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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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mir nicht helfen. Die hatten einen Wasserschaden, oder?«
Jo verzog das Gesicht.
    Evi grinste. »Meinst du? Eigentlich sieht das doch ganz authentisch
aus.«
    »Bitte?«
    »So sehen eure oberbayerischen Höfe nun mal aus.« Evi gluckste.
    »Jetzt kimm, du fränkisches Eternitplattengewächs, so sieht es
höchstens bei den allergrößten Obergrattlern aus.«
    »Zweierlei nimmt mich wunder.« Evi sprach betont gestelzt. »Dass du
als Allgäuerin ›kimm‹ sagst und dass du wissen willst, wie es im wunderschönen
Aischgrund aussieht. Du warst doch noch nie nördlich der Donau, du Allgäuer
Schluchtenolm. Eternit, pah!«
    Jo lachte, und beide wandten ihren Blick wieder der Szenerie zu. Jo
und Evi waren beim Frühstücken im Café Central gewesen, hatten sündhaft
geschlemmt und fanden sich nun eingekesselt zwischen VW -Bussen und einem Lkw, aus dem Menschen, Equipment und
Klamotten quollen. Der ganze Hauptplatz war umstellt, die Action aber war am
Keppeler. Die Nummer 16 des Keppeler Platzes war sozusagen maskiert. Einst war
es ein harmloses Häusl am Biergarten gewesen, nun war es ein Bauernhaus. Oder
besser das, was sich jemand unter Bauernhaus vorstellte. Überall lehnten Balken
und Bretter, deren Bestimmung absolut nebulös war, an der Hauswand. Strohballen
lungerten unsortiert, wie achtlos abgekippt, vor der Frontseite. Eine ganze
Armada der übelsten Rostlaubenbulldogs – Jo fürchtete, dass der nur noch von
Rost gehaltene Frontlader des einen International jeden Moment abfallen würde –
stand kreuz und quer. Ein windschiefer Kaninchenstall komplettierte das Bild
sowie eine Wäscheleine und einige alte Landwirtschaftsgeräte, Töpfe und
Gießkannen, die sinn- und achtlos vor ebenjenem Hüttchen herumgammelten, das
eigentlich der Getränkeausschank des Biergartens war.
    »Ich sag’s doch: Wasserschaden! Alles, was noch zu retten war, haben
die vor die Tür gestapelt.« Jo schüttelte genervt den Kopf.
    »Das mag dein Auge so sehen, der Herr Regisseur sieht in diesem
Ambiente den Inbegriff des Bauerntums und Bayerntums.«
    »Ambiente!«, schnaubte Jo. »Grattler, nur Grattler hausen so.«
    »Hm, so gesehen zum Beispiel in Morgenbach, ich wüsste auch in
Boschach ein schönes Exempel. Und noch ein paar Dutzend im ganzen
Pfaffenwinkel. Du glaubst gar nicht, was wir bei der Polizei so alles an
Ambiente zu sehen kriegen.« Evi lachte.
    Ein Mann, der neben ihnen stand, mischte sich ein. »Sie haben ganz
recht«, er nickte Jo zu, »so ein Schmarrn, und die Welt denkt, wir Bayern san
alle Saubären.«
    »Na ja, die Welt? Das wird ein windiges SAT .1-Filmchen, wenn das die Welt ist! Uns bleibt die Flucht
zu ARTE und 3sat.« Evi lächelte.
    Sie starrten weiter auf das grattlige Sammelsurium, und sie durften
beobachten, wie die Schauspielerin nun schon zum zigsten Male die Wäsche
abnahm. Plötzlich hatte der Regisseur die Eingebung, dass ein paar Hühner das
Tüpfelchen auf dem i wären. Er scheuchte eine junge Frau los, Hühner zu
besorgen.
    »Puh, die beneide ich nicht um ihren Job!«, rief Jo. »Wo kriegt die
denn mitten in Peiting Hühner her?«
    »Beim V-Markt«, grinste der Mann.
    »Leider aber aus der Tiefkühltruhe«, ergänzte Evi und lachte
schallend.
    Seit drei Wochen nun schon hatte das Filmteam die Marktgemeinde
besetzt. Zahlreiche Statisten waren rekrutiert, Locations ausgelotet, wieder
verworfen und ganze Straßenzüge und Häuser eben kurzerhand umgebaut worden. Da
war der Orthopädieladen nun eben zu einer Trachtenboutique umgestylt worden –
von den orthopädischen Strümpfen zu den Trachtenstrümpfen – Guildo Horn hätte
seine Freude gehabt. Hinterher im Film würde das keiner merken. Auch nicht,
dass die Statisten gewandet waren wie beim Oktoberfest; es gab
Landhausscheußlichkeiten Marke Extrakitsch. Sehr apart war ein Mädel mit Zöpfen
in einem Ultrakurzdirndl, das nach oben presste und nach unten Einblicke gab.
Aber der Herr Regisseur hatte nun eben sein ganz eigenes Bayernbild, und das
Einsetzen von ländlichen Symbolen gehörte wohl dazu.
    »Wenn es bei mir so ausschaugn dat, dat i mi schama. Und wenn des
mei Tochter wär …«, sagte der Mann und ließ offen, was dann wäre. »Und jetzt
noch Hühner!« Damit trollte er sich.
    Jo sah ihm hinterher, dann auf die Uhr. »Ich muss ins Büro, ich bin
bloß froh, dass die nun doch in Peiting drehen und wegen der Passion nicht in
Ogau. So kann sich der Pfaffenwinkeltourismus damit rumschlagen und nicht ich.«
    »Schlecht für euch, das ist doch

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