Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
»Schwarz vor Augen«-Zwischenfall hatten Pausti und ich eine Woche Urlaub in der Provence gebucht. Sieben Tage all-inclusive bei einer großen französischen Urlaubskette, um den Berliner Fröstel-Temperaturen zu entkommen und endlich einmal ein paar Tage Auszeit zu dritt, aber auch zu zweit zu haben.
Und so kam es, dass Maxime mit der Bärchen-Gruppe im Mini-Club Bekanntschaft machte. Jeden Morgen abneun Uhr konnten die Kinder dort abgegeben werden. Dann wurden Bollerwagen-Ausflüge durch die Frühlingsnatur der Provence gemacht, im Mini-Restaurant Mittag gegessen und in kleinen Bettchen Mittagsschlaf gehalten. Die mühevolle sogenannte Eingewöhnungsphase, die sich in deutschen Kitas ja gerne mal vier Wochen hinziehen kann, wird hier einfach weggelassen.
Ja, ich höre sie schon, die Stimmen der Eltern mit den alternativen Erziehungsformen, die mich jetzt wahrscheinlich beschimpfen wollen und mir etwas von neurologischen Schäden an meinem Kind aufgrund dieser Erfahrung erzählen werden …
Aber offen gestanden fühlte es sich zwar am Anfang etwas komisch, aber auch gut und richtig an. Maxime war mittlerweile 16 Monate alt und konnte schon sehr wohl ausdrücken, was ihm gefiel und was nicht. Und bei der Aussicht, mit seinem Papa mal ein paar ruhige, vielleicht sogar romantische Stunden haben zu können, bekam ich vor Vorfreude eine Gänsehaut.
Tja, und so wurde es dann auch: romantisch. Pausti und ich schlenderten die nächsten Tage Arm in Arm durch das französische Dörfchen, aßen immer im selben kleinen Café am Marktplatz zu Mittag, bestaunten die pittoresken Häuser und natürlich auch die Boutiquen und hatten, wieder im Hotelzimmer angekommen, meistens sogar Nachmittagssex. Gegen drei holten wir Maxime dann im Mini-Club ab. Anfangs schmollte er dann zwar immer ein bisschen und würdigte uns auf dem Rückweg im Buggy keines Blickes, aber als wir vor dem Abendessen zu dritt noch auf dem Bett rumtollten und Blödsinn machten, hatte er das schon längst wieder vergessen …
Es tat gut, endlich einmal etwas Entspannung zu finden und zu merken, dass das Leben mit Kleinkind nicht immer nur eine reine Kraftprobe war. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Satz einmal sagen würde, aber: Fünf Tage all-inclusive-Urlaub ohne Geschirrspüler einzuräumen, ohne Wäsche waschen, ohne Spielzeug und Essensreste wegzuräumen, ohne öffentlichen Verkehrsmitteln hinterherzuhetzen, ohne Supermarkt-Einkaufsstress sind schon ein Stück vom Mama-Himmel. Nicht mehr und nicht weniger.
Am allerbesten aber tat der Urlaub unserer Beziehung. Also Paustis und meiner. Anderthalb Jahre nach Maximes Geburt, 500 Streits und Zoffereien merkten wir: Es gibt uns noch. Abgekämpft und zerrupft wie zwei alte Veteranen, die so einige Schlachten, vor allem gegeneinander, geschlagen hatten. Aber dennoch und gerade deswegen immer noch zusammen, und zwar mit einem Lächeln im Gesicht. Wir hatten unseren persönlichen Baby-Clash überstanden.
Baby-was? Na, der Baby-Clash! So nennen die Franzosen das, was jedes Paar zwei Jahre nach der Geburt ihrer Kinder durchmacht. Sie sehen sich zu wenig, sorgen sich nur ums Baby, haben viel Streit. Die Mama ist müde, der Papa genervt – ein Klassiker!
Französische Paare sagen sich dann: »Chéri, das sind nicht wir, es ist der Baby-Clash«, und vertragen sich (meistens) wieder.
Isa und ich haben mal darüber unter Freundinnen gesprochen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass man sich im ersten Jahr mit Baby eigentlich jederzeit sofort trennen kann. Gründe dafür gibt es täglich genug. Und Streits definitiv. Entweder man gibt diesen Impulsen nachund trennt sich, oder man reißt sich immer wieder zusammen, weil man sich liebt.
Isa und ich können stolz auf uns sein und glücklich, dass unsere kleinen Familien den Baby-Clash so unbeschadet überstanden haben. Ich habe zwar keine zuverlässige Statistik über die Trennungsraten von Paaren im ersten Babyjahr gefunden – wo soll man da auch ansetzen – allerdings sollen diese laut Experten, wie der Gründerin des Mütter-Hilfe-Vereins Wellcome, Rose Volz-Schmidt, erschreckend hoch sein, in manchen Artikeln liest man sogar von einer Trennungsquote von 50 Prozent.
Während unseres gemütlichen Frankreich-Urlaubs dachte ich viel über das Savoir-Vivre, über meine ganz persönliche Work-Life-Balance nach. Wie könnte ich es schaffen, immer so entspannt und glücklich zu sein und nicht wieder in die alte Stress-Tretmühle zurückzufallen? Könnte ich aus
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