Maltas Geheimnis
nicht erst die Mühe gab, sich zu verbergen. Axel folgte ihr, treu wie ein Hund. Zwei Polizisten standen neben der Tür und musterten offensichtlich jeden Passagier.
Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte und drehte sich zu Axel um, als wollte sie mit ihm sprechen. Langsam, mit weichen Knien ging sie auf den Polizisten zu, der auch schon die Hand hob. Sie überlegte, ob es sich lohnen würde, loszulaufen. Sie wollte schon zu einem Spurt ansetzen, als sie eine herrische Handbewegung des Polizisten wahrnahm, die ihr andeutete schneller zu laufen. »Nun mach, dass du hier wegkommst, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!«, schien die Geste zu sagen. Lediglich Axel wurde intensiver von den Beamten begutachtet, aber trotz seines ramponierten Aussehens offensichtlich nicht für interessant genug eingestuft.
Erleichtert schritt sie schneller aus und zog Axel hinter sich her.
»Du hast doch wohl nicht gedacht, dass sie immer noch nach dir suchen, Alisha?«, fragte Raul und musste lachen, »wenn ich die Worte dieses Polizisten Michael, den Conzent bei der Polizeibehörde eingeschleust hatte, richtig deute, dann wurde nach dir nie gefahndet. Die suchen bestimmt nur wieder mal irgendeinen potentiellen Extremisten. Seit Malta in der EU ist, stehen wir wohl auch auf der Liste dieser Verrückten.«
Erleichterung machte sich in ihr breit und sie spürte wie die Anspannung der letzten Minuten von ihr abfiel. Bedeutete das, dass sie auch die Insel problemlos verlassen konnten?
Als sie in Rauls kleiner Wohnung ankamen, hatte sie erstaunlicherweise das Gefühl, in eine vertraute Umgebung zu kommen. Nichts hatte sich verändert. Ihre Geige stand unberührt an seinem Platz, als hätte sie dort auf sie gewartet.
Es wurden an diesem Abend nur noch wenige belanglose Worte gewechselt. Das Duschen war für sie der Höhepunkt des Abends. Selbst als das Wasser eiskalt wurde, genoss sie das Gefühl in vollen Zügen. Hunger hatte sie nach der kurzen Fressorgie vor dem Supermarkt keinen mehr. Nachdem sie Axel geholfen hatte, den verwilderten Bart abzurasieren, sah dieser augenblicklich wieder gesünder und menschlicher aus.
Sie durfte im Bett schlafen. Raul und Axel begnügten sich mit dem harten Boden – und es schien keinem von beiden etwas auszumachen.
Gott sei Dank hörte Axel in der Wohnung zu summen und zu dirigieren auf. Er schwieg einfach und schlief wohl auch als erster ein. Sie warf noch einige Male einen verstohlenen Blick auf Raul und spürte durch die Dunkelheit, dass auch er zu ihr hoch schaute. Aber sie rührte sich nicht und war froh, als ihr allmählich die Augen zufielen.
* * *
Jemand streichelte sie sanft. Ganz weich berührte er ihre Schultern, immer und immer wieder. Wer war der Fremde? Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen. Aber es war viel zu schön. Bestimmt würde er sich gleich zu ihr herunter beugen und sie zärtlich küssen. Es war so aufregend – und sie würde dann ihre Arme um seinen Hals legen und ihn ganz, ganz langsam an sich heranzie…
»Wach endlich auf, Alisha!«, hörte sie, statt zärtlichen Worten, eine harte Stimme, »Wie lange muss ich dich denn noch rütteln, ehe du wach wirst?«
Sie schreckte hoch. Das passte so gar nicht zu ihrem Traum.
»Wir haben heute noch eine Menge vor, Alisha. Steh endlich auf!« Da war kein Gefühl in der Stimme, nur unangenehmer Druck.
»Was sollten wir heute denn noch vorhaben? Ich will nach Hause, nach Berlin. Mir reicht´s hier.«
Rauls Wohnung, die ihr gestern noch so vertraut vorgekommen war, schien sie jetzt einzuengen und viel zu sehr an die letzten Tage zu erinnern.
»Das geht nicht.«, sagte Raul mit seltsam verzerrtem Gesicht. »Wir müssen erst noch mal zu den Klippen und Conzents Hubschrauberpiloten dazu kriegen, dass er verschwindet und uns künftig in Ruhe lässt. Oder glaubst du allen Ernstes, dass diese Familie nichts unternimmt, wenn sie herausbekommt, dass ihr Oberhaupt tot ist? Ich glaube der Pilot ist einer der letzten Conzents mit Einfluss, daher dürfte mit ihm unser Problem gelöst sein. Der Hoteldirektor, Jacomo und Michael waren, so wie ich das mitbekommen habe, die wichtigsten Mitglieder der Familie und die sind ja jetzt tot. Außerdem müssten wir sonst unangenehme Fragen über den Verbleib von Jens und Julia beantworten…«
Letzteres war Alisha auch schon durch den Kopf gegangen. Wahrscheinlich wäre es klug zu sagen, dass er allein irgendwo in Richtung Tunesien abgereist sei und sie ansonsten nichts wisse. Aber den Mann
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