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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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er wieder zurück sein ...«
    Ich rannte auf die Straße runter und erwischte an der 6 th Avenue ein Taxi. Ich gab dem pakistanischen Fahrer einen Fünfzig-Dollar-Schein und versprach ihm weitere hundert, wenn er mich in weniger als zehn Minuten in die Straße der Bittermans brachte.
    Nach etwa vier Minuten Fahrt fiel mir ein, dass ich meine Pistole im Büro gelassen hatte. Ich überlegte, umzukehren und sie zu holen, konnte jedoch keinen Grund erkennen, warum ich meinen Sohn mit einer Waffe verfolgen sollte.
    Hyänen bellten in meiner Hand, als wir die 79 th Street passierten.
    »Wo sind Sie?«, fragte ich Carson Kitteridge.
    »Downtown«, antwortete er. »Warum?«
    »Ich muss sie später zurückrufen.«
    »Sanderson ist entkommen«, sagte er, bevor ich ihn wegdrücken konnte.
    »Wie kann ein Mann mit einem Schädelbruch aufstehen, geschweige denn entkommen?«
    »Verzweiflung.«
    Wir näherten uns dem Block der Bittermans.
    »Ich muss Schluss machen, Carson«, sagte ich. Ich kann mich nicht erinnern, ihn jemals zuvor mit Vornamen angeredet zu haben.
    Die Straße war gesperrt, also warf ich fünfzig Dollar auf den Beifahrersitz und sprang aus dem Wagen. Dabei stieß ich gegen die Bordsteinkante, stürzte und verdrehte mir übel den linken Knöchel. Aber ich stand auf undging unter Schmerzen weiter, so wie Gordo es mir als Junge beigebracht hatte.
    Es war ein strahlender Sommertag, und tausende von Menschen drängten sich in der Mitte der gesperrten Straße. Ich humpelte weiter und sah mich in alle Richtungen nach meinem Sohn um.
    Mein Sohn.
    Ich blickte hinter die Stände mit billigem Modeschmuck, durch den Dampf, der vom Wagen eines Würstchenverkäufers aufstieg, und über die Stellage eines Handy-Händlers hinweg. Auf und ab hüpfend bahnte ich mir im Zickzackkurs einen Weg vorbei an Stapeln alter Life -Ausgaben und Vinyl-Schallplatten.
    Wegen meines unbeholfenen Gangs stieß ich immer wieder mit Passanten zusammen und verteilte mein »Verzeihung« wie ein händeschüttelnder Politiker sein »Freut mich sehr«. Ich wollte Twills Namen nicht laut rufen für den Fall, dass er den Kinderschänder erschoss, bevor ich ihn davon abhalten konnte.
    »Hey, passen Sie doch auf!«, rief ein Mann. Ich glaube, dass ich ihm vielleicht auf den Fuß getreten war.
    Er schubste mich, als ich meinen verletzten Knöchel belastete, und ich fiel. Doch das war noch nicht Strafe genug für die Beleidigung, die ich ihm offenbar angetan hatte. Er bückte sich, um mich am Revers zu packen, und einen Moment lang konzentrierte ich mich nur auf ihn. Er war ein Weißer Anfang vierzig mit diversen Tätowierungen auf den muskulösen Unterarmen und dem Teil der Brust, der durch sein offenes dunkelblaues Hemd entblößt war. Ich erinnere mich an einen Schädel, aus dessen Augenhöhle sich eine Schlange windet.
    Ich klammerte mich an seine dekorierten Unterarme und stieß mich mit meinem gesunden Fuß ab. Als ich wieder stand und er die Kraft der Hände erkannt hatte, die seine Arme drückten, sah ich zu meiner Linken eine schlanke Gestalt in einem dunkelgrünen Kapuzensweatshirt.
    »Arschloch!«, zischte mein Widersacher.
    Mit einem Hüftstoß schleuderte ich ihn zu Boden und stürzte mich auf die zu dick angezogene Gestalt, die in Figur und Anmut meinem Sohn entsprach.
    »Twill, bleib stehen!«
    Als er sich zu mir umdrehte, rutschte die Kapuze von seinem Kopf. Er trug ein Skullcap Beanie aus Stoff, das mich kurz irritierte. Außerdem hatte ich diesen Ausdruck in seinem Gesicht noch nie gesehen – doch ich erkannte ihn. Es war der Ausdruck eines Mannes, der Sekunden vor einer verzweifelten, endgültigen Tat stand. Ich ließ meinen Blick ein wenig schweifen und sah hinter einem großen Klapptisch einen Mann sitzen, den ich bisher nur auf einem Monitor beim Analverkehr mit der kleinen Mardi Bitterman gesehen hatte. An einer großen Leinwand hinter ihm hingen bunte Fotos von Pandabären, Zebras und anderen Kreaturen, deren Ausdruck an kindliches Staunen erinnerte.
    Adrenalin ist eine wundersame Mixtur. Sie schoss durch meinen Körper wie Popeyes Spinat oder Captain Marvels »Shazam!«. Das interne Elixier erreichte meinen Knöchel, heilte mich vorübergehend und setzte meine Füße in Bewegung. In unfassbar kurzer Zeit hatte ich Twill erreicht und an beiden Armen gepackt – weil er neben seinen anderen Talenten auch beidhändig ist.Er versuchte, sich loszureißen, doch wenn ich ihm eins voraus hatte, war es Kraft.
    »Es ist vorbei, Junge«, sagte

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