Marienplatz de Compostela (German Edition)
»Nein Alex, das haben wir nicht. Es war wirklich nicht die passende Situation, um da gleich mit der Verdachtsnummer daherzukommen. Aber dein Ansatz könnte durchaus in die rechte Richtung gehen. Das mit dem Familienstreit, da müssen wir wirklich noch mal ran, aber mein Gefühl sagt mir, dass an der Vermisstengeschichte wirklich was dran ist.«
Batthuber meldete sich. »Entführung und Erpressung scheiden ja wohl aus und wie ihr gesagt habt, hatte sie gerade keinen Lebensgefährten. Vielleicht hat sie ja ihre große Liebe getroffen und die machen nun verrückte Sachen, oder so.«
»Verrückte Sachen … oder so«, wiederholte Bucher und schüttelte missbilligend den Kopf.
»Suizid ist unwahrscheinlich, habt ihr gesagt?«, fragte Hartmann dazwischen. Bucher bestätigte stumm.
Batthuber blieb unbeeindruckt. »Das einzig Objektive ist doch diese Karte. Ein französischer Druck, französische Briefmarke und Stempel … und ziemlich versifft, wie ich finde. Unten ist die Tinte verlaufen. Schaut aus, als hätte es draufgeregnet. Was machen wir damit?«
Lara Saiter nahm die Karte zur Hand und drehte sie. »Eine daktyloskopische Untersuchung wird wenig bringen. Zuerst kommt die Handschriftenanalyse dran und vielleicht lassen sich die Vertriebskanäle ermitteln, die Einwurfstelle kriegen wir über den Poststempel und unter der Briefmarke finden sich vielleicht ein Fingerabdruck oder irgendwelche DNS -Spuren. Da denken die wenigsten dran – an die Klebefläche.«
Bucher stimmte zu. Wie oft hatten sie schon auf der Klebeseite von Tesa oder Paketband verwertbare Spuren gefunden. Wieso sollte es bei einer Briefmarke nicht anders sein? Mehr war im Moment nicht möglich.
»Da ist noch etwas, was mit dieser Postkarte zusammenhängt«, sagte Bucher.
Die anderen sahen ihn gespannt an, denn er hatte langsam gesprochen und nachdenklich. »Ich habe vorhin in Google Maps recherchiert, nach diesem Lanac, der Ort zu dem sie wollte. Also – in ganz Frankreich habe ich kein Lanac gefunden. Es gibt keine Stadt, kein Dorf, mit diesem Namen!«
Die anderen sahen sich fragend an. Buchers Meinung festigte sich: »Diese Postkarte … mit der stimmt irgend etwas nicht.«
»Okay, wie machen wir dann weiter?«, kam es von Hartmann.
Bucher hatte bereits die nächsten Schritte festgelegt. Das Ehepaar Blohm musste nochmals befragt werden. Hartmann und Batthuber sollten das Gespräch mit ihnen führen – vorsichtig und einfühlsam –, wie er betonte. Er selbst wollte sich um die kriminaltechnische Auswertung der Postkarte kümmern, während Lara Saiter den Freundes- und Kollegenkreis Anne Blohms eruieren sollte. Batthuber oblag die leidige Aufgabe, den Fall im System zu erfassen, mit Aktenzeichen, Suchanfragen in allen Recherchediensten und Datenbanken, Vorbereitung der internationalen Ermittlungsersuche für Österreich, die Schweiz und Frankreich. »Das volle Programm eben«, konkretisierte Bucher den Auftrag. Und er brauchte eine Übersicht jener Vermisstenfälle der letzten fünf Jahre, die ein Muster zum Fall Anne Blohm aufwiesen. Ohne Gemütsbewegung nahm Batthuber die tagefüllenden Aufträge an.
*
Bucher schnappte Ansichtskarte und Referenzbrief von Anne Blohm und begab sich in den nächsten Gebäudetrakt zur Kriminaltechnik. Eine Baustelle im Haus zwang ihn auf eine umständliche Route durch trübe Gänge und weite Flure. Der Fall Anne Blohm bereitete ihm zunehmend Unbehagen, ohne dass er das an einem bestimmten Fakt hätte festmachen können.
Anständig klopfte er an der Tür und wartete auf das »Herein«.
Friedemann Beck saß am Schreibtisch und blickte interessiert zur Tür. Er trug seine Brille wie gewohnt auf der vordersten Nasenspitze, sodass seine Augen über den silbernen Rahmen hinweglinsen konnten.
Bucher begrüßte ihn übertrieben freundlich und setzte sich unaufgefordert auf einen freien Bürostuhl. »Ich kam gerade zufällig vorbei und dachte, ich besuche mal meinen alten Freund Friedemann Beck und frage, wie es ihm so geht.«
Beck nahm seine Brille langsam ab, legte sie auf die Fläche vor der Computertastatur und sank im Stuhl nach hinten. Er lächelte listig. »Was willst du?«
»Fragen, wie es dir geht«, antwortete Bucher unschuldig, »was macht die Gesundheit, spielst du noch Schach, Kinder und Frau gut beisammen?«
Friedemann Beck kratzte sich am Kinn. »Gesundheit okay, Schach spiele ich noch und meine Kinder sind inzwischen erwachsen. Wie die Zeit vergeht, nicht wahr? Du könntest mich aber
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