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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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gezogen und richtet sie auf die beiden Frauen. »Es tut mir aufrichtig leid, dass es so weit kommen musste. Keine Ahnung, was ich mit euch anstelle, aber irgendwie muss die Sache ja zu Ende gebracht werden. Der Domino-Effekt, man kann nicht mittendrin aufhören, auch wenn es kompliziert wird. Doch zunächst möchte ich um die Kassetten bitten.«
    Joy weint, dieses Mal richtig, und Anna denkt tatsächlich daran, dass sie ohnehin nie fünfzig werden wollte. Aber so? Sie erklärt dem Bullen, dem Mörder, dass Joy sie nicht mehr besitze, sie in die Spree geworfen habe. Er glaubt ihr nicht und bedroht Joy, die aufheult, als er ihr die Waffe an die Schläfe setzt.
    Zeit gewinnen, denkt Anna, und dass er ihr in den Rücken schießen würde, wenn sie jetzt den Versuch unternähme, zur Haustür zu sprinten. Irgendwo am Boden liegt die Pistole.
    Seine hat einen Schalldämpfer, obwohl sich in diesem Haus ohnehin keiner kümmern würde, wenn es knallte. Joy murmelt jetzt etwas in Polnisch, das wie ein Gebet klingt. »Sie hat die Kassetten versenkt«, sagt Anna, »und es gibt nichts, was sie daran ändern können. Haben Sie Marilyn hinunter gestoßen, weil sie nicht mehr mitmachen wollte?«
    Der Bulle lässt seine Waffe an Joys Schläfe. Er sieht Anna an, als wüsste er genau, was sie vorhat. »Sie sind unsäglich neugierig, Anna. Bis zum bitteren Ende, nicht wahr? Ich würde sagen, es war eine Mischung aus Geld und Liebe. Sie wollte nicht nach Mexiko. Sie wollte das ganze schöne Geld für sich allein haben, weil sie ja doch nur den IQ einer Hure hatte. Marilyn unterschätzte die Männer, die sie begehrten, sie hätte die Erpressungsnummer allein ohnehin nicht geschafft. Vor allem aber unterschätzte sie mich. Das Komische ist übrigens, dass ich sie gar nicht umbringen wollte. Ich drohte ihr, sie zu töten, falls sie mir nicht sagt, wo die Bänder sind. Ich hab sie festgehalten und über das Geländer gebeugt, aber die hysterische Kuh hat sich so gewehrt und herumgezappelt, dass sie mir buchstäblich entglitten ist. Ich bin kein Mörder, Marx. Genau genommen war es ein Unfall mit Todesfolge.«
    »Sie sind kein Mörder«, wiederholt Anna, mehr aus Angst denn aus Überzeugung, denn sie denkt an die Handschuhe. »Und die Bänder sind Fischfutter, also könnten wir jetzt alle aufhören und die Geschichte so stehen lassen.« Sie glaubt nicht einmal selbst an das, was sie sagt.
    Joy hat die Hände wie zum Gebet gefaltet, und sie schluchzt nur noch leise. Der Bulle hat seine Waffe gesenkt und sieht Anna nachdenklich an. »Reden wir hier von Vernunft oder Moral?«
    »Hat es nicht miteinander zu tun?« Anna versucht ein Vertrauen erweckendes Lächeln, weil es ja möglich ist, dass sie um ihr Leben redet… und das von Joy, was ihr im Augenblick weniger wichtig erscheint. »Und nach Mexiko können Sie immer noch fliegen…«
    »Von einer Beamtenpension? Ich bin in der ungünstigen Lage, das reiche Gesindel zu verabscheuen, nicht aber die Freiheit des Handelns, das es durch das Geld gewinnt.«
    »Wenn Sie das Geld haben, ist es nichts mehr wert«, sagt Anna.
    »Klugscheißerin.« Er richtet seine Waffe jetzt auf sie, während er Joy mit einem Arm festhält. Sie betet immer noch, und es scheint zu helfen, denn sie weint nicht mehr. »Es gab eine Zeit, da hab ich an schöne Ideen geglaubt, an schöne Worte und an schöne Frauen. Aber es hat sich verloren, Anna, irgendwann in dieser miesen, mediokren Existenz. Wissen Sie, was die größte Freiheit ist?«
    »Der Tod.« Anna sagt es und sieht in seinen Augen, dass sie besser geschwiegen hätte. Sie ist eine Klugscheißerin, die mit ihrem Leben spielt. Das ist nicht komisch. Und der Marlowe-Hut ist vom Gummibaum gefallen, der jetzt in seiner Nacktheit wirklich obszön aussieht. Ist das das Ende?
    Johannes Täufer schiebt Joy mit einer unsanften Bewegung vom Schreibtisch, und sie leistet keinerlei Widerstand. Die Demut, die Anna fehlt, trotz aller Furcht. Sie würde gern eine Zigarette rauchen. Sie liegen im Flur auf dem Boden, so wie die Pistole, mit der Lily Harry erschossen hat, weil er sie nicht genug liebte, um sie zu verstehen. Sie und der Bulle starren einander an, als gäbe es ein Duell der Blicke und nur einer könnte als Sieger überleben. Anna senkt die Augen. In seinen lag nichts, was auf Gnade schließen ließe.
    Johannes der Mörder spricht mit sanfter Stimme: »Wir gehen jetzt in meine Wohnung, und dort reden wir weiter. Mir fehlt an diesem Ort die Inspiration. Ich hoffe doch, die

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