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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE GRÄN
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and Marx.
    »Ich warte auf Ihre Informationen, und glauben Sie ja nicht, dass ich Sie dafür bezahle. Sie haben von Rosi genug bekommen – und verdammt wenig dafür geliefert.«
    Annas raue Stimme wird auch schneidender, sie ist jetzt auf der Hut: »Es gab nichts zu entdecken. Harry Loos ist ein ehrenwerter Mann, vielleicht ist er deshalb so erfolglos und verzweifelt.«
    »Und ein Mörder«, sagt Hanni Pelzer, und nicht ein Gran Zweifel liegt in diesem Satz.
    »Was macht Sie so sicher? Es hätte jeder sein können.« Das Gespräch läuft gut, denkt Anna. Solange sie Fragen stellt, muss sie keine beantworten. Denn sie hat nicht die leiseste Ahnung, welche Informationen sie der Nichte zum Fraß vorwerfen könnte. Wenn es so weit ist, muss sie improvisieren.
    »Ich bitte Sie. Er hat sie gehasst und auf widerliche Weise verfolgt. Er hat ihren Hund getötet. Und er war da, in diesem Lokal. Rosi hat ihn gesehen. Sie hat es uns gesagt. Kurz darauf ist sie zur Toilette gegangen… Genau das habe ich auch der Polizei erzählt. Aber diese schlappen Wowereit-Figuren haben ihn ja noch nicht einmal verhaftet.«
    »Er ist verschwunden.« Klingt nicht entlastend, denkt Anna, und Hanni Pelzer schlägt mit ihrer Faust auf den Tisch. Der Laptop vibriert. Boxt sie auch?
    »Na bitte. Habe ich’s doch gesagt. Aber die Polizei tut ja nichts. Man muss die Tür schließen und den Dieb fangen.«
    Da Anna sie fragend ansieht, fügt sie hinzu: »Eins der sechsunddreißig Strategeme. Rosi hat sie sozusagen verinnerlicht.«
    Fragen, Anna, immer nur fragen: »Was sind Strategeme? Verzeihen Sie, ich bin so unwissend.«
    Sie hat auf einen Knopf gedrückt, und Hanni Pelzer scheint für den Augenblick vergessen zu haben, warum sie Anna überhaupt empfangen hat.
    »Sollten Sie aber wissen. Es ist eine alte chinesische Schriftensammlung zum Überleben in einer feindseligen Welt. Ich kann sie nicht alle auswendig so wie Rosi, aber die wichtigsten habe ich mir gemerkt.«
    »Würden Sie sie mir verraten? Das interessiert mich wirklich.«
    Hanni Pelzer lacht, und es klingt überheblich. Sie hat sich mit Rosis Tod befreit, denkt Anna. Und wenn sie tatsächlich die halbe Firma erbt, ist sie plötzlich eine wichtige Person. Ist es nicht das, was alle anstreben: geliebt oder gefürchtet zu werden, auf keinen Fall ignoriert? Sie scheint bereits während des Gesprächs gewachsen zu sein, Annas erster Eindruck einer grauen Maus war falsch.
    »Na gut, Sie können sowieso nichts damit anfangen. Also, zum Beispiel: Ausgeruht den erschöpften Feind erwarten. Oder: Einen Backstein hinwerfen, um einen Jadestein zu erlangen. Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen. Aus dem Nichts etwas erzeugen. Unter dem Kessel das Brennholz wegziehen. Einen Hirsch als Pferd ausgeben… und so weiter… Sie hat alle Strategeme angewandt, und sie war erfolgreich. Keiner war meiner Tante auch nur annähernd gewachsen.«
    »Auch Sie nicht?«
    Diese Frage erweckt Misstrauen. Hanni Pelzer friert ihr Gesicht ein. »Nun, ich habe alles von ihr gelernt, woran sie mich teilhaben ließ. Jacob hat sich ja nicht wirklich für die Firma interessiert. Sein Faust-Projekt würde uns ruinieren. Für so etwas gibt es keine Filmförderungsgelder. Und anders kann man einen Film heute nicht finanzieren, geschweige denn eine Verleihfirma finden. Deshalb hat Rosi ihre ehrgeizigen künstlerischen Pläne erst mal hintangestellt und sich mit Fernsehserien und -filmen beschäftigt. Sicheres Geld. Will man etwas fangen, muss man es zunächst loslassen. Eines ihrer Lieblingsstrategeme.«
    Sie ist immer noch da, denkt Anna, und Hanni wird Jahre brauchen, um das Gespenst abzuschütteln. Es hat sich in ihrem Kopf eingenistet, so wie die Mutter-Säuferin, und jeden Erfolg oder Misserfolg wird sie an diesen beiden Frauen messen.
    »Und nun verraten Sie mir, warum Sie meine Zeit stehlen, Frau Marx. Denn, wie Sie sehen, bin ich überaus beschäftigt.«
    Das Telefon, auf Anrufbeantworter geschaltet, blinkt beinahe ununterbrochen. Zeitmangel: die neue Armut der Reichen. »Stimmt es, dass Sie die halbe Firma erben?«
    »Ja, und das war meine letzte Antwort. Ich wüsste auch gar nicht, was Sie mir erzählen könnten, das mich interessiert. Der Mörder steht fest – und sie werden ihn kriegen, früher oder später. Ein Hungerleider wie Harry Loos kann ja nicht weit kommen. Also…«
    Anna fällt kein passendes Strategem ein, also versucht sie es mit einer schlichten Lüge. »Jacob Lenz will die Firma verkaufen.«
    Die

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