Maltas Geheimnis
sie zog Raul von der Kante weg hinüber zu Axel. Sie beobachteten, wie Jacomo das Seil, das immer noch über den Abgrund gespannt war, ergriff und sich hinüber zu hangeln begann. Alisha spürte, wie ein hysterisches Lachen in ihr aufstieg. Sie biss sich auf die Lippe und verfluchte Rauls Untätigkeit. Er saß völlig starr neben ihr und sah ihrem Mörder dabei zu, wie er immer weiter auf sie zu kam. Auch auf Axel war sie plötzlich sauer, weil der im Begriff war, seinen eigenen Tod zu verschlafen.
Jacomo kam immer näher und hatte fast die Mitte des Abgrunds erreicht, als sie merkte, wie Raul seine rechte Hand, in der er immer noch die brennende Fackel hielt, ein wenig höher hielt. Erst geschah überhaupt nichts, dann löste sich Faser für Faser das Seil an der Stelle wo die Flammen daran leckten. Jacomo riss die Augen auf, als er sah was Raul tat, doch es war zu spät.
Alisha verspürte nur wenig Erleichterung bei dem langgezogenen Schrei und dem dumpfen Aufprall, den sie hörte. Wieder ein Toter. Wann hörte dieser Albtraum endlich auf! Sie wollte aufwachen und alles war wieder in Ordnung! Jens würde gut gelaunt in ihr Hotelzimmer spazieren und sie aufziehen. Bei diesem Gedanken spürte sie einen dumpfen Schmerz in der Brust.
Sie registrierte nur noch am Rande, wie der Direktor etwas aus seiner Jackentasche hervorholte und in Rauls Richtung bewegte.
»Nein! Nicht schießen! Um Himmels Willen, nicht schießen!« Rauls Stimme riss sie aus ihrer Trance. Schießen? Da sah sie erst die Pistole, die in der Hand des Direktors lag. Der Lauf war direkt auf sie gerichtet.
Ein dumpfer Schlag gegen ihre Schulter ließ sie rückwärts über Axel fallen. Hart schlug ihr Kopf auf den Boden und sie schmeckte ihr eigenes Blut, was sich langsam und warm in ihrem Mund ausbreitete. Ein scharfer Geruch nach Eisen zog ihr in die Nase und ihr wurde übel.
Durch einen Schleier von Farben sah sie noch Rauls panisches Gesicht, dann wurde ihr schwarz vor Augen. Während sie in das warme Dunkel hinabglitt, war ihr, als hörte sie ein lautes Poltern. Axel war von der Decke gefallen, weil seine Klettergriffe abgerissen waren. Daher kam wohl das Poltern.
Axel.
Ein Gefühl der Geborgenheit überkam sie.
Dann spürte sie, wie sie fiel.
- 13 -
Ein Ritter mit einem riesigen Schwert hieb auf eine Truhe ein, aus der Goldmünzen und neunzackige Sterne quollen. Eine Frauenstimme lachte grell. Alisha kannte diese Stimme. Dann waren da plötzlich Männer. Überall und sie starrten sie an. Als sie an sich herabblickte war sie über und über mit Gold überzogen. »Dieser Schatz ist ja wirklich besonders wertvoll!«, die Stimme des Hoteldirektors hallte in ihrem Kopf wieder während plötzlich Raul auf sie zutrat. »Nein, Herr Direktor! Dieses Objekt muss in einem Museum ausgestellt werden!«, rief er während er sie von oben bis unten betrachtete. Er kam noch einen Schritt näher und plötzlich drückte er mit beiden Händen gegen ihre Schultern. »Nein!«, schrie Alisha doch sie spürte, wie sie den Boden unter ihren Füßen verlor und fiel. Immer tiefer und tiefer. Lautlos, wie eine Puppe. Ein schmerzhafter Ruck fuhr durch ihren Körper und sie sah ganz weit oben Rauls Gesicht, das lachend zu ihr herunter schauen. Da begannen auf einmal die Wände um sie herum zu beben und riesige Steinbrocken fielen auf sie herab. Sie versuchte ihr Gesicht mit den Händen zu bedecken, doch die Steine begruben sie unter sich. Das Poltern wurde immer lauter und erfüllte ihren Kopf. Doch jetzt wurde alles dunkel und sie spürte, dass das Geräusch ganz in ihrer Nähe war.
Alisha schlug die Augen auf und holte tief und rasselnd Luft. Wo war sie? Ihre Umgebung wirkte verschwommen und sie hatte das Gefühl, dass sich alles um sie herum drehte. Ganz allmählich kam ihre Erinnerung wieder und sie spürte, dass etwas Schweres auf ihren Beinen lag.
Wie in Zeitlupe drehte sie sich und richtete ihren Oberkörper auf. Das schwere Ding fühlte sich warm an.
So langsam dämmerte ihr, dass sie nicht in der Schlucht lag, von Felsbrocken verschüttet sondern in einem niedrigen, dunklen Gang.
Sie erkannte, dass sie wohl auf Axel gefallen war und Raul über ihren Beinen lag. Keiner der Beiden rührte sich.
Vorsichtig tastete sie nach ihrer Helmlampe. Doch bei näherer Untersuchung stellte sie fest, dass die bei ihrem Sturz wohl kaputt gegangen war.
Panik stieg in ihr hoch und sie fühlte sich völlig orientierungslos. Vorsichtig schob sie Rauls Körper zur Seite und
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