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Mann Mit Grill Sucht Frau Mit Kohle

Mann Mit Grill Sucht Frau Mit Kohle

Titel: Mann Mit Grill Sucht Frau Mit Kohle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milosz Matuschek , Alexandra Kilian
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der Restaurantbesucher, warum ich hier bin. Ich rutsche auf den letzten freien Platz, vor mir sitzt ein Mann mit Brille und Querstreifen-Sweater, und denke noch fix daran, dass ich heute als Jurastudentin Eva auftrete. Muss ja nicht jeder gleich wissen, was ich eigentlich so mache. Los geht’s, der Love Angel gibt das Startsignal.
    Pit ist der Erste, der mir die nassgeschwitzte Pranke über den Tisch reicht und nervös an seinem Stabilo-Stift plus Bewertungsbogen nestelt, während wir uns gegenübersitzen. »Und wer bist du so?«, fragt er. »Alexandra, ach nee, Eva meine ich, bin ich«, sage ich und spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. Erster Punkt für Pulli-Pit – ich bin auch nicht weniger aufgeregt als er. Ich lache etwas zu laut und fordere ihn frech auf, mir jetzt bitte schön alles von sich zu erzählen. Sechs Minuten habe er schließlich noch. Biotechnologe sei er und 34, sagt Pit. Er arbeite an der Charité, wolle aber demnächst einen Kindergarten eröffnen. Da sei es ja nett, dass ich Rechtsbeistand leisten könne, wenn wir dann erst mal zusammen sind. Äh … Ach ja, und er komme gerade aus einer langen Beziehung, zehn Jahre habe die gedauert, aber die letzten Jahre sei nichts mehr gelaufen, also sexuell nicht, sie sei nämlich fett geworden. Äh … Und er würde mich auf 31 schätzen. Okay, Pit, das tut mir leid, aber als der Love Angel just in diesem Moment quietschig schrill »stopp, stopp, stopp, stopp, stopp« ruft und zum Tischwechsel auffordert, möchte ich die Engelsfrau das erste Mal an diesem Abend ganz fest an mich drücken. Sehnsüchtig blicke ich zwei Plätze weiter, wo ein groß gewachsener Mann mit unfassbar strahlenden Augen sitzt. Pech gehabt, den kriege ich erst als Sechstes vorgesetzt. Vor mir baut sich Elmar auf. Was für ein Name.
    Elmar trägt Glatze und schlichtes schwarzes Shirt mit Jeans. Und ich muss sagen, besser als Pit gefällt er mir schon allemal. Dumm nur, dass er wirklich Jurist ist. Und ziemlich genau wissen will, wann ich mein Staatsexamen schreibe, wo ich studiert habe und was mein Fachgebiet ist. Ich lenke ab. Was für Sport er denn machen würde. Laufen, sagt Elmar, am liebsten direkt vor seiner Tür in der Nähe von Potsdam, wo er gleich in die Natur rennen kann. Sehr gut klingt das, ich laufe schließlich auch. Auch täglich. Auch in die Natur.
    Und schon spielt er die »Ich liebe Tiere«-Karte aus. Er wolle unbedingt wieder einen Hund haben, das sei so wichtig, und ob ich denn auch Hunde und Katzen mögen würde. Absolut. Ohne Hund ist das Leben höchstens halb so schön. Und Elmar hat einen ziemlich liebevollen Blick drauf. Zeit, diesem auf den Grund zu gehen, bleibt jedoch nicht. Wieder wird gewechselt, Elmar rutscht nach links. Und von rechts rutscht Heiner auf. »Gosu, hallo«, sagt er. Gosu? Ja, das sei sein Pseudonym. Ein Nickname von früher, als er noch Computerspiele gezockt habe. Aha. Ob es denn eine Bedeutung habe, sodass er daran festhalte? Na ja, ja, sagt Gosu-Heiner, das sei Südkoreanisch und heiße »Großmeister«. Ich frage ihn, ob er denn jetzt auch ernsthaft von mir so genannt werden will – und danke Gott, als er verneint.
    Heiner dürfte leider dennoch als der Nerd durch­gehen, den man hinter solch einem Pseudonym vermutet. Er arbeite in einer Firma, die Laborteile herstelle, und sei dort »IT-Systemadministrator«. Und alle seien auf ihn angewiesen, wenn auf ihren PCs etwas nicht laufe. Das sei natürlich ein ziemlich geiles Gefühl, sagt er. Mehr fällt ihm dann leider auch nicht ein. Stattdessen lacht er noch einmal dreckig und fummelt den Rest der Zeit an den Schnüren seines Kapuzenpullis herum, die verdächtig nach »öfter mal daran gelutscht« aussehen. Gut, dass Marius als Nächstes kommt. Der macht mich auf den ersten Blick zwar gar nicht neugierig – auf das zweite Wort dafür gleich umso mehr. »Begriffe wie Love Angel sollte man verbieten«, sagt Marius und strahlt mich an. Volltreffer. Sofort fallen wir gemeinsam über Sinn und Unsinn dieser Veranstaltung her, lachen über die absurde Szenerie, die wir den anderen Restaurantgästen wohl gerade bieten, und schrecken überrascht auf, als der Love Angel lauthals die nächste Runde verkündet. Kein einziges Wort haben wir an Standardfragen wie Beruf, Alter und Ziele im Leben

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