöhnliches ist wahrscheinlich gefährlich. Sag Ce'Nedra, sie soll zu
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