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Mathilde Möhring

Mathilde Möhring

Titel: Mathilde Möhring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vorzustellen.
    Magistrat und Stadtverordnete zu
    Woldenstein in Westpreußen.«
     
    Die Alte war an die Chaiselongue gegangen und ließ sich darauf nieder, was sie sonst immer vermied, namentlich seit das Wertstück durch Hugos fünfwöchentliche Krankheit etwas gelitten hatte. »Jott, Thilde, is es denn möglich? Du bist doch ein und aus. Von Hexen red ich nich, denn fliegt es wieder weg. Aber hat er denn die Stelle schon? Es gibt ja doch woll so viele. Und wenn er auch ein sehr schöner Mann is und den Augenaufschlag hat, daß man gleich denkt, ›nu liest er die Sonntags-Epistel‹ – ja, ich denke mir, es gibt so viele so. Und manche sind flinker wie er und schnappen's ihm weg...«
    »Das laß nur gut sein, Mutter. In Flinkigkeit soll ihm diesmal keiner über sein. Er muß noch heute weg mit 'm Nachtzug. Woldenstein liegt eine Stunde von der Bahn, und ein Omnibus wird doch wohl dasein. Um fünf ist er auf der Station und um sechs in Woldenstein in Westpreußen. Ein Gasthof ›Zum braunen Roß‹ oder irgend so was wird doch wohl dasein, ich denke mir, dem Rathaus grade gegenüber, und da kann er bis zehn noch schlafen. Denn ausschlafen muß er erst, sonst is er nich zu brauchen. Und dann frühstückt er und macht sich fein, und um Schlag zwölf tritt er an und macht seine Verbeugung. Und ich will nicht Thilde heißen, wenn sie nich gleich alle sagen: ›Natürlich, der muß es werden.‹ Und der Neid von der alten Schmädicke hilft auch noch, und den Tag nach Johanni hat sie die Karte.«
     
Zwölftes Kapitel
     
    Frau Schmädicke kriegte wirklich die Anzeige, denn alles kam genauso, wie Thilde vorausgesagt hatte, und am Johannistage konnte die Hochzeit in einem ganz kleinen Saale des Englischen Hauses gefeiert werden. Pastor Hartleben, der getraut hatte, ließ sich bewegen, auch dem kleinen Festmahle beizuwohnen, und hielt eine gefühlvoll humoristische Rede, die besser war als die Traurede in der Kirche. Er saß der Braut gegenüber, zwischen Hugos Mutter und Schwester, die von Owinsk herübergekommen waren, mit noch zwei Cousinen, von denen jede mal auf Hugo gerechnet hatte. Da sie beide aber halb polnisch und sehr hübsch waren, so verschlug es nicht viel, und als die Feierlichkeit überwunden war, tranken sie Hugo zu, gaben ihm einen Muhmenkuß, der so laut klang, wie wenn man ein Baumblatt auf der hohlen Hand zerkloppt, und sagten unter liebenswürdiger Drohung gegen die Braut, »alte Liebe rostet nicht«, was alles von Thilde mit großer Seelenruhe hingenommen wurde. Hugos Vergangenheit beunruhigte sie wenig, viel konnte es nicht gewesen sein, und noch weniger beunruhigte sie die Zukunft. Außerdem waren es fünfzehn Meilen von Owinsk bis Woldenstein. Beim Kaffee setzten sich beide neben Pastor Hartleben, der sich von dem katholischen Leben in Owinsk erzählen ließ, schmunzelnd zuhörte, als die katholische Geistlichkeit und zum Schluß auch der evangelische Geistliche durch die Hechelmühle der beiden hübschen Mädchen hindurchmußten, und, als er aufbrach, sich in seinem alten Dogma von der Überlegenheit der Weltkinder neu gestärkt fühlte. Es war niemand da, gegen den er sein Herz ausschütten konnte, als er aber die Treppe hinabstieg und den Portier, den er von vielen Hochzeiten her kannte, freundlich lächelnd gegrüßt hatte, sann er seinem alten Lieblingssatze von der Überlegenheit der Weltkinder nach. »Es ist ein eigen Ding mit der Frömmigkeit: es sind doch nur wenige, die sie vertragen können, und in diesem Nichts-sein- und Nichts-bedeuten-Wollen leichtsinnigen Gottvertrauns steckt eigentlich Besseres als in der Sicherheit und dem Anspruch derer, die sicher sind, für ihren Gott was getan zu haben. Diese Mädchen... wie graziös und eigentlich wie bescheiden, und der entzückende Kerl, der Rybinski...«
    Ja, Rybinski war auch dagewesen mit einer neuen Braut, von der er behauptete, »diesmal sei es ernsthaft«.
    »Wirklich?« hatte Hugo gefragt.
    »Ja! Sie ist Tragödin.«
    Die Schmädicke saß neben der alten Möhring und sprach viel von dem Hochzeitsgeschenk, das sie zum Polterabend (der aber ausfiel) geschickt hatte. Es war eine rosafarbne Ampel an drei Ketten. Die Schmädicke war sehr geizig. »Ich hab es mir lange überlegt, was wohl das beste wäre. Da mußt ich dran denken, wie duster es war, als Schmädicke kam. Ich kann wohl sagen, es war ein furchtbarer Augenblick und hatt so was, wie wenn ein Verbrecher schleicht. Und Schmädicke war doch so unbescholten, wie einer nur sein

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