Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte
selber helfen, wer weiß.
Auf jeden Fall hatte ich da wieder eine wunderbare Aufgabe, was mir viel geholfen hat, zu dem Zeitpunkt nicht völlig abzustürzen und mich nur noch in der Stadt oder auf Partys rumzutreiben.
Jetzt hatte ich also Schule, zu Hause schnell Hausaufgaben und lernen, dann ab in den Stall und am Wochenende dann Party. Viele verschiedene Welten und in allen bin ich aufgegangen. In der Schule gut und brav, zu Hause angepasst und die liebe Tochter, die keine Schwierigkeiten macht, im Stall ehrgeizig und selbstbewusst und am Wochenende eine völlig andere Nina, die die Sau rauslässt.
Aber ich hab das ganz gut hingekriegt, dachte ich zumindest!
Mit 18 hab ich meinen Führerschein gemacht. Jetzt konnte ich mich endlich frei bewegen. Meistens bin ich allein irgendwohin gefahren, weil ich mich nie festlegen wollte, wie lange und wo ich bleiben wollte und bei wem. Ich hab mich auch nie auf eine der vielen Cliquen festlegen lassen. Mal war ich mit der einen Gruppe weg, dann wieder mit einer anderen, nur keine Verpflichtungen oder zu enge Kontakte.
Im Stall gab`s den Riesenkrach, weil wir Mädels uns endlich aufgerafft hatten, uns gegen den Reitlehrer aufzulehnen. Und da ich schon immer gern die Rolle der Sprecherin inne hatte, war ich auch bei dieser Sache mal wieder diejenige, die den Mund dann aufgemacht hat. Im Grunde ging es darum, dass der Reitlehrer uns junge Mädels schon jahrelang unsittlich berührt hatte und uns mit anzüglichen Sprüche beim Reiten und auch so belästigt hat.
Wir haben nur nie was gesagt, weil wir Angst hatten, dass wir dann im Stall untendurch wären, weil er absolut das Sagen dort hatte. Keiner hat je irgendetwas gegen ihn gesagt, alle haben es zwar gesehen, aber irgendwie gehörte es dazu. Mir hat er auch des Öfteren an die Brust gelangt und Sprüche wie „Oh, da wächst ja jetzt was“ musste ich über mich ergehen lassen.
Zu Luisa meinte er beim Reiten „Atomtitte“ oder er stieg vom Pferd ab, umarmte eine von uns und sagte: „Da hast du mal echten Männerschweiß!“
Aber klar, irgendwie haben wir uns eben auch geschmeichelt gefühlt, weil der große Herr B. uns überhaupt beachtet hat!
Die typische Zwickmühle eben, aber ich hatte gesehen, dass er neuerdings dabei war, das auch mit den kleineren, also den 13jährigen fortzuführen. Da hab ich mich dann aufgeregt und bin zum Vorstand, zusammen mit noch drei anderen Mutigen.
Das Ende davon war, dass wir in seinem Büro eine Aussprache hatten, wo Herr B. meinte: „Ach so, ich dachte euch gefällt das!“ und sich ab da völlig beleidigt von uns abgewendet hat.
Er blieb, ich bin zusammen mit einer Freundin in einen anderen Stall gewechselt.
Da ich ja jetzt meinen Führerschein hatte, konnte ich auch ohne Probleme etwas weiter fahren.
Aber auch wenn der neue Stall so viel schöner war, vor allem pferdefreundlicher, ich hab den alten Stall mit all seinen Leuten und nach über 8 Jahren, die ich fast täglich dort verbracht habe, schon sehr vermisst.
Irgendwie glaube ich so im Nachhinein, dass das alles einfach zu viel für mich war. Wenn ich in meinem Tagebuch Sätze lese wie:
„ Es ist so typisch für mich, sobald es etwas gibt, auf das ich mich freu, kommt etwas dazwischen. Wie als wollte irgendetwas verhindern, dass es mir zu gut geht und deshalb alles, was mich glücklich machen würde, verhindert.“
Oder:
„ Am liebsten hätte ich in meinem Hirn einen Schalter, wo ich einfach mal für ein paar Stunden ausschalten könnte. Ich hab`s langsam satt, dass bei mir immer alles so kompliziert sein muss. Was mach ich nur falsch?“
Und zu dieser Zeit habe ich wohl auch versucht, den Kummer mit Süßigkeiten, wegzuessen.
Ich war und wurde davon nicht so richtig fett, aber im Frust zur Schokolade greifen, das hab ich gern getan.
Anfang Januar hab ich mich mit meiner Freundin bei einem Fitnessstudio angemeldet, weil doch so die ein oder anderen Kommentare kamen, dass ich ordentlich zugelegt hätte.
Außerdem wollten wir fürs Reiten etwas fitter sein und einfach was für unsere Figur tun.
Ja, so harmlos fing es an.
20.02.1996
Ich bin jetzt viel öfter mit Steffie zusammen, sie ist ja schon 22 Jahre und irgendwie tut mir das im Moment gut. Naja, ist auch gut wenn wir ins verstehen, schließlich fahren wir jeden Tag zusammen zum Stall, wir wechseln uns mit dem Fahren ab, ist billiger, und im Fitnessstudio haben wir uns auch angemeldet. Seit ich da jetzt
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