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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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ihn zu besuchen, obwohl sie unter einem Dach mit ihm lebte. Meine Anwesenheit musste ihm wie ein Rettungsseil vorkommen.
    Ich zuckte die Achseln und stand auf.
    »Wohin gehen Sie?«, fragte er.
    Ich drehte mich um und machte ein paar Schritte Richtung Tür.
    »Wollen Sie nicht wissen, was mit Timothy Moore ist?«, rief er mir nach.
    »Sie wissen gar nichts«, sagte ich, ohne mich umzusehen. »Es muss Bryant gewesen sein, der den Anruf gemacht hat.«
    »Bryant hat nicht den Mumm, einen Mann umzubringen«, sagte Roman mit seiner kräftigsten Stimme. »Die Dreißigtausend, die Moore Ihnen gegeben hat, waren von mir, und ich habe ihm noch hunderttausend obendrauf versprochen, wenn die Tat erledigt ist.«
    Dafür drehte ich mich zumindest halb um.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Kommen Sie zurück und pflanzen Sie Ihren Nigger-arsch auf diesen Stuhl«, lautete seine Antwort.
    Ich kannte den Merkvers von den Worten, die keine Pein bringen, aber Roman fing an, mir zuzusetzen. Ich ertappte mich bei der Frage, was mein außergewöhnlicher Sohn Twill in meiner Lage tun würde.
    Der Gedanke an Twill ließ mich lächeln. Meine Wut verflog, und ich kehrte auf den Dienstbotenplatz zurück.
    »Warum wollten Sie mich töten lassen, Mr. Hull? Ich habe Ihnen nie etwas getan.«
    »Es war rein geschäftlich.«
    »Was für ein Geschäft?«
    »Das Wichtigste überhaupt«, sagte er. »Die Familie.«
    »Stelle ich eine Bedrohung für ein Mitlied Ihrer Familie dar?«
    Er wollte es mir gerade erzählen; ich sollte endlich den Grund für die Morde erfahren, die meine Ermittlungen erst in Gang gesetzt hatten.
    »Es ...«, konnte Roman noch sagen, bevor die Zimmertür krachend aufflog.
    »Dad«, rief ein Mann.
    Ich blickte ins Licht und sah ihn kommen. Er trug einen grauen Anzug, eine burgunderrote Krawatte und dunkelbraune Schuhe mit Ledersohlen.
    »Wer sind Sie?«, fragte er.
    Ich stand auf, um den Besucher zu begrüßen, denn er wirkte alles andere als freundlich.
    Er war größer als ich und weiß, wie amerikanischePräsidenten auf Ölgemälden. Er hatte schwarz-grau meliertes Haar und bräunliche Augen. Hinter ihm stand Rosa, dahinter Margarita, die Nachhut bildete Hannah. Aus ihrem »nie« wurde ein »fast nie«, als ihr Vater vor ihr in das Zimmer ihres Großvaters marschierte.
    »Leonid McGill«, sagte ich und streckte freundlich die Hand aus. »Ich habe Ihrem Vater lediglich ein paar Fragen gestellt, Mr. Hull.«
    »Verschwinden Sie hier«, sagte er, ohne den ihm angebotenen Gruß zu erwidern.
    Die Frauen hinter ihm blieben stumm.
    »Wollen Sie nicht wissen, warum ich hier bin?«
    Roman kicherte. Die Klaviermusik plinkerte weiter wie Rasierklingen, die an meinem Rückgrat säbelten.
    »Nein«, sagte Bryant Hull.
    Ich sah ihn an und dachte, dass offenbar alle Menschen, denen ich begegnete, größer waren als ich.
    »Es wäre vielleicht lohnenswert, mich anzuhören.«
    »Verlassen Sie mein Haus, oder ich rufe die Polizei.«
    Ich hatte im Moment keine Zeit, ins Gefängnis zu gehen, also nickte ich und warf zum Zeichen meiner Kapitulation die Hände in die Luft. Vielleicht spielte ich auf Zeit. Vielleicht würde er mir wütend eine Frage stellen, die mir den verbalen Fußhalt einer Antwort bot.
    »Bryant«, sagte eine vertraute Stimme. »Bryant, was ist los? Du klingst wütend.«
    In den dunklen männlichen Raum schwebte die unfassbar weibliche Gestalt von Hannahs Mutter und trat an die Seite ihres Gatten.
    Sie schienen nicht zueinander zu passen – er sah aus wie eine Schaufensterpuppe, die man als Milliardär zurechtgemacht hatte, sie wie die nordische Interpretation einer mediterranen Göttin.
    Sie legte ihre Finger auf seinen Handrücken.
    »Hannah«, sagte Bryant.
    »Ja, Dad?«
    »Bring deine Mutter zurück in ihr Zimmer.«
    »Aber, Bryant«, sagte seine Frau.
    »Bunny, bitte, geh einfach mit Hannah.«
    Bunny.
    Roman hustete schwer und rasselnd.
    Margarita ging zu ihm.
    Bryant drehte sich zu mir um. Ich fühlte mich, als hätte Willie Sanderson gerade einen seiner Schwinger auf meinem Hinterkopf gelandet.
    »Gehen Sie jetzt?«, fragte der reiche Mann.
    »O ja«, sagte ich. »Unbedingt.«

51
    Ich habe einmal eine Abhandlung von einem Mann namens Harlan Victorious Lowe mit dem Titel Kreativität und Gedankensprünge gelesen. Der Autor behauptete unter anderem, dass kreatives Denken sich häufig im peripheren Sehen abspiele, wenn der metaphorische Durchblick von profanem Durchschnittsdenken blockiert ist. Mit anderen Worten – wenn eine

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