Maskenball
irritierten Polizeibeamten etwas sagen konnte, tauchten zusammen mit drei bewaffneten Männern, die in dunklen Einsatzanzügen und schusssicheren Westen steckten, zwei Pfleger an der Eingangstür auf.
»Aber Frau Corsten. Sie wissen doch, dass heute keine Vorstellung ist. Sie können jetzt nicht einfach in die Stadt fahren.« Der größere der beiden Pfleger nahm die Seniorin behutsam am Arm und führte sie zusammen mit seinem Kollegen ins Haus zurück.
Am Eingang drehte er sich noch einmal zu der Gruppe Polizeibeamter um. »Ich weiß nicht, wie sie das immer schafft, uns zu entwischen. Das Spiel spielt Frau Corsten jeden Tag mit uns. Sie versucht immer, uns ein Schnippchen zu schlagen. Meist können wir sie aber direkt wieder einfangen. Seit ihr Mann vor einem Jahr gestorben ist, geht es ihr nicht gut.« Er nickte ihnen lachend zu. »Was mich ein bisschen beruhigt, ist die Tatsache, dass selbst Ihre Kollegen sie nicht halten konnten. Sie ist halt ein munteres Persönchen, unsere Frau Corsten. Nicht wahr?«
Frau Corsten schien ihn nicht verstanden zu haben. »Ich bin immer munter und ich liebe Musik. Besonders Fidelio von Mozart. Das wissen Sie doch.« Sie kniff den SEK-Beamten kokett ein Auge. »Gehen vielleicht Sie morgen mit mir in die Oper? Sieben Uhr?«
Es war vorbei.
XXX.
Draußen regnete es in Strömen. Frank und Lisa saßen im Wohnzimmer nebeneinander auf der Couch. Lisa trank einen Tee, Frank hatte sich eine Flasche Bier geöffnet. Sie blätterten beide schon seit geraumer Zeit bei Kerzenschein durch diverse Autoprospekte.
»Was hältst du von diesem Kombi? In Rot? Sieht doch chic aus.« Lisa deutete auf den geräumigen Ford.
»Das ist ein Siebensitzer, Schatz. Ist der nicht doch ein bisschen groß für uns drei? Und auch nicht gerade billig, wenn du mich fragst.«
»Das ist doch gut, dass der Wagen viel Platz hat. Der Kinderwagen muss rein, später das Reisebett, das Fahrrädchen. Denk auch mal an die ganzen Einkäufe. Und wer weiß …«
Frank hatte nicht verstanden. »Was meinst du?«
Lisa kicherte. »Komm her, du Lusch.«
Frank kehrte zum Sofa zurück. Erst jetzt hatte er es kapiert. »Lass uns erst mal dem ersten Kind auf die Welt helfen. Dann sehen wir weiter.«
»Warum müsst ihr Männer immer so nüchtern sein?« Lisa sah Frank gespielt vorwurfsvoll an und kuschelte sich in seinen Arm.
Frank hielt Lisa fest und sog den herben Duft ihres Haares ein. Wie er diesen Geruch liebte. Frank gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und drückte sie ein bisschen fester.
»Frank?«
»Hm?«
»Ich bin ein bisschen traurig. Warum hat Krüger das getan?« Lisa kuschelte sich noch enger an Frank.
»Bestimmt nicht, weil er seinen Kameraden rächen wollte. Das ist doch absurd. Heinrich Krüger hat aus reiner Mordlust getötet. Er will sich das nur nicht eingestehen. Krüger ist eine höchst kranke Persönlichkeit. Vielleicht hat er sich all die Jahre mühsam unter Kontrolle halten können. Aber am Ende musste er seinem Trieb nachgeben und hätte auch jeden anderen Menschen töten können. Wenn ich an die Opfer denke und an die grässlichen Tatorte, dann sehe ich auf das Werk eines Geisteskranken. Krüger hat sich nicht zufällig seine alten Kameraden ausgesucht. Er wollte, dass wir eine Verbindung zu seiner Vergangenheit herstellen und er damit eine Legende aufbauen konnte. In seinen kranken Gedanken hatte er sich dann selbst belügen können. Er hatte die absurde Hoffnung auf Verständnis und Vergebung.« Frank streichelte Lisas Wange und dann ihren Oberarm. »Ich bin davon überzeugt, dass es so ist.«
»Du klingst aber anders. Hast du nicht doch Zweifel an seinen Motiven? Es kann doch sein, dass er in seinem Sinn für Gerechtigkeit zutiefst verletzt wurde, damals?«
Frank zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Du kennst mich wirklich gut, Lisa. Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein.« Er küsste wieder ihr Haar. »Aber das ist am Ende egal. Er hat getötet. Er hat alle seine Taten minutiös geplant, hat seine Opfer heimtückisch überfallen. Heinrich Krüger ist ein Mörder. Und Mörder müssen für ihre Taten büßen.«
Lisa richtete sich ein bisschen auf und sah Frank an. »Hat das Krüger nicht auch über Lehnert und die anderen gesagt?«
»Aber das ist doch eine völlig andere Sache. Das ist doch absurd, Lisa, den Krieg und die damaligen Umstände, den Befehlsnotstand oder wie immer du das ausdrücken willst, für sein eigenes Verhalten, für seine eigenen Verbrechen verantwortlich
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