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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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– und er eines Tages eines von einer anderen Frau bekam. Madame Leclerque hätte unter seinem Weggang schrecklich gelitten. Sie sei seitdem sehr einsam und passe, ihrer hohen Bildung wegen, auch nicht so recht zu ihren Nachbarn hier heroben.
    Ich schmunzelte, weil ich bei seinen Worten an gewisse Toilettenzimmer und Plumpsklosetts denken musste, aber ich zog das Grünseidene an, packte ein Glas selbstgerührte Aprikosenkonfitüre in meinen Korb - mit leeren Händen wollte ich nicht bei ihr erscheinen - und stieg zu ihr hinauf, denn ihr Haus war ein ganzes Stück weiter in den Hang hineingebaut.
    Simone öffnete selbst. Sie war eine große, gutaussehende, schlanke Person mit blondem, wie mir schien gebleichtem Haar, das sie im Nacken zu einem dicken Knoten zusammengesteckt trug. „Der Heilige Hieronymus setzt gelbgefärbtes Haar der Flamme des höllischen Feuers gleich“, hatte Saunière gespöttelt, wann immer er Simone zu Gesicht bekam.
    Die Nase der Frau war zwar ein wenig zu spitz, aber ihre blauen Augen blickten treuherzig. Ihr dunkelblaues, stark auf Taille geschnittenes Kostüm, das eine weiße Spitzenbluse mit Stehkragen vorteilhaft zur Geltung kommen ließ, stand ihr wunderbar. Am Kragen steckte eine bezaubernde Kamee.
    „Ach bitte, Marie – ich darf Sie doch so nennen? –, kommen Sie herein! Ich freue mich sehr, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.“
    Ich betrat das schmucke Häuschen, dessen Interieur demjenigen von Juliettes Elternhaus in nichts nachstand. Im Gegenteil. Ich hätte sofort mit Madame getauscht, Einsamkeit hin und Einsamkeit her! Allüberall standen dunkle weinrot schimmernde Schränke und Vitrinen, wohl aus wertvollem Mahagoniholz. Das ganze Zimmer war überdies mit grünen Farnen dekoriert, die den passenden Kontrast zu dem Holz bildeten. An den Fenstern hingen wunderschöne Vorhänge malerisch bis auf den Boden hinab, mit bunten Pfauen, Palmen und Schmetterlingen auf beigem Grund bestickt. Teuer! Von solchen Dingen verstand ich etwas, ich hatte schließlich einmal bei der Trussaut gearbeitet.
    „Guter Gott, Madame, wo haben Sie nur diesen herrlichen Stoff gefunden?“ rief ich bewundernd aus. Simone freute sich offensichtlich über das Kompliment, denn sie erzählte mir ausführlich, dass sich in der Rue de la Paix in Paris das einzige Geschäft auf der ganzen Welt befinde, das derartige Schätze in seinen Regalen verberge. In ihrem kleinen, aber sehr gemütlichen Speisezimmer waren ähnliche Vorhänge drapiert, dieses Mal jedoch mit Tigern und grünen Farnen auf roséfarbenem Chintz. Aus dem gleichen Stoff war zu meiner Überraschung die Tischdecke gefertigt, und die gleichfarbigen Servietten lagen als Lilien gefaltet, auf blütenweißen Porzellantellern.
    Saunière hatte recht – Madame Leclerque passte ganz sicher nicht nach Rennes-le-Château.
    In einer Anrichte hatte sie Kostbarkeiten ausgestellt, deren Anblick mich ganz schwermütig machte. Bunte chinesische Teeurnen, putzige Engel in allen Größen, mit Gold verzierte und bemalte Schalen und Jubiläumsteller. Ein Stück war schöner als das andere. Solches Porzellan würde ich niemals im Leben besitzen, wenn man einmal von den Fabeltellern absah, die mir so unverhofft in den schoss gefallen waren. Nein, das hier ist entschieden nicht deine Welt, Marie, dachte ich bei mir.
    Simone musste mir meine Stimmung angemerkt haben, denn sie nahm mich am Arm und deutete in die Runde: „Wissen Sie, Marie, ich selbst komme aus eher bescheidenen Verhältnissen, wenn auch mein Vater ein angesehener Seidenraupenzüchter aus Olarges war. Aber bis auf einige wenige wertvolle Erbstücke habe ich alles hier nicht ihm, sondern meinem Mann zu verdanken, der ein hochgeachteter Amtmann in Carcassonne ist, dazu der einzige Sohn ziemlich reicher Eltern. Der Wohlstand, mit dem wir uns gleich nach der Hochzeit umgeben konnten, hatte aber seinen Preis, meine Liebe. O ja! Mein Mann nimmt seinen Beruf sehr ernst. Er konnte daher meist nur ein bis zweimal im Monat nach Hause fahren. In Carcassonne war er in einem kleinen, aber recht gemütlichen Hotel einquartiert, und ich sollte in unserem Häuschen auf ihn warten, denn sein Herz schlug nur für seinen Berg, nur für Rennes-le-Château!“ Sie seufzte. „Bis es für eine andere schlug. Ach, ja! Sie werden es sicherlich schon gehört haben.“
    Ich nickte. Simone Leclerque schwieg eine Weile mit tränenfeuchten Augen. Dann schluckte sie schwer und fuhr fort: „So war ich also schon zu Beginn

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