Mark Brandis - Aufstand der Roboter (Weltraumpartisanen) (German Edition)
die Streitkräfte des Generals ein nicht zu unterschätzender Gegner.
Der Mann, der dies angeordnet hatte, residierte inmitten der ehemals Kaiserlichen Gärten in Peking und trug den Titel eines Ministerpräsidenten: Tschou Fang-Wu. Bereits einmal, als es um die Planung des Unternehmens Delphin ging, hatte John Harris mit ihm kooperiert; damals freilich war Tschou Fang-Wu erst Verteidigungsminister der VOR gewesen und nicht völlig frei in seinen Entschlüssen.
Das Gespräch zwischen John Harris und Sun Yen Tsan, dem Botschafter, fand unter vier Augen statt. Es abzuhören, wäre unmöglich gewesen. Die Abschirmung dessen, was gesprochen wurde, war vollkommen. »Wenn ich Sie richtig verstehe, Sir«, sagte Sun Yen Tsan, ein kleiner, drahtiger Chinese mit einem weisen Bauerngesicht unter eisgrauem Haar, »so kreist Ihre Sorge darum, die VOR könnten nach dem alten römischen Wahlspruch handeln: Divide et impera , teile und herrsche! Sie glauben befürchten zu müssen, die politische wie militärische Taktik Pekings könnte es sein, sich zunächst mit Ihrer Hilfe des gefährlicheren Gegners zu entledigen, um Ihnen dann hinterher so etwas wie den Todesstoß zu geben! Ist es so, Sir?«
In Harris‘ britischem Pferdegesicht zuckte nicht ein einziger Muskel. Ebenso ruhig und beherrscht mußte sein berühmter Vorgänger an Lord Nelsons Seite gestanden haben, als in der Höhe von Kap Trafalgar über der Kimm die Mastspitzen feindlicher Übermacht emporwuchsen. »Ich fordere Garantien, Exzellenz!« erwiderte er. »Sie werden verstehen, daß es nicht in unserem Interesse liegen kann, den Teufel, das heißt den General, aus dem Lande zu treiben, um Beelzebub, das heißt – Pardon – die VOR, statt seiner hereinzulassen.«
Sun Yen Tsan nickte. »Ein Jahrhundert des gegenseitigen Mißtrauens ist nicht leicht abzubauen, Sir. Das ist uns nicht weniger klar als Ihnen. Ich darf Ihnen heute mitteilen, daß ich von meinem Ministerpräsidenten ermächtigt bin, mit Ihnen über die gewünschten Garantien zu verhandeln.«
»So plötzlich?« Präsident Harris verhehlte seine Überraschung nicht.
»Die Zeit«, erwiderte Sun Yen Tsan, »arbeitet unverändert gegen uns. Der General ist heute stärker denn je – und morgen wird ihn niemand mehr aufhalten können.« Der Botschafter ließ einige Fotografien auf den Schreibtisch gleiten. »Das hier stammt von unserem Geheimdienst.«
Die linke Hand des Präsidenten schob die Fotografien achtlos zur Seite. »Der Homo Factus ist nichts als ein letzter, verzweifelter Versuch, Exzellenz!«
Sun Yen Tsans kleine Mandelaugen blickten auf einmal betrübt. »Leider, Sir, muß ich Sie in diesem Punkt berichtigen. Vielleicht ist Ihr Geheimdienst nicht ganz auf dem laufenden. Der Homo Factus ist heute bereits gefährlicher als alle Raumkampfschiffe und Laser-Batterien zusammen.«
Harris horchte auf. »Würden Sie mir bitte erklären, wie Sie zu dieser Annahme kommen, Exzellenz!«
Sun Yen Tsan deutete auf den Schreibtisch. »Nun, da sind zunächst einmal diese Fotografien -«
»Fotografien beweisen absolut nichts! Was zeigen sie denn schon? Eine Anzahl von gutgewachsenen Männern, die einander verblüffend ähnlich sehen.«
»Nur daß diese Männer, wie unser Geheimdienst sich verbürgt, das Produkt einer künstlichen Züchtung sind, Sir! Mit der Produktion des Homo Factus in ganz großem Stil soll schon sehr bald begonnen werden.«
Harris runzelte unwillig die Stirn. »Man kann – soweit ist die Wissenschaft längst – Körper züchten und ihr Wachstum künstlich beschleunigen. Aber man kann sie innerhalb der wenigen Monate nicht mit Intelligenz versehen. An diesem Punkt sind bisher alle Experimente mit dem Homo Factus gescheitert; daran wird auch der General mit seinen Wissenschaftlern scheitern.«
Sun Yen Tsan schüttelte ein wenig den Kopf. »Ich widerspreche Ihnen nicht gern, Sir, aber Sie lassen mir leider keine andere Wahl. Das Intelligenzproblem, um es mal so zu nennen, ist gelöst.«
»Das ist unmöglich. Niemand kann es lösen. Die besten Pädagogen haben versagt.« John Harris fuhr fort, den Ungläubigen zu spielen, obwohl er durchaus geneigt war, dem Botschafter der VOR Glauben zu schenken – bis zu einem gewissen Grad. In diesem Fall fragte er sich, wo die Wahrheit aufhörte und das orientalische Märchen begann.
Diese Skepsis freilich hielt nicht lange vor.
»Sie haben durchaus recht, Sir«, bestätigte die gleichbleibend höfliche Stimme des VOR-Botschafters. »Das Problem
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