Mantel, Hilary
Ungläubigen gesehen. Derart
herrschaftlich, aber niedrige Gesinnung. Leben in Höhlen, und trotzdem gehen
sie in der Gegend als Adlige durch.« Er sollte hingehen und sich selbst ein
Bild machen, der Kardinal; er ist Erzbischof von York, hat sein Bistum aber nie
besucht. »Und was die Angelegenheiten Ihro Gnaden betrifft...«
»Ich höre«, sagt der Kardinal.
»Ich gehe sogar noch weiter. Ich bin gefesselt.«
Während er zuhört, legt sich
das Gesicht des Kardinals in seine freundlichen, stets aufmerksamen Falten. Von
Zeit zu Zeit notiert er sich eine Zahl, die genannt wird. Er trinkt einen
Schluck von seinem hervorragenden Wein, und schließlich sagt er: »Thomas ...
was haben Sie getan, Sie abscheulicher Diener? Eine Äbtissin erwartet ein Kind?
Zwei, drei Äbtissinnen? Oder, warten Sie ... Haben Sie Whitby in Brand
gesteckt, aus einer Laune heraus?«
In Bezug auf Cromwell hat der
Kardinal zwei Witze, die sich gelegentlich zu einem verbinden. Der erste ist,
dass er hereinspaziert und Kirschen im April und Kopfsalat im Dezember
verlangt. Der zweite ist, dass er durch das Land zieht, Schandtaten verübt und
das Konto des Kardinals damit belastet. Der Kardinal hat weitere Witze, die er
von Zeit zu Zeit anbringt: je nach Bedarf.
Es ist etwa zehn Uhr. Die
Flammen der Kerzen verneigen sich höflich vor dem Kardinal und richten sich
wieder auf. Der Regen - seit September regnet es bereits - schlägt gegen das
Fensterglas. »In Yorkshire«, sagt er, »wird Ihr Projekt missbilligt.«
Das Projekt des Kardinals:
Nachdem er die Erlaubnis des Papstes erhalten hat, möchte er etwa dreißig
kleine, schlecht geführte Klöster mit größeren zusammenschließen und das
Einkommen dieser Klöster verfallen, aber oft sehr alt — in Einkünfte für die
beiden Colleges umwandeln, mit deren Gründung er befasst ist: das Cardinal
College in Oxford und eines in seiner Heimatstadt Ipswich. Dort erinnert man
sich noch gut an ihn als gelehrten Sohn eines wohlhabenden und frommen
Metzgermeisters, der der Zunft angehörte und darüber hinaus ein großes und gut
geführtes Gasthaus besaß, das die vornehmsten Reisenden frequentieren. Die
Schwierigkeit ist... Nein, tatsächlich gibt es diverse Schwierigkeiten. Der
Kardinal, Bachelor
of Arts mit
fünfzehn, Bachelor
of Theology mit
Mitte zwanzig, kennt sich im Rechtswesen aus, mag aber die Verzögerungen nicht,
die es mit sich bringt; er kann nicht akzeptieren, dass unbewegliches Vermögen
nicht genauso schnell und leicht in Geld umgewandelt werden kann, wie er eine
Oblate in den Leib Christi verwandelt. Als er dem Kardinal einmal
versuchsweise etwas erklärte, ein nebensächliches Detail in Bezug auf das
Bodenrecht - nun, lassen wir das, es war ein nebensächliches Detail -, brach
der Kardinal in Schweiß aus und sagte: Thomas, was kann ich Ihnen geben, damit
Sie diese Sache nie wieder erwähnen? Finden Sie einen Weg, tun Sie es einfach,
sagte er immer, wenn Hindernisse auftauchten; und wenn er von irgendwelchen
unbedeutenden Personen hörte, die seine großartigen Pläne durchkreuzten, sagte
er: Thomas, geben Sie ihnen etwas Geld und machen Sie, dass sie weggehen.
Er hat die Muße, darüber
nachzudenken, da der Kardinal auf seinen Schreibtisch starrt, auf den Brief,
den er halb geschrieben hat. Er sieht auf. »Tom ...« Und dann: »Ach nein, nicht
so wichtig. Sagen Sie mir, warum Sie so finster dreinschauen.«
»Die Leute dort oben sagen,
dass sie mich töten wollen.«
»Wirklich?«, sagt der Kardinal.
Sein Gesichtsausdruck sagt: Ich bin erstaunt und enttäuscht. »Und werden sie
das tun? Oder was glauben Sie?«
Hinter dem Kardinal hängt ein
Gobelin, auf der ganzen Länge der Wand. König Salomon streckt die Hände in die
Dunkelheit aus und begrüßt die Königin von Saba.
»Ich glaube, wenn man einen
Mann töten will, muss man es einfach tun. Man sollte ihm keinen Brief
schreiben. Keinen Lärm darum machen und ihm drohen, sodass er sich in Acht
nimmt.«
»Sollten Sie sich je nicht in
Acht nehmen, lassen Sie es mich wissen. Das würde ich wirklich gerne sehen.
Wissen Sie, wer ... Aber ich vermute stark, dass solche Leute ihre Briefe
nicht unterschreiben. Ich werde mein Projekt nicht aufgeben. Ich habe die
Institutionen persönlich und sorgfältig ausgewählt, und Seine Heiligkeit hat
ihre Schließung mit seinem Siegel bewilligt. Diejenigen, die dagegen sind,
missverstehen meine Absicht. Niemand hat vor, alte Mönche auf die Straße zu
setzen.«
Das ist wahr. Es kann
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