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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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denn er ist der Botschafter des Königs beim Kaiser; auf seinen
Reisen besucht er Gelehrte in Deutschland, bei denen er um Unterstützung für
die Scheidung des Königs wirbt. Er, Cromwell, hatte zu ihm gesagt: »Was soll
ich tun, wenn der König einen Traum hat, während Sie fort sind?«
    Cranmer hatte gelächelt. »Sie
haben es das letzte Mal ganz allein geschafft. Ich war nur dazu da, es
abzunicken.«
    Er sieht Marlinspike; der
Kater hat sich mit herabhängenden Pfoten auf einem schwarzen Ast
niedergelassen. Er zeigt auf ihn. »Meine Herren, diese Katze gehörte dem
Kardinal.« Beim Anblick der Besucher flitzt Marlinspike ein Stück die
Grenzmauer entlang und verschwindet dann mit einem Schlagen seines Schwanzes in
das unbekannte Territorium dahinter.
    Unten in der Küche von Austin
Friars lernen die garzoni die Zubereitung von Waffeln. Das erfordert ein gutes Auge, ein Gefühl
für den richtigen Zeitpunkt und eine sichere Hand. Es gibt so viele Punkte, an
denen es missglücken kann. Der Teig muss die richtige Konsistenz haben und
flüssig sein, die Flächen der Eisen mit den langen Griffen müssen gut
eingefettet und heiß sein. Treffen die Flächen beim Zusammendrücken
aufeinander, klingen sie wie der Schrei eines Tieres, und der Dampf zischt.
Wenn man in Panik gerät und den Druck verringert, muss man eine klebrige
Schweinerei abkratzen. Man muss warten, bis der Dampf nachlässt, und dann
beginnt man zu zählen. Wenn man einen Takt aussetzt, breitet sich der Geruch
nach Angebranntem in der Luft aus. Eine Sekunde trennt den Erfolg vom
Misserfolg.
    Als  er den Antrag im
Unterhaus einbringt, die Zahlung der Annaten an Rom aufzuschieben, schlägt er
eine offene Stimmabgabe vor. Das ist sehr unüblich, aber schockiert und murrend
fügen sich die Abgeordneten: für die Vorlage auf diese Seite, gegen die
Vorlage auf die andere. Der König ist anwesend; er sieht zu, er erfährt, wer
für ihn ist und wer gegen ihn, und am Ende des Vorgangs bedenkt er seinen
Ratgeber mit einem grimmigen zustimmenden Nicken. Im Oberhaus hilft diese Taktik
nicht. Der König muss persönlich erscheinen, dreimal, und seinen Fall
vertreten. Die alte Aristokratie - stolze Familien wie der Exeter-Clan mit
seinem eigenen Anspruch auf den Thron - sind für den Papst und Katherine und
haben keine Angst, das zu sagen: oder noch keine. Aber Henry erkennt seine
Feinde und spaltet sie, wenn er kann.
    Sobald die Küchenjungen die
erste lobenswerte Waffel gemacht haben, lässt Thurston sie hundert weitere
produzieren. Sie wird zur zweiten Natur, die Drehung des Handgelenks, mit der
man die halbfeste Waffel mit einem Holzlöffel aufnimmt und dann auf den
Trockenständer wirft, damit sie knusprig wird. Die Erfolge - nach und nach
sollte es nur noch Erfolge geben - werden mit dem Zeichen der Tudors versehen
und dutzendweise in die hübschen Schachteln mit Intarsien gelegt; so werden sie
zu Tisch gebracht, wobei jede zarte goldene Scheibe mit Rosenwasser parfümiert
ist. Er schickt einen Schub an Thomas Boleyn.
    Als Vater der zukünftigen
Königin meint Wiltshire, einen ganz besonderen Titel zu verdienen, und lässt
verbreiten, dass es ihm nicht unangenehm wäre, als Monseigneur angesprochen zu
werden. Er, Cromwell, berät sich mit ihm, seinem Sohn und ihren Freunden, dann
geht er durch die Gemächer von Whitehall, um Anne aufzusuchen. Monat um Monat
wird ihr Haushalt größer, aber ihre Leute verneigen sich, wenn er vorbeikommt.
Keinen Deut zu fein für seine Stellung als Gentleman kleidet er sich bei Hofe
und in den Büros von Westminster in weite Jacken aus so feiner Ryelandwolle,
dass sie fließen wie Wasser, und in so dunkle, fast schwarze Violett- und
Indigotöne, dass es aussieht, als hätte sich die Nacht in sie ergossen; seine
Kappe aus schwarzem Samt sitzt auf seinem dunklen Haar, nur seine lebhaften
Augen leuchten und die kräftigen, fleischigen Hände, mit denen er gestikuliert.
Das und die Feuerblitze von Wolseys Türkisring.
    In Whitehall - York Place, wie
es früher hieß — sind noch die Bauleute am Werk. Zu Weihnachten hat der König
Anne ein Schlafzimmer geschenkt. Er hatte sie persönlich hingeführt, um den
kleinen Laut der Überraschung zu hören, den sie beim Anblick der Wandbehänge aus
silbernem und goldenem Tuch und des geschnitzten Bettes mit dem Behang aus
purpurrotem, mit Bildern von Blumen und Kindern besticktem Satin von sich
geben würde. Henry Norris hat ihm berichtet, dass Anne diesen Laut nicht von
sich gegeben hat, dass

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