Mathias Sandorf
schien.
»Du sagst, der Doctor ist reich? fragte Zirone.
– So reich, daß er Sicilien kaufen und aus der Insel einen englischen Garten machen könnte,« antwortete Pescador.
Dann schoß es ihm durch den Kopf, daß jetzt vielleicht gerade ein günstiger Augenblick gekommen wäre, um Zirone den Plan beizubringen, dessen Ausführung er im Sinne hatte.
»Haltet mal, Hauptmann Zirone, fuhr er daher fort, ich habe zwar diesen Doctor Antekirtt selbst nie gesehen, dagegen eine seiner Yachten; man erzählt sich, daß ihm für seine Spazierfahrten auf der See eine ganze Flotille zur Verfügung stände.
– Eine seiner Yachten?
– Ja, seinen »Ferrato«. Ein herrliches Fahrzeug. Auf diesem Schiffe in dem Golf von Neapel mit einer oder zwei Prinzessinnen von Geblüt herumkreuzen zu können, das wäre ganz mein Fall.
– Wo hast Du die Yacht gesehen?
– In Malta, antwortete Pescador.
– Und wann war das?
– Vorgestern in La Vallette. Als wir uns mit unserem Sergeanten Carpena einschifften, ankerte sie noch im Kriegshafen. Doch sagte man, daß sie vierundzwanzig Stunden nach uns in See gehen würde.
– Wohin?
– Nach Sicilien und zwar nach Catania.
– Nach Catania? wiederholte Zirone.«
Dieses merkwürdige Zusammentreffen der Abreise des Doctors Antekirtt mit der empfangenen Weisung, Jenem zu mißtrauen, mußte nothwendiger Weise den Verdacht Zirone’s rege machen. Pointe Pescade bemerkte wohl, daß irgend ein geheimer Gedanke sich in dem Gehirn Zirone’s umherwälzte; doch wie lautete dieser? Da er ihn schwerlich errathen konnte, so entschloß er sich, dem Hauptmann direct auf den Leib zu rücken.
Als Zirone gesagt hatte:
»Was mag dieser Teufelsdoctor hier auf Sicilien und gerade in Catania nur zu suchen haben?« meinte Pescador:
»Was wird er weiter wollen? Bei der heiligen Agathe, sich die Stadt ansehen. Er wird eine Besteigung des Aetna unternehmen. Er wird als reicher Mann, der er ist, umherreisen wollen.
– Pescador, sagte Zirone, in welchem von Zeit zu Zeit ein unbestimmtes Gefühl des Mißtrauens aufstieg, Du scheinst mir doch von diesem Doctor mehr zu wissen, als gerade nöthig ist.
– Gerade so viel ich wissen muß, wenn die Gelegenheit sich bietet, antwortete Pescador.
– Was willst Du damit sagen?
– Ich will nur damit sagen, daß, wenn der Doctor, wie es ja den Anschein hat, hier in unserer Gegend herumspaziert, es nur in der Ordnung ist, daß er uns ein anständiges Wegegeld zahlt.
– Wirklich? erwiderte Zirone.
– Und wenn ihn dieser Scherz ein oder zwei Millionen selbst kostet, kommt er nicht noch immer billig davon?
– Findest Du?
– Und in diesem Falle würden Zirone und seine Freunde doch noch große Dummköpfe gewesen sein.
– Auf dieses Compliment hin, das Du uns machst, sagte Zirone lachend, magst Du jetzt schlafen gehen.
– Ganz einverstanden, antwortete Pescador. Ich weiß schon, wovon ich träumen werde.
– Nun wovon?
– Von den Millionen des Doctors Antekirtt… Goldene Träume übrigens!«
Pescador stieß den letzten Rauch der Cigarette von sich und sachte seine Kumpane in der Scheuer der Herberge auf, während sich Carpena auf sein Zimmer begab.
Der muthige Jüngling aber, anstatt zu schlafen, schickte sich an, in seinem Geiste Alles, was er soeben gethan und gesagt hatte, sich zurechtzulegen.
Hatte er von dem Augenblicke an, als Zirone zu seinem größten Erstaunen vom Doctor Antekirtt gesprochen, nach seinem besten Wissen die Interessen gefördert, die ihm anvertraut worden waren? Man möge selbst darüber urtheilen.
Der Doctor kam deshalb nach Sicilien, weil er hoffte, dort Sarcany vorzufinden und auch Silas Toronthal, falls sie noch zusammen waren, was immerhin möglich, weil Beide Ragusa verlassen hatten. Sollte er Sarcany verfehlen, so wollte er sich an dessen Genossen machen, sich Zirone’s bemächtigen und dann, entweder durch Drohungen oder Versprechungen, diesen dahin bringen, zu sagen, wo Sarcany und Silas Toronthal anzutreffen wären. Das war sein Plan. Auf folgende Weise gedachte er ihn auszuführen.
Der Doctor hatte in jungen Jahren mehrfach Sicilien und namentlich die Provinz um den Aetna durchreist. Er kannte die verschiedenen Straßen, welche Bergsteiger frequentiren, deren am häufigsten benutzte dicht unter einem Hause vorüberführt, das zur Erkennung des Centralkegels erbaut ist und die Hütte der Engländer, Casa Inglese, 1 genannt wird.
Gerade jetzt brandschatzte Zirone’s Bande, für die Carpena neue Mannschaften auf
Weitere Kostenlose Bücher