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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Master Stephen halten, er ist sehr bewandert im
kanonischen Recht und ein sehr überzeugender Mensch, es sei denn, er versucht,
Sie zu überzeugen. Ich sage Ihnen ...« Er bricht ab; er beugt sich vor und legt
seinen großen Löwenkopf in die Hände, den Kopf, der wirklich die päpstliche
Tiara getragen hätte, wenn bei der letzten Wahl die richtige Summe Geld an die
richtigen Leute geflossen wäre. »Ich habe darum gebettelt«, sagt der Kardinal.
»Thomas, ich bin auf die Knie gefallen und in dieser demütigen Lage habe ich
versucht, ihn davon abzubringen. Majestät, habe ich gesagt, hören Sie auf
mich. Nichts wird daraus erwachsen, wenn Sie Ihre Frau loswerden wollen, als
eine Menge Ärger und Kosten.«
    »Und er hat gesagt... ?«
    »Er hat einen Finger in die
Höhe gehalten. Warnend. >Nennen Sie<, hat er gesagt, >jene liebe Dame
niemals meine Frau, bevor Sie beweisen können, warum sie das ist und wie das
sein kann. Bis dahin nennen Sie sie meine Schwester, meine liebe Schwester.
Denn sie war zweifellos die Frau meines Bruders, bevor sie eine Form von Ehe
mit mir durchlaufen hat.<«
    Es ist unmöglich, Wolsey ein
illoyales Wort gegen den König zu entlocken. »Was es ist«, sagt er, »es ist...«
er zögert bei dem Wort, »es ist meiner Meinung nach ... absurd. Obwohl meine
Meinung diesen Raum natürlich nicht verlassen darf. Sicher, seinerzeit gab es
Personen, die wegen der Dispens die Stirn runzelten. Und Jahr um Jahr gab es
welche, die dem König etwas ins Ohr flüsterten; er hat nicht auf sie gehört,
obwohl ich jetzt annehmen muss, dass er sie sehr wohl gehört hat. Aber der
König war ein überaus treu liebender Ehemann, wissen Sie. Jegliche Zweifel
wurden im Keim erstickt.« Sanft, aber bestimmt legt er eine Hand auf seinen
Schreibtisch. »Sie wurden erstickt und immer wieder erstickt.«
    Aber es besteht kein Zweifel
daran, was Henry jetzt will. Eine Annullierung. Eine Erklärung, dass es seine
Ehe nie gegeben hat. »Achtzehn Jahre lang«, sagt der Kardinal, »war er in einem
Irrtum befangen. Er hat seinem Beichtvater gesagt, dass er nicht weniger als
achtzehn Jahre der Sünde abbüßen muss.«
    Er wartet - auf eine
befriedigende kleine Reaktion. Sein Diener erwidert lediglich seinen Blick: Er
nimmt es als gegeben hin, dass das Beichtgeheimnis nach Belieben des Kardinals
gebrochen wird.
    »Wenn Sie Master Stephen nach
Rom schicken«, sagt er, »verleiht das der Laune des Königs, wenn ich es so ...«
    Der Kardinal nickt: Sie dürfen
es so ausdrücken.
    »... internationale
Aufmerksamkeit?«
    »Master Stephen könnte es
unauffällig erledigen. Als  wolle er einen persönlichen päpstlichen Segen
erbitten.«
    »Sie verstehen Rom nicht.«
    Wolsey kann dem nicht
widersprechen. Er hat nie die Kälte im Nacken gespürt, die einen Mann dazu
bringt, über die Schulter zu schauen, wenn er aus dem goldenen Licht des Tiber
in die Undurchdringlichkeit eines Schattens tritt. An jeder gefallenen Säule,
an jeder unschuldigen Ruine können die Diebe der Rechtschaffenheit lauern, die
Hure eines Bischofs, der Neffe-eines-Neffen, ein Verführer mit Geld in der
Tasche und pelzigem Atem; manchmal hat er das Gefühl, er hatte Glück, dieser
Stadt mit heiler Seele entkommen zu sein.
    »Einfach ausgedrückt«, sagt
er, »die Spione des Papstes werden erraten, was Stephen vorhat, während er
noch damit beschäftigt ist, seine Messgewänder einzupacken, und die Kardinäle
und Sekretäre werden Zeit genug haben, um ihren Preis festzusetzen. Wenn Sie
ihn schicken müssen, geben Sie ihm genug Bargeld mit. Diese Kardinäle nehmen
keine Versprechungen an; was sie wirklich mögen, ist ein Sack voll Gold, um
ihre Bankiers zu beschwichtigen, denn die meisten haben keinen Kredit mehr.« Er
zuckt die Achseln. »Ich weiß das.«
    »Ich sollte Sie hinschicken«,
sagt der Kardinal vergnügt. »Sie könnten Papst Clemens ein Darlehen anbieten.«
    Warum nicht? Er kennt die
Geldmärkte; vermutlich könnte er es arrangieren. An Clemens' Stelle würde er
sich dieses Jahr stark verschulden und Truppen anheuern, um seine Territorien
zu schützen. Aber wahrscheinlich ist es zu spät; für die sommerliche
Kampfsaison muss man bis Lichtmess rekrutieren. Er sagt: »Wollen Sie die Klage
des Königs nicht innerhalb Ihrer eigenen Gerichtsbarkeit anstrengen? Lassen
Sie ihn ein paar Schritte tun, dann wird er sehen, ob er wirklich will, was er
zu wollen glaubt.«
    »Das habe ich vor. Ich
beabsichtige, hier in London ein kleines Gericht einzuberufen. Wir

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