Marissa Blumenthal 01 - Virus
der Pfanne ein Ei aufzuschlagen, zerbrach es ihr, und zusammen mit dem Ei fielen auch Schalensplitter in die Pfanne. Sie hatte das zweite Ei in der Hand, als Ralph mit zwei gefüllten Gläsern erschien. Sie schlug das zweite Ei etwas vorsichtiger auf und rührte alles durcheinander, einschließlich der Schalenreste des ersten Eis.
»Riecht gut«, sagte er fröhlich, setzte ihr Glas ab und tätschelte leicht ihren Rücken. Marissa fuhr zusammen.
»Meine Güte, Sie sind aber wirklich aufgeregt! Was läßt sich denn da tun, damit Sie sich ein wenig entspannen?«
Marissa gab keine Antwort. Obwohl sie nicht mehr den geringsten Hunger hatte, fuhr sie schweigend mit der Arbeit fort - sie rührte die Eier, röstete den Toast, strich Butter darauf und holte ein Glas Marmelade aus dem Kühlschrank. Sie nahm dabei Ralphs teures Seidenhemd wahr, die schweren goldenen Manschettenknöpfe, die aufwendigen Gucci-Slipper - alles an ihm wirkte plötzlich lächerlich angeberisch, ebenso wie das teuer möblierte Haus. All dies zeigte protzig den ungewöhnlichen Wohlstand eines sehr gut verdienenden Arztes, der sich nun fürchtet vor ungewohntem Wettbewerb, vor dem Wandel der Zeit und davor, daß die medizinische Wissenschaft wohl nicht mehr länger ein reiner Anbietermarkt bleiben würde.
Offensichtlich war Ralph ein Mitglied des PAC. Unzweifelhaft hatte er Markham unterstützt. Und es war Ralph gewesen, der immer gewußt hatte, wo sie sich aufhielt - nicht Tad. Während sie die Eier servierte, dachte Marissa, daß es nun, selbst wenn sie von hier entkommen würde, niemanden mehr gab, zu dem sie gehen könne. Auch konnte sie sich natürlich nicht an einen Rechtsanwalt wenden, den ihr Ralph beschafft hatte. Und jetzt, da sie wußte, daß Ralph mit in der Geschichte drinsteckte, fiel ihr auch ein, wieso ihr der Name des von Ralph genannten Anwalts irgendwie bekannt vorgekommen war: Cooper, Hodges, McQuinlin und Hanks waren als Treuhänder beim PAC aufgeführt.
Marissa fühlte sich in der Falle. Die Männer, die ihr nachstellten, hatten weitreichende und mächtige Verbindungen. Sie hatte keine Vorstellung davon, wie tief sie vielleicht sogar ins Seuchenkontrollzentrum eingedrungen waren. Ohne Zweifel gehörte mindestens der Kongreßabgeordnete, der für den Etat des CDC zuständig war, zu den Verschwörern.
Marissas Gedanken jagten durcheinander. Sie hatte Angst, daß niemand ihr glauben würde, und sie war sich nur zu gut dessen bewußt, daß das einzige echte Beweisstück, das sie hatte - die Injektionspistole -, sich irgendwo im Hochsicherheitslabor befand, zu dem, wie sie aus eigener leidvoller Erfahrung wußte, ihre Verfolger Zugang hatten. Das einzige, was im Augenblick völlig klar war, war die Tatsache, daß sie Ralph entkommen mußte, ehe Jackson und vielleicht noch weitere Komplizen auftauchten.
Als sie nach ihrer Gabel griff, tauchte plötzlich das Bild des blonden Mannes vor ihr auf, der in San Francisco durch die aufbrechende Badezimmertür hereinstürzte. Die Gabel entfiel ihr, und sie fürchtete erneut, ohnmächtig zu werden.
Ralph nahm sie am Ellbogen und führte sie zum Küchentisch . Er stellte das Essen auf ein Tablett, schob es vor sie hin und nötigte sie zum Essen.
»In ein paar Minuten wird es Ihnen wieder bessergehen«, versicherte er ihr, »sobald Sie etwas im Magen haben. Dabei ging es Ihnen vorhin doch noch ganz ordentlich.« Er hob die Gabel auf, die sie hatte fallenlassen, und warf sie in das Spülbecken; dann holte er ihr eine andere aus dem Besteckschubfach.
Marissa verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie mußte sich unbedingt zusammennehmen. Wertvolle Zeit verrann.
»Kein bißchen hungrig nach all dem, was Sie durchgemacht haben?« fragte Ralph.
»Wirklich nicht sehr«, gab Marissa zu. Der Geruch der Eier reichte schon aus, um es ihr schlecht werden zu lassen.
»Sie sollten besser ein Beruhigungsmittel einnehmen. Ich habe oben etwas. Was halten Sie davon?«
»Ja, das wäre gut«, stimmte Marissa zu.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte Ralph und drückte ihre Schulter.
Das war die Chance, um die sie gebetet hatte. Sobald Ralph den Raum verlassen hatte, war Marissa auf den Beinen und nahm den Telefonhörer von der Gabel. Aber es ließ sich kein Zeichen hören - Ralph mußte irgendwo die Verbindung unterbrochen haben! Die Möglichkeit, die Polizei zu rufen, war damit schon dahin. Sie legte auf und suchte nach Ralphs Autoschlüsseln.
Nichts. Als nächstes suchte sie sie im angrenzenden
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