Marienplatz de Compostela (German Edition)
setzte sich an die Längsseite des Tisches und lehnte den angebotenen Kaffee mit der Begründung ab, bereits genug zu schwitzen. »Und, was habt ihr?«
Bucher berichtete knapp vom Besuch bei den Blohms.
»Mhm, die Sorge der Leute ist also nachvollziehbar. Gibt es Schwachstellen?«
Das war der Part von Hartmann, der seine Bedenken hinsichtlich der Vermisstenvariante äußerte.
»Ja, das muss man ausermitteln, vollkommen klar. Was habt ihr veranlasst?«
Lara Saiter zählte alle bisher getroffenen Maßnahmen auf.
»Mhm, ihr habt also eine Entscheidung getroffen – volles Programm.« Es klang zufrieden.
»Volles Programm«, bestätigte Bucher.
»Ist halt Ausland«, traute sich Batthuber auch was zu sagen.
»Ja, läuft alles auf Frankreich hin raus, stimmt«, sagte Weiss nachdenklich, »ist aber im Moment kein Problem. Ich wollte nur wissen, wie es grundsätzlich aussieht. Bin jetzt in der Besprechung und wollte dort was halbwegs Qualifiziertes dazu sagen können.«
Er richtete sich auf, wünschte frohes Schaffen und eilte davon.
Batthuber war angefressen. »Hat der was gegen mich, oder was?«
»Dein freches Maul nervt ihn«, sagte Bucher ungerührt.
»Ich hab doch gar nichts gesagt!«, echauffierte sich Batthuber.
Routinearbeiten bestimmten den Fortgang. Lara hing den halben Vormittag am Telefon und arbeitete sich durch die Liste mit Telefonnummern der Freundinnen von Anne Blohm. Keine wohnte mehr in München. Erst im letzten Telefonat erhielt sie einige spärliche Auskünfte und wusste nicht so recht, wie sie das in einen kurzen Vermerk fassen sollte, was die Freundin aus Paderborn ihr erzählt hatte.
Hartmann und Batthuber mieden die Nymphenburger Straße, die von Lieferfahrzeugen zu einem Stauzentrum verwandelt worden war, und unterfuhren die Donnersberger Brücke. Am Rand der Südlichen Auffahrt, im Schutz der Betonverstrebungen, stand ein Streifenwagen. »Da steh’n sie, die Wegelagerer«, brummte Hartmann, »Rotlichtverstöße. Muss man echt aufpassen hier, hat schon einige von uns erwischt, da kennen die nix.«
Batthuber nuschelte etwas Unverständliches.
*
Der Besuch der beiden Kriminalpolizisten vom Samstag hatte eine große Unruhe in die Seelen des Ehepaars Blohm gebracht und ihre Gefühle über den Nachmittag hin mächtig aufgewühlt. Nicht ein einziges Wort hatten sie nach dem Fortgang der beiden Polizisten darüber austauschen können, aus Angst vor der Verzweiflung, die sie beide erfasst hatte, und die sie sich hätten gestehen müssen. Das durfte nicht sein, das durften sie einander nicht zumuten.
Sie war in den Garten gegangen, hatte hier und da gezupft, geschnitten, die Rosen betrachtet, ohne die vollendeten Farben zu bemerken oder die betörenden Aromen des Sommers aufzunehmen.
Ihr Mann hatte den sonnigen Tag bis zum Abend im Arbeitszimmer verbracht, wo er Unterlagen sortierte und Arbeitsaufträge abheftete. Dinge eben, die keiner gesteigerten Gestaltungskraft bedurften. Sein Büro hätte es ebenso gut erledigen können.
Am Abend hatte sich eine Beruhigung ihrer Innenleben eingestellt. Noch immer waren sie voller Sorgen und Befürchtungen und ein dunkler gewordener Schatten lag über ihrem Leben, weil der Besuch der Polizisten die Skrupellosigkeit der Wirklichkeit deutlich gemacht hatte. Es war aber auch ein leises Gefühl von Hoffnung dazugekommen. Beiden war es unmöglich, darüber zu sprechen, obschon die Sehnsucht danach, sich endlich der Verzweiflung hinzugeben, fast übermächtig wurde.
Der zarte Schimmer von Zuversicht schenkte ihnen in den folgenden Nächten einige Stunden tiefen, erholsamen Schlaf und sie wurden daraus nicht von bösen Träumen geweckt, sondern vom energischen Tagesbeginn der Vögel in ihrem Garten und den Forderungen, die Tampa stellte.
Mit Anspannung hatten sie dem angekündigten Besuch der beiden Polizisten entgegengesehen. Gab es vielleicht schon Erkenntnisse? Frau Blohm hatte wartend am Fenster gestanden und durch den grünen Spalt der Ligusterhecke hinaus auf die Parkfläche vor der Garage gesehen und sich gefragt, ob sie den Mut zu ihrer Frage haben würde, was mit Anne geschehen sein könnte?
Und dann war das Auto vorgefahren und diese beiden Männer waren ausgestiegen. Ein recht junger Kerl in lockerer Kleidung war dabei. Sie fühlte eine Enttäuschung. Die Zwei am Samstag hatten ihrer Vorstellung von Kriminalpolizei entsprochen. Der Mann mit den kurzen dunklen Haaren, Jeans, Jackett, und diese exotisch anmutende Frau im schwarzen Hosenanzug
Weitere Kostenlose Bücher