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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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der einen aufsässigen Schuljungen herunterputzt, und fragte: »Gegen genau welche Aspekte der menschlichen Natur hast du etwas einzuwenden?«
    »Die Selbstsucht.«
    »Die Selbstsucht?«, wiederholte Roger.
    »Ja«, erklärte Walter. »Die einfache Habgier. Das Fehlen christlicher Nächstenliebe.«
    »Kommunisten sind Atheisten, Walter«, erklärte Roger geduldig und mit einem Seitenblick amüsierter Herablassung zu seiner braven Ehefrau.
    »Trotzdem«, erwiderte Walter, »wenn Jesus heute wieder auf die Erde käme, bestünde für mich nicht der geringste Zweifel, dass er dann mindestens Sozialist, wenn nicht gar begeisterter Trotzkist wäre.«
    »Walter!«, sagte seine Mutter entsetzt, obwohl er ihr ansah, dass sie sich königlich amüsierte.
    Elizabeth bemerkte spitz: »Dein Sohn verbringt ein paar Abende in Greenwich Village, und schon fängt er an zu agitieren wie eine Dorothy Day.«
    »Walter könnte nie Katholik sein«, sagte Mrs. Withers. »Von billigem Wein bekommt er Kopfschmerzen.«
    »Was ist nicht in Ordnung mit Dorothy Day?«, fragte Walter.
    »Sie ist katholisch und Kommunistin«, erwiderte Elizabeth.
    »Aber Kommunisten sind doch Atheisten«, erinnerte Walter sie sanft. »Das hat Roger gesagt.«
    »Ich habe es gesagt, und sie sind es«, beharrte Roger.
    »Hast du dir schon einen Luftschutzbunker gebaut?«, fragte Walter.
    Seine Mutter warf ihm einen strengen Blick zu.
    »Wir werden im Keller einen Schutzraum einbauen«, sagte Roger ernst. Als er Walters amüsiertes Lächeln sah, sagte er: »Das tun wir wirklich! Und das ist sehr klug, Walter! Du solltest dir auch so ein Ding bauen lassen.«
    »Ich wohne in einem Mietshaus«, gab Walter zurück. »Aber ich bin überzeugt, dass du mich in deinen Keller einladen wirst.«
    »Da wäre ich nicht so sicher«, knurrte Roger.
    Während die Kenners später ihre zweifelhafte Beute in den Kombi luden und Walter seine Mutter kurz unter vier Augen sprechen konnte, fragte er sie: »Bist du enttäuscht von mir?«
    Sie machte ein verblüfftes Gesicht und erwiderte: »Ganz und gar nicht. Natürlich nicht.«
    »Von meinem Beruf, meine ich«, erklärte Walter. »Bist du enttäuscht, dass ich nicht in Vaters Firma eingetreten bin?«
    Sie legte eine mütterliche Hand auf seine und sagte: »Walter, dein Vater wusste, dass er ein sehr starker und sehr erfolgrei
cher Mann war, und das machte ihm Sorgen. Nicht um seiner selbst willen, sondern wegen seiner Kinder. Er war besorgt, ihr könntet davor Angst haben, nicht neben ihm bestehen zu können. Dein Vater war dein Vater und sehr stolz auf dich. Das bin ich auch. Stimmt was nicht?«
    »Alles in Ordnung.«
    »Du ärgerst dich doch nicht über diesen törichten Roger, oder etwa doch?«, sagte sie lachend.
    »Ein wenig schon«, gab er zu.
    »Er weiß nicht, dass hinter seinem Tellerrand noch eine ganze Welt liegt«, erwiderte sie. »Du solltest ihn aber nicht so mit deinen Bemerkungen quälen.«
    »Ich weiß, aber ich kann einfach nicht widerstehen«, erwiderte Walter. »Warum kommst du nicht bald mal in die Stadt? Wir essen bei Sardi's, und dann ins Theater? Ich werde uns Karten für Sunrise at Campobello besorgen.«
    »Ein Stück über Roosevelt?!« Sie wich in gespieltem Entsetzen zurück. »Dein Vater würde sich im Grabe umdrehen.«
    »Dann eben Flower Drum Song .«
    »Hört sich wundervoll an, beides.«
    »Abgemacht?«
    »Nach den Feiertagen.«
    Er gab ihr einen Kuss und umarmte sie, verabschiedete sich von Schwester, Schwager, Nichten und Neffe, stieg in seinen Wagen und fuhr zurück zur Arbeit.
     
    Das Haus der Howards war neu, gehörte zu jener jüngsten Generation von Vorortvillen, die mehr sein wollten als Massenbauten. Das Haus war einstöckig, lang und niedrig, hatte große Aussichtsfenster, eine Parkbucht und eine Garage für zwei Wagen. Das Haus machte einen kostspieligen Eindruck und sah nach einer großen Anzahlung und einer saftigen Hypo
thek aus. Andererseits bezog Howard bei American Electronics ein gutes Gehalt.
    Die Familie hielt sich im Vorgarten auf.
    Walter konnte sie gut beobachten, als er auf der anderen Straßenseite in einiger Entfernung vom Haus parkte.
    Er war von Greenwich nach Darien hinübergefahren, weil es in der Nähe lag und dies eine gute Gelegenheit war, sich das Haus und vielleicht auch die Familie anzusehen, ohne den halben Tag hin- und herfahren zu müssen.
    Die Kinder trugen glänzende Schneeanzüge. Der des kleinen Jungen war über etwas gezogen, was wie ein neuer Football-Helm

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