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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Silber und Weiß und kontrastierte wirkungsvoll mit ihrem kastanienfarbenen Haar, das im Nacken streng geschnitten war. Gelegentlich wehte ihre Stimme zu ihm herüber, kehlig und weich.
    Intim, dachte er. Das ist es. Sie gibt jedem Menschen die Illusion, eine intime Unterhaltung mit ihr zu führen.
    Und jetzt war er an der Reihe. Es beeindruckte ihn, dass sie sich ebenso warmherzig, interessiert und charmant verhielt wie bei allen anderen Gästen, obwohl sie wusste, dass er nur einer der Domestiken dieses Abends war.
    »Aber Sie trinken ja Ginger Ale!«, protestierte sie. »Warten Sie, ich hole Ihnen Champagner.«
    »Aber ich bin doch im Dienst.«
    Sie verzog das Gesicht und hätte um ein Haar einen Schmollmund gemacht. »Und das meinetwegen, fürchte ich.«
    »Ganz im Gegenteil«, gab er zurück. »Meinetwegen brauchen Sie sich nicht zu fürchten.«
    Sie sah plötzlich so ernst aus, dass es ihn betroffen machte.
    »Ist das wahr?«, fragte sie.
    Ich habe es zwar als Wortspiel gemeint, dachte er, aber es ist wahr.
    Er hielt die rechte Hand hoch und sagte: »Ich schwöre als Puritaner.«
    Sie sah peinlich berührt aus und schien unsicher zu sein,
was sie als nächstes sagen sollte, so dass Walter sich zu ihr beugte und flüsterte: »Soll ich Ihnen als Leibwächter mal ein Berufsgeheimnis verraten?«
    Sie sah erleichtert aus, weil das gesellschaftliche Spiel weiterging.
    »Bitte tun Sie das. Ich liebe Spannung.«
    »Es ist sehr schwer«, sagte Walter, »jemanden zu bewachen, wenn man neben der betreffenden Person steht.«
    »Wie kommt das?«, flüsterte sie.
    »Weil man dann nur die Person sehen kann und nicht die Gefahr«, erwiderte er. »Das gilt besonders, wenn die fragliche Person so schön und charmant und nett ist wie Sie.«
    Er trat einen Schritt zurück und mimte den professionellen Leibwächter.
    »Was für eine reizende Art, mir zu sagen, dass ich gehen kann«, sagte sie. »Ich habe das Gefühl, als müsste ich jetzt die Hand ausstrecken, um sie von Ihnen küssen zu lassen.«
    »Tun Sie das nicht«, sagte Walter. »Ich könnte der Versuchung nicht widerstehen, und dann würde Ihr Kavalier eifersüchtig werden und mich zu einem Duell herausfordern. Das würde die Party ruinieren, vom Weihnachtsfrieden ganz zu schweigen.«
    Sie drehte sich um, um Joe Keneally anzusehen, der sich im Saal von einer Gruppe zur anderen vorarbeitete. Der Senator sah tatsächlich glänzend aus. Offenbar erzählte er einigen Leuten gerade einen unanständigen Witz, unter ihnen waren auch der Fernsehstar und die üppige Blondine. Er war hochgewachsen und sah jugendlich aus. Seine Schultern waren schwer und ein wenig nach vorn geneigt wie bei einem Boxer, der zum entscheidenden Schlag ansetzt. Sein braunes, leicht hochgekämmtes Haar hatte einen nur leichten Hauch von Rot. Er war ein Prachtkerl von einem Iren, der jedoch mit ei
nem silbernen Löffel im Mund zur Welt gekommen war und nicht in einer Fischerhütte. Er fing Madeleines Blick auf und lächelte. Es war ein Lächeln, das Spitzbüberei und Romantik verhieß.
    »Glauben Sie, er würde das für mich tun?«, fragte sie. »Sich für mich duellieren?«
    »Das würde jeder Mann tun.«
    Sie drehte sich um und sah wieder Walter an.
    »Bin ich wirklich ›nett‹?«, fragte sie.
    Eine ernste Frage.
    »Das sind Sie wirklich, Mrs. Keneally«, erwiderte er.
    »Madeleine, bitte.«
    Sie machte einen kleinen Knicks vor ihm und entschwebte.
    Als Walter sah, wie sie sich den nächsten Gästen zuwandte, war er sich zweier Dinge sicher. Erstens: Madeleine Keneally gefiel ihm sehr. Zweitens: Sie steckte irgendwie in Schwierigkeiten.
    Das war der Moment, in dem der Krawall begann.
    Manchmal kommt das Geräusch von Radau plötzlich wie ein Gewehrschuss, und alles, was man in diesem schrecklichen Augenblick tun kann, ist, zu erkennen, dass man etwas falsch gemacht hat, und zu beten, dass der Fehler keine tödlichen Folgen hat.
    Doch manchmal beginnt ein Krawall allmählich. Man hört ihn kommen und hat ein paar gnädige Augenblicke, in denen man noch etwas verhindern kann, und so war es auch an diesem Weihnachtsabend im Plaza Hotel.
    Walter hörte es als erster, einen Chor schriller Stimmen vor den Türen des Saals. Das Geräusch war gedämpft und laut zugleich, so dass er davon ausging, dass es vom Treppenhaus heraufkam.
    Was mir ein bisschen Zeit lässt, dachte er, damit ich mich
an die Situation gewöhnen kann. Er stellte sein Glas ab und schlenderte wie beiläufig zur Tür. Er war in der Vorhalle,

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