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Marie und die Sache mit Papas neuer Freundin

Marie und die Sache mit Papas neuer Freundin

Titel: Marie und die Sache mit Papas neuer Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Scheller
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der ausgestreckten Zunge darauf nicht mehr schön genug? Aber das waren nun einmal ihre Zuhause-Kuschel-Klamotten, das wusste Elias genau.
    Bevor Elias das Wohnzimmer betrat, schloss er den letzten Hemdknopf und fuhr sich durch die schwarzen Haare. Dann schob er Marie an den Schultern ins Zimmer. Marie fühlte sich zum Sofa manövriert, auf dem die Unbekannte Platz genommen hatte.
    Die Fremde stand auf, als Elias und Marie hereinkamen, und ging auf die beiden zu. Dann blieb sie stehen und lächelte erst Marie, dann Elias an. Marie blieb vor Schreck die Luft weg, als Papa sie wie einen leeren Einkaufswagen zur Seite schob, die Hände von ihren Schultern nahm und stattdessen die Fremde umarmte. Dann gab er ihr einen Kuss. Auf den Mund.

Spinnefreundlich
    Elias und die Frau machten einen Schritt voneinander weg. Sie grinsten wie zwei ertappte Teenager. Dann wandte die Blonde sich an Marie und sagte: »Schön, dich endlich kennenzulernen, Marie. Ich bin Judith Holzapfel.« Sie streckte Marie die Hand hin. Marie nahm sie und berührte sie sehr kurz. Dann fielen ihre Arme, schwer wie zwei übervolle Schulranzen, links und rechts zur Seite.
    Papa räusperte sich. »Ja, also, Marie Helene«, begann er. Marie japste nach Luft. Wenn Papa sie bei ihrem vollen Namen nannte, musste es ernst sein. »Marie Helene, das ist Judith. Frau Holzapfel. Judith?« Er blickte die Frau unsicher an.
    »Judith«, sagte die Blonde schnell. »Wir sagen du, wie die besten Freundinnen. Nicht wahr?«
    Marie grunzte. Beste Freundinnen? Mal sehen.
    »Das ist also Judith«, sagte Papa schon wieder.
    Marie fand ihre Stimme wieder. »Ich hab’s gehört, Papa. Aber was will sie bei uns?«

    Natürlich kannte Marie die Antwort eigentlich schon. Schließlich küsste Papa nicht jeden Abend fremde Frauen im Wohnzimmer. Aber ihr zu Stein erstarrtes Inneres würde es auf keinen Fall glauben, bevor er es nicht laut und deutlich gesagt hatte. Vermutlich nicht einmal dann.
    »Frau Holzapfel   – ich meine, Judith   – sie ist meine   … neue   … meine Freundin. Partnerin. Ich bin in sie verliebt.« Elias fühlte sich bei dieser Erklärung sichtlich genauso unwohl wie Marie. Er trat von einem Fuß auf den anderen, strich sich über den Ekelschnurrbart, ergriff einmal Judiths Hand, dann wieder streichelte er Marie über den Kopf. Ein kleiner Teil in Marie freute sich diebisch über Papas Unruhe.
    Marie konnte es nicht fassen. Zehn Jahre mit Papa, davon neuneinhalb nur sie beide. Und nun wollte sich irgendeine fremde Frau Holzapfel in ihre kleine Märchenwelt hineinstehlen?
    Sie war jedenfalls schon munter dabei. Geschäftig packte Judith ihre Tüte aus.
    »Guck mal, Marie! Ich habe Lakritzvampire, Traubensaft   – als Blut, weißt du«, sie zwinkerte Marie zu, »falsche Spinnweben, schimmlige Muffins   – keine Sorge, das ist nur Zuckerguss   – und Grablichter dabei. Wir machen uns eine prima Halloween-Party!« Judith sah strahlend von Marie zu Elias. »Übrigens, Schatz«, sagte sie dann und strich Elias zärtlich über den Ekelschnurrbart, »dein Kostüm ist fabelhaft.«

    Elias grinste Marie unsicher an. »Siehst du? Judith findet ihn gut«, sagte er.
    Marie war so voll mit Schock und Ärger und Angst   – sie konnte gar nicht so viele Wörter in ihren Mund bekommen, wie sie gebraucht hätte.

    »Pah!«, sagte sie. Sie hatte das Gefühl, sie müsste Elias noch viel mehr sagen, aber es kam nur ein zweites »Pah«.
    »Hilfst du mir, die Spinnweben aufzuhängen?«, fragte Judith freundlich. Marie antwortete nicht. Elias und Judith warfen sich einen Blick zu. Marie sah, wie Elias entschuldigend mit den Schultern zuckte und Judith mitfühlend lächelte, als ob sie ganz genau wüsste, was los war.
    »Gar nichts versteht ihr!«, brachte Marie hervor und rannte so schnell sie konnte die Treppe hinauf. Als sie ihre Zimmertür hinter sich zuschlug, lauschte sie automatisch nach unten. Kein vertrauter Schrei von »Räum auf!« hallte durch den Flur. Marie warf sich auf ihr Bett und starrte finster in die Dunkelheit.

Grüne Monster
    Ein paar Tage lang war es so, als sei nichts geschehen. Der Ekelschnurrbart und Judith Holzapfel verschwanden so gründlich aus Maries Leben, dass sie schon fast glaubte, sie hätte beides nur geträumt. Doch der Traum währte nicht lange. Am Sonntagmorgen kam Papa in Maries Zimmer und machte es sich neben ihr auf dem Bett gemütlich.
    »Wie wäre es heute mit einem Ausflug?«, fragte Elias.
    Marie fühlte sich pudelwohl.

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