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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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unserer Ehe viel allein. Kinder konnten wir keine bekommen, das hätte vielleicht einiges geändert – aber so ist es eben im Leben. Man kann nicht alles haben!“
    Der letzte Satz kam mir doch sehr bekannt vor. „Ja, natürlich, jeder hat auf seine Art sein Los zu tragen, und man muss zufrieden sein, wenn man nur gesund ist und arbeiten kann, Madame Leclerque.“
    „Mein Mann war es nicht“, klagte sie. „Zufrieden, meine ich. Aber setzen Sie sich, liebe Marie!“ Als ich Platz genommen hatte, lächelte die Frau wieder. „Und sagen Sie Simone zu mir, nur Simone“, meinte sie. „Ich lasse Sie nun für einen Augenblick allein, um den Kaffee zu holen. Sophie hat sonntags immer frei.“
    Ich sah mich, nun ungenierter, weiter um. Da hingen in goldenen Rahmen allerlei Urkunden an den Wänden, dazwischen ein großes Krummschwert und etliche furchterregende geschnitzte Masken aus Ebenholz.
    Simone kam rasch zurück, mit einer Silberplatte in den Händen, auf der kleine Kuchenstücke lagen. Mit einer zierlichen Zange legte sie mir vor.
    „Sie haben so viele interessante Gegenstände“, ich deutete auf das Schwert, „war Ihr Mann irgendwann einmal in den Kolonien?“
    „O nein, nein! Die Sachen stammen von meinem Bruder, der auf Madagaskar Distriktverwalter ist. Wenn er auf Heimatbesuch kommt, schleppt er zuhauf Kuriositäten hier herauf. Am Anfang haben wir uns ja noch darüber gefreut, aber mittlerweile ist der ganze Dachboden voll davon. Wenn Sie Gefallen daran haben, Marie, dürfen Sie sich gerne etwas aussuchen! Übrigens plagt mich mein Bruder seit kurzem in seinen Briefen, dass ich ihm dort in der Einsamkeit Gesellschaft leisten soll. Aber ich fürchte, ich vertrage das Klima nicht.“
    „Das ist aber schade – ich für meine Person fände es aufregend einmal etwas anderes zu sehen als das, was ich von Kindesbeinen an kenne“, schwärmte ich.
    An dieser Stelle hätte ich lieber schweigen sollen, wie sich später zeigte.
    „Ja, Sie sind noch sehr jung, Marie! Da hat man solche Träume. Ich jedoch, ich kann mich einfach für nichts mehr begeistern.“
    „Sie sollten sich etwas Neues vornehmen, Madame!“ sagte ich. „Etwas wodurch Sie wieder Freude am Leben finden. Einen Kuraufenthalt vielleicht, Gedichte schreiben oder malen! Haben Sie denn kein einziges Steckenpferd?“
    „Ach, doch, doch – früher, auf der Höheren Töchterschule in Mendes habe ich einmal sehr schön gezeichnet und Klavier gespielt. Aber nun erscheint mir alles trübsinnig, öde. Ja, wenn mein Mann noch bei mir wäre! Damals hatte ich eine Aufgabe, und wenn es nur die war, das Haus gemütlich herzurichten und auf ihn zu warten. Früher habe ich mich seiner häufigen Abwesenheit wegen oft beklagt, jetzt wäre ich unserem Herrgott dankbar, wenn ich noch ein einziges Mal sähe, wie er in seinem schwarzen Anzug den Berg heraufkeuchte. Er ist nämlich stets zu Fuß hinaufgestiegen, niemals hat er sich fahren lassen. Er war sehr sportlich, mein Eric! Ach ja!“ seufzte sie erneut. „Können Sie sich vorstellen, liebe Marie, wie schrecklich es ist, ständig auf die Schritte desjenigen zu lauschen, den man noch immer liebt? Wenn man sich wieder und wieder einbildet, seine Stimme zu hören, sein dunkles Lachen? Wenn man sich sagt: Los, zähle bis hundert - oder besser gleich bis tausend, das ist sicherer, dann nimmt er dich wieder in den Arm und sagt dir, dass nur du allein die Frau seines Herzens bist. Ach, machmal denke ich, dass mein ganzes Leben nur aus Warten und Zählen besteht, aus Zählen und Warten. Ich kann es einfach nicht akzeptieren, dass er mich endgültig verlassen hat. Er hat zwar eine Annullierung der Ehe in Rom beantragt, aber das dauert. Er lebt also in Sünde mit dieser Frau zusammen, welch eine Schande! Sie haben ein Kind, nun ja, das bindet. Trotzdem laufe ich noch immer hundertmal am Tag zum Fenster und schaue den Berg hinab. Aber er kommt natürlich nicht mehr, und es kommt auch sonst niemand. Wer sollte auch zu mir wollen?“ jammerte die Frau.
    „Haben Sie denn niemanden im Dorf, mit dem Sie näher befreundet sind, Madame?“ fragte ich betroffen.
    „Ach bitte, nennen Sie mich doch Simone! Nein, die Frauen in meinem Alter haben fast alle mit der Familie, dem Haushalt oder der Arbeit im Weinberg zu tun, und die jungen Dinger, die haben nichts anderes im Sinn, als den Burschen schöne Augen zu machen. Sie jedoch sind eine Ausnahme, Marie! Sie sind hübsch und machen doch einen so ernsten, verständigen Eindruck

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