Marie und die Sache mit Papas neuer Freundin
gründlich die Laune verdorben.
»Soll ich dir tragen helfen?«
»Quatsch. Geht doch baby!«
Marie und Cem liefen durch das Wohngebiet zur Hauptstraße. An der Ampel fragte Cem: »Wie war dein Wochenende?«
»Gut«, log Marie.
»Und Halloween? Dana, Elin und ich waren bei euch, aber leider war nur dein Papa an der Tür.«
Marie stöhnte. »Hast du den Ekelschnurrbart gesehen?«
Cem grinste, und Marie musste kichern. »Furchtbar, oder?«
»Oberpeinlich. Aber jeder macht mal etwas Dummes«, erklärte Cem weise.
»Wenn du wüsstest! Der Schnurrbart ist nicht das einzige Dumme, das Papa angestellt hat.«
»Was denn noch?«, fragte Cem interessiert.
»Papa hat eine Freundin !« Marie verdrehte die Augen.
»Echt? Wen?«
»Sie heißt Judith, und er himmelt sie an. Dabei ist sie blöd und hält mich für ihre neue beste Freundin. Pah!« Marie blickte schnell nach links und rechts. »Die Ampel wird ja ewig nicht grün! Ich will heute nicht zu spät kommen. Los, wir gehen rüber!«
Alles geschah wie in Zeitlupe. Marie machte einen Schritt auf die Fahrbahn. Cem brüllte: »Vorsicht, der Radfahrer!«, und streckte den Arm aus. Er erwischte Marie am Ranzen und zog sie mit einem Ruck zurück auf den Gehweg. Marie schwankte und ließ die Tüte los, die in hohem Bogen davonsegelte und auf dem nassen Asphalt landete. Marie blieb fast das Herz stehen, als der Radfahrer vorübersauste und mit einem Schlenker haarscharf ihrem wertvollen Raumschiff auswich.
»So ein Glück!«, rief Marie und wollte schon auf die Straße stürzen, um ihre Hausaufgabe zu retten. Da sah sie das Auto. Der Fahrer achtete so konzentriert auf Marie und Cemam Straßenrand, dass er nicht auf die Fahrbahn guckte. Mit einem schrecklichen Knirschen rollten die Räder über Maries Raumschiff.
Ihre Hausaufgabe, ihre Rettungsidee – es war alles im Eimer.
Blümchenpause
Stumm setzte sich Marie an ihren Platz. Cem packte seinen Ranzen aus.
»Wir können ja sagen, dass wir den Aufsatz zusammen geschrieben haben«, schlug er vor.
Marie hielt die verschmutzte Tüte mit den Resten ihrer Hausaufgabe fest umklammert. Sie kämpfte gegen die Tränen. »Nein«, murmelte sie. »Ich sage Herrn Klopp lieber die Wahrheit.«
Langsam füllte sich das Klassenzimmer. Um kurz vor acht kamen die Drillinge herein und setzten sich auf ihre Plätze in der ersten Reihe. Lena, Lara und Leo legten Federmappen und Hefte nebeneinander auf den Tisch und drapierten dann ein riesiges, von einem goldenen Tuch verhülltes Etwas vor sich auf dem Tisch. Ohne Zweifel ihre Hausaufgabe. Ohne Zweifel schick, modern undwie alles, was die Drillinge besaßen, teuer. Marie brummte verstimmt.
Sofort drehte Lena sich um. »Ah, Marie, guten Morgen«, sagte sie zuckersüß. Sie trug wie immer eine rote Haarspange in den glänzenden braunen Haaren und dazu passende Ohrringe. Ihre Drillingsschwester Lara schmückte sich gewöhnlich in Marineblau mit Weiß. Beide hatten Blusen und Faltenröcke an. Leo trug ein Hemd mit Kragen und darüber einen Pullunder. Gemeinsam sahen die drei aus wie frisch aus dem Katalog für einen Urlaub am Meer.
»Morgen.« Marie zeigte auf das goldene Ungetüm. »Ist das eure Hausaufgabe?«
»Eine Überraschung!«, flötete Lena. »Sie ist wundervoll .«
»Und deine?«, fragte Lara.
Marie knisterte mit der Tüte. »Hier drin«, sagte sie.
»Übrigens«, meinte Lena, »waren wir an Halloween bei dir zu Hause. Da hat so ein Mann die Tür geöffnet, einer mit Schnurrbart.«
»Aber ohne Hemd«, ergänzte Lara. »War das dein Vater?«
Marie wäre am liebsten im Boden versunken. Sie nickte.
»Aah«, machte Lena und warf Lara einen Blick zu. Maries Gesicht wurde heiß wie eine Glühbirne und mindestens ebenso leuchtend. Zum Glück betrat in diesem Moment Herr Klopp den Raum. Die Drillinge drehten sich nach vorn.
Der Sachunterricht verlief eigentlich ganz in Ordnung. Herr Klopp hatte Verständnis für Maries Unfall und gab ihr eine weitere Woche Zeit, um ein neues Raumschiff zu basteln. Die Hausaufgabe der Drillinge, die sie mit großem Trara aus dem goldenen Tuch zauberten, entpuppte sich als …
»Ein riesiger Haartrockner?«, fragte Herr Klopp verwirrt.
»Aber nein!«, zwitscherte Lara. »Kein Trockner, ein Kühler! Und nicht für Haare, sondern für die Welt! Der Weltenkühler – Einstöpseln, Anschalten, Kühlen. Das ist unser Werbespruch. Genial, oder?« Sie strahlte den Lehrer an, Lena und Leo strahlten mit.
Herr Klopp machte ein Zeichen in sein
Weitere Kostenlose Bücher