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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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sie sich lediglich langsam im Raum umgesehen, gelächelt
und geblinzelt hat. Dann war ihr eingefallen, was von ihr erwartet wurde; sie
gab vor, von der Ehrung überwältigt zu sein, und erst als sie schwankte und der
König die Arme um sie legte, stieß sie den Laut aus. Ich hoffe inständig, hatte
Norris gesagt, dass wir wenigstens einmal im Leben eine Frau dazu bringen,
dass ihr der Atem stockt.
    Als  Anne ihren Dank
ausgesprochen hatte, kniend, musste Henry natürlich gehen, musste den
schimmernden Raum verlassen, sie an der Hand hinter sich herziehen und zum
Neujahrsfest zurückkehren, zur öffentlichen Überprüfung seines
Gesichtsausdrucks: in der Gewissheit, dass die Kunde davon in ganz Europa
verbreitet würde, auf dem Land-und auf dem Seeweg, chiffriert und nicht chiffriert.
    Am Ende seines Weges durch die
alten Räumlichkeiten des Kardinals findet er Anne bei ihren Damen sitzend vor,
sie weiß bereits oder scheint zu wissen, was ihr Vater und Bruder gesagt haben.
Sie glauben, dass sie die Taktik festlegen, aber Anne ist selbst eine
hervorragende Taktikerin und in der Lage, zurückzudenken und einzuschätzen, was
fehlgegangen ist; er bewundert jeden, der aus Fehlern lernen kann. Vor den
offenen Fenstern bauen die Vögel flügelschlagend ihre Nester, und sie sagt:
»Sie haben einmal zu mir gesagt, dass nur der Kardinal dem König seine Freiheit
schenken könnte. Wissen Sie, was ich jetzt denke? Ich denke, Wolsey war die
letzte Person, die das konnte. Weil er so stolz war und weil er Papst sein
wollte. Wäre er demütiger gewesen, wäre Clemens entgegenkommender gewesen.«
    »Daran mag etwas Wahres sein.«
    »Ich vermute, wir sollten eine
Lehre daraus ziehen«, sagt Norris. Sie drehen sich beide um. Anne sagt: »Ach
wirklich?« und er sagt: »Welche Lehre wäre das?« Norris weiß nicht weiter.
    »Wir werden wahrscheinlich
alle keine Kardinäle werden«, sagt Anne. »Selbst Thomas, der nach den meisten
Dingen strebt, würde danach nicht trachten.«
    »Oh? Darauf würde ich aber
kein Geld wetten.« Norris schlendert davon, wie nur ein seidener Gentleman schlendern
kann, und lässt ihn bei den Frauen zurück.
    »Nun, Lady Anne«, sagt er,
»wenn Sie über den verstorbenen Kardinal nachdenken, nehmen Sie sich dann
Zeit, für seine Seele zu beten?«
    »Ich denke, Gott hat ihn
gerichtet, und meine Gebete, ob ich sie nun verrichte oder nicht, haben keine
Wirkung.«
    Mary Boleyn sagt sanft: »Er
zieht dich auf, Anne.«
    »Ohne den Kardinal wären Sie
jetzt mit Harry Percy verheiratet.«
    »Zumindest hätte ich den
Status einer Ehefrau«, schnappt sie, »ein ehrenhafter Stand, aber so ...«
    »Ach, Kusine«, sagt Mary
Shelton, »Harry Percy ist doch verrückt geworden. Das wissen alle. Er gibt sein
ganzes Geld aus.«
    Mary Boleyn lacht. »So ist es,
und meine Schwester vermutet, dass der Kummer um sie der Grund ist.«
    »Mylady«, er wendet sich an
Anne, »Sie wären nicht gerne in Harry Percys Landen. Denn Sie wissen ja, dass
er so handeln würde, wie es alle diese Lords im Norden tun - er würde Sie in
einem eiskalten Turm mit einer Wendeltreppe einsperren und Ihnen nur erlauben,
zum Essen nach unten zu kommen. Und sobald Sie sich hingesetzt haben und ein
Pudding aufgetragen wird, der aus Hafermehl besteht, vermischt mit Rinderblut,
das bei einem Überfall erbeutet wurde, kommt Mylord hereingestürmt und
schwingt einen Sack - Oh Liebling, sagen Sie, ein Geschenk für mich? Und er
sagt: Aye, Madam, wenn es beliebt, öffnet den Sack und in Ihren Schoß rollt
der abgetrennte Kopf eines Schotten.«
    »Oh, das ist ja schrecklich«,
flüstert Mary Shelton. »Machen sie das wirklich so?« Anne hält die Hand vor den
Mund, sie lacht.
    »Sie wissen ja«, sagt er,
»dass Sie viel lieber leicht gedünstete, in Scheiben geschnittene
Hähnchenbrust in einer Sahnesoße mit Estragon essen. Und auch einen feinen
gereiften Käse, den der Botschafter von Spanien importiert hat und der zweifellos
für die Königin bestimmt war, der aber irgendwie den Weg in mein Haus gefunden
hat.«
    »Wie könnte man mir besser
dienen«, fragt Anne, »als mit einer Bande von Wegelagerern auf der Landstraße,
die Katherines Käse rauben?«
    »Nun, nachdem ich einen solchen
Coup gelandet habe, muss ich gehen ...«, er weist mit einer Geste auf den
Lautenspieler in der Ecke, »und Sie bei Ihrem Anbeter mit den Stielaugen
zurücklassen.«
    Anne wirft dem Jungen Mark
einen Blick zu. »Er hat Stielaugen. Das stimmt.«
    »Soll ich ihn wegschicken? Hier

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