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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Schäufele – so lieb gewonnen, dass er sich nicht nur ernsthaft überlegte, dem noch nicht eingetragenen Verein beizutreten, sondern dass es ihm auch immer schwerer fiel, sich zur Abwechslung zwischendurch auf Sophies Gutscheinbuch einzulassen. Die wenigen Male, die er sich dann doch überwand, nutzte Sophie daher schamlos zu ihren Gunsten aus: Sie reservierte in Lokalen, in die er sich unter normalen Umständen zu gehen geweigert hätte. Deshalb saßen sie an diesem Samstagmittag Mitte Juli nun gemeinsam im Garten eines afrikanischen Restaurants.
    Allein die Tatsache, dass es in Nürnberg eine solche Gaststätte gab, verwunderte Hackenholt. Entweder waren die Franken doch nicht so eigen, wie ihr Ruf es ihnen nachsagte, oder der Laden musste ein Geheimtipp unter Kennern sein, da es ihn laut Hinweis in der Speisekarte bereits seit über zehn Jahren gab.
    Sophie war schon restlos begeistert, als sie die Bedienung sah. Der Ober war so feingliedrig und seine Haut so dunkel, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Als Hackenholt und Sophie herauszufinden versuchten, was sich hinter den unbekannten Begriffen auf der Karte verbarg, lachten die Augen des Senegalesen sie die ganze Zeit über an, während er in einer verwirrenden Mischung aus Französisch, Deutsch und Fränkisch antwortete. Schließlich entschieden sie sich für eine große gemischte Platte, die einen Eindruck der unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der senegalesischen Kulinarik bieten sollte. Hackenholt hoffte inständig, man würde ihm keine gebratenen Heuschrecken, Spinnen, Schlangen oder sonstiges Ungetier vorsetzen.
    Die Wartezeit überbrückte er damit, Sophie zu überreden, am morgigen Sonntag einen Ausflug in die Fränkische Schweiz zu machen. Um genau zu sein, nach Leutenbach, da er in »seinem« Führer von einem exzellenten Brauereigasthof dort gelesen hatte – was er wohlweislich verschwieg, Sophie jedoch sofort erriet.
    Im Geiste bereitete sich Hackenholt schon darauf vor, beim Eintreffen ihres Essens ein fröhliches, nun, notfalls zumindest interessiertes Gesicht zu machen, wobei er sich fest vor Augen hielt, dass auch dieses Lokal nur einen einzigen Gutschein im Buch hatte platzieren dürfen, der mit diesem Besuch aufgebraucht war. Kurz bevor der Moment der kulinarischen Wahrheit jedoch tatsächlich eintreten konnte, begann sein Diensthandy fröhlich zu piepsen.
    Hätte ihn jemand gefragt, und wäre er ehrlich gewesen, hätte er zugeben müssen, dass er in diesem Augenblick inständig hoffte, es wäre etwas Dringendes. Etwas, das ihm einen Vorwand lieferte, das Restaurant fluchtartig zu verlassen. Als er Sophies bohrenden Blick auf sich fühlte, setzte er schnell sein Pokerface auf, bevor er das Gespräch annahm. Es war seine Kollegin Christine Mur, die Leiterin der Spurensicherung.
    »Ich hoffe, ich störe nicht gerade beim Mittagessen, aber nachdem ja morgen erst Sonntag und damit Schäufele-Tag ist, dachte ich, dass ich es wagen kann, dich anzurufen.«
    Für Mur, die im Präsidium wegen ihrer Ungeduld und eher mürrischen Art gefürchtet war, war eine so flapsige und ausführliche Begrüßung reichlich ungewöhnlich. Hackenholt wunderte sich.
    »Was gibt es denn, Christine?«, fragte er misstrauisch.
    »Einen toten Sandler im Lorenzer Reichswald«, antwortete sie nun wieder gewohnt knapp. »Kopfwunde oberhalb der rechten Schläfe. Allerdings könnte er in diesem unwegsamen Gelände auch einfach nur gestolpert und gestürzt sein. Kommst du trotzdem her, oder soll der Dauerdienst alles aufnehmen?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich mach mich sofort auf den Weg. Wo muss ich hin?«
    Rasch gab Mur Hackenholt eine Wegbeschreibung durch, die er auf einer Serviette notierte, bevor er das Gespräch beendete.
    »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst!«, rief Sophie entgeistert. »Habt ihr das abgesprochen, damit du dich vor dem Essen drücken kannst?«
    Hackenholt sah sie empört an. »So etwas würde ich doch nie machen!«
    »Und wozu gibt es dann den Kriminaldauerdienst? Oder hat der am Wochenende vielleicht frei?«
    »Natürlich nicht, aber wenn ich den Fall am Montagmorgen sowieso auf dem Schreibtisch liegen habe, ist es mir lieber, ihn gleich von Anfang an zu bearbeiten, als mich darauf verlassen zu müssen, was andere vorher vielleicht erledigt haben oder vielleicht auch nicht.«
    So viel wusste sogar Sophie schon: Genau das war nun einmal Hackenholts Art. Wenn er einen neuen Fall übernahm, dann immer mit vollem Einsatz. Sie seufzte.

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