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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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spuckten, Mut und Zuversicht ein.
    Ein Telegramm von Marys Mutter: «Bin der Ansicht, ihr solltet nach Hause kommen», und ein zweites: «Alle sagen, ihr müßt unbedingt kommen», verstärkte in ihnen nur den Wunsch zu bleiben.
    Dann rief sie an. «Kommt, solange es noch möglich ist», drängte sie. «Es geht um Krieg oder Frieden, so sagt jedenfalls Gerald.»
    «Das hätte ich ihr auch sagen können», sagte Mary, als sie aus der Telefonzelle kam, in die sie sich mit Sam gezwängt hatte, um den hysterischen Ausbrüchen jenseits des Kontinents zu lauschen. Man konnte sich nicht vorstellen, daß Gefahr drohte, solange das Meer von der Küste von Amalfi blauer denn je war und die violetten Bougainvillea sich in Hülle und Fülle über die Terrasse rankten. Mussolini und die italienischen Zeitungen äußerten sich ruhig und besonnen.
    Sam zog überall Erkundigungen ein, und Mary, die sein sonnengebräuntes, ernstes Gesicht betrachtete, sah, wie schwer er sich zu den Worten durchrang: «Ich glaube wirklich, wir sollten abreisen, Liebling. Ich werde mich erkundigen, ob wir noch in den Zug reinkommen.»
    «Bitte unternimm noch nichts», flehte sie. Sie hatte inzwischen mit dem Zimmermädchen konferiert. «Wir wollen noch abwarten und sehen, was geschieht.»
    Dann rief Sams Vater an, er sprach erregt und unzusammenhängend und sagte, daß er sich trotz seiner sechzig Jahre bei seinem alten Regiment melden würde. Chamberlain beabsichtige nach München zu fliegen, teilte er außerdem mit.
    «Es ist eine schwere Krise», brüllte Sams Vater von weither mit dem Lispeln, das ihn so unwiderstehlich machte.
    Der Portier kam mit der Nachricht, daß er mit vieler Mühe — und selbstverständlich hohen Extrakosten — noch zwei Schlafwagenplätze für den Rom-Expreß ergattert habe.
    «Was sollen wir nun machen?» fragte Sam. «Es scheint mir nicht sehr verlockend, hierzubleiben, wenn wir den ganzen Tag mit Telegrammen und Telefonanrufen bombardiert werden. Wird nicht lange dauern, dann kommt deine Mutter in einem Jagdflugzeug angebraust, mit Gerald am Steuer.»
    «Um Himmels willen», sagte Mary, ging auf die Terrasse und blickte aufs Meer hinaus.

10

    Mary lag in dem kleinen Haus in Little Creek End in ihrem Bett und lauschte dem Ächzen der Pappel draußen vor dem Fenster, an deren kahlen Zweigen der Sturm zerrte. Sie sah förmlich, wie der gequälte Baum sich weit von einer Seite zur anderen bog, wie sein nasser Stamm glänzte. Bildete sie es sich nur ein, oder ließ der Wind endlich nach? Es schien eine Ewigkeit her zu sein, daß die Nacht begonnen hatte.
    War eine Nacht schon je so lang gewesen? Lang genug, daß das ganze Leben an einem vorbeiziehen konnte — unendlich lang. Es hieß, so sei es, wenn man ertrinke, nur wäre in wenigen Sekunden alles vorbei. Nein, nein — schnell an etwas anderes denken.
    Aber wie entsetzlich kalt würde es im Meer sein —
    Sie zwang sich, wieder an Italien zu denken, an die bange Heimreise, die durch Chamberlains Besuch in München und ein Stück weißes Papier, das er mitbrachte, einen unerwarteten Abschluß fand. Warum hatte der Krieg nicht damals begonnen, anstatt erst ein Jahr später. Da wäre Sam noch nicht in dem Freiwilligen-Korps der Marine gewesen und auch nicht gleich zum Einsatz gekommen. Und dann wäre er jetzt nicht auf der gewesen.
    Bald nachdem sie zurück waren, hatte er sich gemeldet. Mary erinnerte sich, wie er gesagt hatte: «Dieser Hund, der Hitler, der hat uns die Hochzeitsreise verdorben. Das macht er ungestraft nicht noch mal, dafür sorg ich.»
    Vor zwei Monaten — erinnerte sie sich — hatte er gesagt: «Wenn diese Sache vorbei ist, dann fahren wir beide sofort wieder nach Amalfi, hörst du?» Das war auf dem King’s Cross-Bahnhof gewesen, kurz bevor sein Zug abfuhr.

    O Lieb, wir werden nie mehr in das Land des Sommers fahren übers Meer — — —

    Seine Mütze hatte schräg auf einem Ohr gesessen. Es war wichtig, sich an solche Dinge zu erinnern, gerade an solche Kleinigkeiten. Die würden ihr auf lange Zeit ein Trost sein müssen.
    Unten schlug die blau-weiße Porzellanuhr ein weiteres Mal. Sieben gedämpfte Schläge. In einer Stunde würde sie den Feldweg hinuntergehen, um den Bus zu bekommen, der die Landstraße entlang fuhr. Sie wußte genau, wie alles vor sich gehen würde: Eine Viertelstunde Fahrt bis ins Dorf Weatherby. Die übliche Verzögerung, bis das Gespräch durchkam, bei dem Mrs. Munday, die Postmeisterin, sie dann durch die

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