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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Republik, aber sie wusste nichts über Hispaniola. Gertie war auf der Insel Manhattan geboren worden und aufgewachsen. Sie hatte keinen Akzent und machte kein Aufheben um ihre Herkunft; sie war sechs Wochen meine Geliebte gewesen, bevor sie von Katrina erfahren hatte – meiner Frau.
    Ich hatte sie nicht angelogen – nicht wirklich. Ich hatte bloß nie daran gedacht, meine familiären Verhältnissezu erwähnen. Ich meine, Katrina und ich waren seit Jahren nicht mehr intim miteinander oder eifersüchtig aufeinander gewesen. Wir hatten drei Kinder, von denen zwei mit meiner DNA nichts zu tun hatten. Katrina behauptete, es seien meine, und ich machte den Schwindel mit, weil sie in meinem Haus lebten und Katrina den Haushalt führte. Außerdem kochte sie das beste Essen, das ich in meinem Leben gegessen hatte.
    Doch Gertie sah die Dinge anders als ich. In den langen Nächten in ihrem Studio in SoHo hatte sie die Hochzeitsglocken läuten hören. Sie beendete unsere körperliche Beziehung, blieb jedoch zugunsten unserer gemeinsamen Geschäfte in Kontakt mit mir. Diese verknüpften auf perfekte Weise unsere jeweiligen Talente und Ressourcen.
    Als ich sie kennen lernte, war Gertie Angestellte der Bewährungshilfe von Downtown Manhattan. Der Posten verschaffte ihr Zugriff auf Akten in der ganzen Stadt. Ich arbeitete für das organisierte Verbrechen und andere professionelle Bösewichter und suchte Sündenböcke für Leute, die sich von den Strafverfolgungsbehörden in die Enge getrieben fühlten. Gertie fand das passende Opfer, ich schob ihm falsche Beweise unter, manipulierte Telefonlisten und fälschte Dokumente, die bewiesen, dass das arme Schwein der Täter zumindest hätte gewesen sein können. Manchmal landeten die Leute, denen ich etwas untergeschoben hatte, im Gefängnis, meistens aber wurden nur so viele Zweifel gesät, dass der Distriktstaatsanwalt das Verfahren gegen meine Klienten einstellte.
    Ich arbeitete weiter mit Gertie zusammen, weil sieeine fantastische Quelle war und weil ich hoffte, dass sie mir eines Tages verzeihen würde. Erst nachdem sie mich aus ihrem Bett verstoßen hatte, wurde mir klar, dass ich so etwas wie Liebe für sie empfand. Gertie war meine Komplizin gewesen, aber auch der Grund, warum ich ehrlich geworden bin. Es hatte damit zu tun, dass die Tochter eines der Männer, dessen Leben ich zerstört hatte, erwachsen wurde. Sie hieß Karmen Brown und war zielstrebig wie ein Kriegsgeneral, Kinderschänder oder großer Filmregisseur. Sie deckte meinen heimtückischen Betrug auf und ließ Gertie töten, nur um mir weh zu tun. Dann verführte sie mich und ließ sich anschließend von einem von ihr engagierten Mann in ihrem Haus erwürgen, um mir ihre Vergewaltigung und Ermordung in die Schuhe zu schieben. Ich schaffte es, aus der Sache rauszukommen, aber danach wurde ich ehrlich – jedenfalls so ehrlich, wie ein Mann werden kann, nachdem er sein Leben lang ein Gauner gewesen ist.
    Normalerweise vermittelte ich Gertie die Jobs, doch nachdem sie eine Weile mit mir zusammengearbeitet hatte, begann sie, eigene Kontakte zu knüpfen. Vor neun Jahren war ein Berufsspieler namens Stumpy Brown auf sie zugekommen. Jemand hatte den Tresor der Rutgers Assurance Corporation ausgeraubt, eines einzigartigen Unternehmens, das Kapital zur Versicherung kurzfristiger Transaktionen außerhalb der Landesgrenzen annahm. Rutgers akzeptierte alles von Wert – Gemälde, Schmuck und Bargeld. Dafür bot man kurzfristige Darlehen und Investitionshilfen zu unverschämten Zinsraten an.
    Seinerzeit hatte die Firma eine Summe von achtundfünfzig Millionen Dollar bereitgehalten, als Versicherung für ein Geschäft, bei dem ein Ölmann aus Galveston einen bestimmten Anteil der Ladung eines saudi-arabischen Tankers bekam, wenn dieser im Hafen angelegt hatte.
    Es war ein illegaler Deal, und die beteiligten Parteien wurden später gerügt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Doch die bereitgehaltene Summe wurde gestohlen, einer der fünf Wachmänner, die den Tresor bewachten, regelrecht exekutiert, und niemand wusste, wer mit dem Geld abgehauen war. Man nahm an, dass der erschossene Wachmann, Clay Thorn, ein Komplize der Räuber gewesen war, doch der war tot und hinterließ keine weiterführenden Spuren.
    Stumpy waren fünfzigtausend Dollar aus dem Raubüberfall in die Hände gefallen. Er wollte, dass Gertie ihre Magie spielen ließ, um irgendeinen glücklosen Kriminellen zu belasten, der eine Beachtung dieser Art ohnehin verdiente.

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