Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Einfach so. ›Keine Masken, keine Konvention‹, sagte sie. ›Jetzt, wo beide Grundübel aus dem Weg geräumt sind, können wir uns mit der Neuregelung des Gesetzes befassen.‹ Laquor bekam den Mund nicht mehr zu, sage ich euch.«
»Da kenne ich noch jemanden«, bemerkte Sobenio trocken, doch auch ihm war anzusehen, dass ihn Königin Lareya in höchstem Maße beeindruckt hatte. »Der werte Herr Anführer wusste nichts mehr zu sagen als ›Ähm‹ und ›Tja, also …‹.«
»Was glaubst du wohl, weshalb ich dich dabeihaben wollte? Schließlich bin ich kein Redner, nur …«
»Nur ein Kämpfer, richtig. Praktisch, wie man sich mit der Hand am Degen aus jeder Affäre ziehen kann.« Sobenios Blick verriet Tadel, gepaart mit leiser Belustigung. »Wie dem auch sei, die Königin hat uns bereits Zusicherungen gemacht: Sie gewährt uns vollständigen Straferlass, dann die Freilassung aller in den Lagern Inhaftierten und Gleichstellung der Pheytaner vor dem Gesetz. Und das am ersten Verhandlungstag! Ich gehe davon aus, dass es auch für alle weiteren Details annehmbare Lösungen geben wird.«
Nachdem sich der Jubel gelegt hatte, entschieden die Rebellen, so schnell wie möglich aufzubrechen. Zurück nach Hause, nach Pheytan. Nichts hielt sie mehr an diesem Ort des Schreckens, der so viele von ihnen das Leben gekostet hatte. Es wurde Zeit, den Schatten zu entfliehen.
Kurz vor dem Aufbruch stattete Ferin ihren Eltern einen Besuch ab. Um Martu vorzustellen und vor allem, um sich zu verabschieden. Es war ihr klar, dass ihre Familie Laigdan nicht verlassen würde. Sie waren ja noch nicht einmal bereit, die Masken abzulegen. Selbst ihr Vater nicht.
»Warum sollten wir das tun?«, fragte Estella. »Wir sind glücklich mit der Maske. Hanneí hat einen wunderbaren jungen Mann kennengelernt. Denk nur, einen Merdhuger! Und jetzt, da Mischehen wieder erlaubt sein werden, werden sie wohl bald heiraten. Du musst unbedingt zur Hochzeit kommen …«
Ferin grinste. Alles war wie eh und je. Sie wandte sich an ihren Vater. »Ihr verleugnet eure Herkunft.«
Najid hob die Hand hoch zu ihrer Wange, zögerte, unsicher, ob sie seine Berührung überhaupt zulassen wollte. Sie wich nicht zurück, und er befühlte die frisch verheilten Stellen zartrosa Haut, die von der Attacke des Raubvogels zeugten.
»Du hast dein Volk befreit«, sagte er. »Und dich selbst. Das ist mehr, als ich mir je für dich erhofft hatte. Wir sind froh, dass du deinen Platz im Leben gefunden hast, Ferin. Nimm es uns nicht übel, wenn wir für diesen Schritt nicht bereit sind.«
Sie legte ihre Hand auf seine und nickte lächelnd. Die Maske machte ihre Arbeit gut – immer noch.
Nach einer letzten Umarmung am Hoftor nahm Najid Ferin beiseite. »Es tut mir leid um deinen Freund.«
»Um wen?« Sie warf einen irritierten Blick auf Martu, der Estella gerade versprechen musste, gut auf ihre Tochter achtzugeben.
»Rhys.«
Sie holte zitternd Luft. »Du hast es gewusst!«
»Ja. Ich konnte es sehen, als ihr euch auf den Weg gemacht habt.«
»Du hast nichts gesagt …«
»Hätte ich ihm von seinem eigenen Tod erzählen sollen?«
Ferin schüttelte den Kopf. »Nein, aber vielleicht …« Sie brach ab. Jedes Vielleicht war doch nur ein Versuch, das Geschehene im Geiste ungeschehen zu machen. Es würde nichts ändern, höchstens Schuldgefühle wecken.
Er erriet ihre Gedanken trotzdem. »Du hättest es nicht verhindern können.«
Nein. Vermutlich nicht.
Fünf Tage nach dem Kampf kehrten die Rebellen in den Dschungel zurück. Als freie Männer und Frauen. Nur Akur und Sobenio waren in Laigdan geblieben, um die Verhandlungen mit Königin Lareya abzuschließen.
Sie erreichten Pheytan bei Tagesbeginn. Die kahlen Baumstümpfe des abgebrannten Waldes erwarteten sie und wandelten ihre euphorische Stimmung in bedrücktes Schweigen. Der Dschungel wirkte wie ein Grab auf Ferin. Der Tod verfolgt mich, dachte sie niedergeschlagen. Sie ließ den Blick umherwandern, doch zu ihrem Erstaunen fielen ihr mit einem Mal ganz andere Dinge auf. Sonnenstrahlen flirrten kreuz und quer über das tote Holz, als wollten sie es wachküssen, und wirklich grünte da und dort ein winziger Spross, der es schon gar nicht mehr erwarten konnte, die Ödnis zu beseelen. Ein Lächeln glitt über Ferins Lippen. Die Natur würde sich ihre Heimat zurückerobern, und sie waren gekommen, das Gleiche zu tun.
Als sie am Dorfplatz anhielten, die vielen Hütten sahen, die nun niemandem mehr gehörten,
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