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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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zu machen. Und dann daraus auch noch eine Entschuldigung, eine moralische Absolution abzuleiten.« Frank ereiferte sich. »Damit werden seine Taten nie zu einem Akt der Gerechtigkeit. Niemals. Krüger ist kein Racheengel. Er hatte zu keinem Zeitpunkt ein Recht auf sein Handeln. Krüger ist ein mieser kleiner Mörder mit schmutzigen Fantasien. Denk daran, wie er Viola Kaumanns behandelt hat. Er hatte vor, sie zu töten! Einen absolut wehrlosen Menschen.«
    »Ich begreife das alles nicht. Krüger war so nett zu mir, so fürsorglich, fast zärtlich. Seine Gesten, seine Blicke. Wir haben über die gleichen Dinge gelacht. Ich habe so viele Gemeinsamkeiten bei ihm entdeckt. Du hättest erleben sollen, wie beeindruckt die Schüler waren von seiner stillen, ja, wirklich weichen Art zu erzählen. Ich glaube, sie haben aus diesen Begegnungen viel mitgenommen für ihr Leben.« Sie gab Frank einen fast unmerklichen Kuss auf den Mund. »Auch wenn das jetzt seltsam und nicht richtig klingt, ich werde Krüger vermissen. Trotz allem.« Sie überlegte kurz. »Warum seid ihr eigentlich nicht eher auf Krüger gekommen?«
    »Weil er uns belogen hat. Er hat doch angegeben, westlich von London zu leben. Dabei steht in seinem Pass eindeutig Robin Hood’s Bay. Wir haben ihn einfach nicht überprüft. Aber wir hatten ja auch gar keinen Anlass dazu.«
    Frank mochte es sich nicht recht eingestehen, aber auch er vermisste Krüger. Und wer wollte schon über Moral, Schuld und Verantwortung urteilen? Er fühlte sich dazu nicht in der Lage. Aber das war ja auch nicht seine Aufgabe. Das würden schon Böllmann und die Richter am Landgericht übernehmen. Heinrich Krüger würde den Rest seiner Tage in einer Justizvollzugsanstalt verbringen. Letztlich ein beruhigender Gedanke, fand Frank. Er streichelte Lisas Arm und legte dann seine Hand auf ihren Bauch. Er mochte heute nicht länger in Autoprospekten blättern.
    Es klingelte.
    Frank und Lisa sahen sich erstaunt an. Sie erwarteten keinen Besuch mehr. Erst recht nicht um diese Uhrzeit. Frank sah auf die Uhr. Es war schon weit nach 20 Uhr. Schulterzuckend schob Frank Lisa vorsichtig von sich weg und ging zur Tür.
    »Laumen? Du?« Frank war sprachlos. Pullunder-Laumen, und dazu noch um diese Uhrzeit.
    Etwas verlegen stand Horst Laumen in einer dicken Winterjacke im Licht der Treppenbeleuchtung. Seine Brillengläser waren leicht beschlagen. In der Hand hielt er eine Plastiktüte von Aldi. Statt seinen Kollegen in die Wohnung zu bitten, starrte Frank Laumen an wie ein außerirdisches Wesen. Hätte E.T. vor ihm gestanden, er wäre nicht erstaunter gewesen.
    »Was machst du denn hier, Mann? Um diese Uhrzeit?«
    »Bitte entschuldigt die Störung. Aber meine Frau meinte, ich solle das kleine Päckchen privat abgeben und nicht auf der Dienststelle.« Der Verwaltungsfachangestellte kramte umständlich in seiner Tüte und zog schließlich ein kleines Päckchen hervor, das er Frank in die Hand drückte. »Ist nur eine Kleinigkeit. Aber selbst gemacht. Von Ute. Für das Kleine.«
    Frank verstand nur Bahnhof.
    Unschlüssig sah Horst Laumen Frank an. »Na, ich werde dann mal wieder. Ist ja schon spät. Und ich möchte morgen nicht zu spät zum Dienst kommen, weißt du.«
    Frank konnte immer noch nichts sagen. Stumm sah er Laumen hinterher, der langsam die Treppen hinunter ging. Ohne, dass Laumen dies hätte sehen können, hob Frank leicht verstört eine rechte Hand zum Gruß. Dann war Laumen auch schon verschwunden. Frank betrachtete das kleine Geschenk, das in gelbes Papier gewickelt war. Das war wirklich keine Erscheinung gewesen. Das war echt. Es war tatsächlich Laumen gewesen. Laumen, der Bürokratenfurz.
    »Wer war das denn? Sag schon. Du machst ein Gesicht, als hättest du einen Geist gesehen.«
    »Das war gerade Laumen.«
    »Laumen? Der Laumen?«
    »Ja, ganz recht, der Laumen.«
    »Gib schon her.«
    »Was? Ach so, ja.«
    Lisa riss die Verpackung auf. »Nein, das gibts doch nicht. Wie süß! Frank, guck doch mal.«
    Nein, dachte Frank, das darf doch nicht wahr sein. Lisa hielt ihm einen Pullunder entgegen. Selbst gestrickt, winzig, und kanariengelb.

    ENDE

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